Das Büro von Patrick Straßenmeyer gleicht einer Kommandozentrale. Gleich mehrere Monitore hat er in seinem Homeoffice in Wiesbaden aufgebaut. Über sie hält der Mann, der sich selbst im Netz als "Frankfurter Szenebub mit mittelmäßigem Abitur und abgeschlossenem BWL-Studium" bezeichnet, Kontakt zum gesamten Hessischen Rundfunk. Dabei ist Daheimbleiben eigentlich so gar nicht seins: Eigentlich ist Straßenmeyer als Eventmanager beim HR angestellt, doch seit wegen der Corona-Pandemie ein Event nach dem nächsten wegfiel, hat sich sein Tagesablauf massiv verändert.

"Ich arbeite nicht weniger, sondern eher mehr als früher", sagt Straßenmeyer im Gespräch mit DWDL.de. Das Interview findet - natürlich - über Teams statt, jene Microsoft-Plattform also, auf die zahlreiche Unternehmen seit einem Jahr setzen, um ihre Mitarbeitenden trotz Heimarbeit untereinander zu vernetzen. So auch der HR, der Office 365 vor einem Jahr ausrollte, als klar wurde, dass ein Großteil der Belegschaft so schnell nicht wieder ins Büro zurückkehren wird. 

Die Frage, ob der Hessische Rundfunk überhaupt für Homeoffice ausgelegt war, beantwortet der Eventmanager mit einer Gegenfrage: "Welches großes Unternehmen, das im Wesentlichen präsent arbeitet, ist schon auf Homeoffice ausgelegt gewesen?" Dennoch sei der Umstieg erstaunlich schnell verlaufen, sagt Patrick Straßenmeyer. Doch warum gerade Teams? "Das war das einzige, das wir hatten", erzählt er lachend.

Für Straßenmeyer lag darin eine Chance: Weil er sich schon einige Monate vor Ausbruch der Pandemie auf die Möglichkeit, digitale Events abzuhalten, fokussierte, hatte er "einen Meter Vorsprung", wie er sagt. "Also habe ich viel ausprobiert und getestet, wie weit wir Teams dehnen können, um es bestmöglich einzusetzen. Und dann waren wir auf einmal mitten im Streaminggeschäft." Plötzlich wurden von seinem Rechner aus Betriebsveranstaltung mit 1.500 Leuten gestreamt. Inzwischen bietet der HR sogar Betriebssport, Achtsamkeitskurse und digitale Besucherführungen über Teams an. Überspitzt könnte man sagen, Patrick Straßenmeyer sei zeitweise so etwas wie der wichtigste Mann im Sender gewesen.

"Am Anfang ging es darum, wie wir aus einer klassischen Besprechung ein Event formen können", sagt er, "denn es gibt mehr denn je ein Bedürfnis nach Emotionen." Und die, davon ist Straßenmeyer überzeugt, vermitteln sich, wenn es denn schon nicht persönlich geht, über Bild und Ton am besten." So wie am "Video-Freitag", einem mittlerweile im HR etablierten Gesprächsformat, in dem einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses hervorgehoben werden. Gerade erst hat der Sender auch eine Preisverleihung via Teams gestreamt, demnächst sollen Filmpremieren und die Frankfurter Buchmesse darüber abgewickelt werden.

"Ein Raum, den es eigentlich gar nicht gibt"

An den entsprechenden Konzepten arbeitet Patrick Straßenmeyer mit zwei weiteren Kollegen. Zusammen wickeln sie mittlerweile fast 80 Veranstaltungen für den Sender pro Monat ab - und stoßen allmählich an ihre Grenzen. "Wir brauchen noch mehr Leute, weil es so nicht mehr leistbar ist", sagt er gegenüber DWDL.de und freut sich über zwei weitere Helfer, die zumindest temporär mit anpacken, um den HR auch durch die dritte Corona-Welle zu bringen. Dabei gab es immer wieder Zweifel im Haus. "Eigentlich sind wir beim Fernsehen ja diejenigen, die auf doppelte und dreifache Sicherheit achten. Aber dieses Prinzip muss man beim Streamen eben bisweilen außer Kraft setzen." Mittlerweile arbeitet Straßenmeyers kleines Event-Team sehr autark, so Straßenmeyer. "Wir stoßen in einen Raum vor, den es im Haus eigentlich gar nicht gibt."

Er selbst kam über einen Umweg zu seinem Job. In jungen Jahren fing Patrick Straßenmeyer als Fahrer beim Hessischen Rundfunk an. Erst fuhr er Requisiten, später auch Schauspieler. Auf diese Weise fand er derart viel Gefallen am Fernsehen, dass er Aufnahmeleiter wurde. Nach der zwischenzeitlichen Gründung einer eigenen Eventagentur kehrte er schließlich 2006 zurück an den Frankfurter Dornbusch und kümmert sich seither beim HR um Events. "Ich konnte Party schon immer", erinnert sich Straßenmeyer. "Schon während der Unizeit habe ich Partys für die ganze Uni geschmissen. Das lag es nahe, das beruflich zu machen."

Dass eine Zeit kommen würde, in der er fast ausschließlich von Zuhause aus arbeiten würde, hätte er sich damals sicher nicht vorstellen können. Doch er hat sich damit gut arrangiert. Schon früh morgens, bevor er seine Kinder in die Schule bringt, sitzt Patrick Straßenmeyer vor dem Rechner. Und nicht selten läuft Teams bei ihm bis tief in die Nacht hinein. "Nur dann habe ich die Ruhe zum Ausprobieren", sagt er. "Nachts kommen mir all die Lösungen, die mir tagsüber nicht eingefallen sind." Und dass er durch die digitalen Meetings quasi omnipräsent ist, bringt noch einen positiven Nebeneffekt mit sich. "Mittlerweile“, erzählt Straßenmeyer nicht ganz ohne Stolz, "kann mich jeder im Haus mit Namen ansprechen, weil ich immer meine Kamera anhabe."