Wie alle anderen Sendung im deutschen Fernsehen, muss auch "Markus Lanz" seit dem Beginn der Corona-Pandemie auf das Publikum im Studio verzichten - der Talk selbst ist dadurch aber nicht schlechter geworden - im Gegenteil. Das sieht auch der Gastgeber so. "Den populistischen Ausfallschritt für den schnellen Applaus traut sich heute kaum noch einer", sagt Lanz jetzt in einem Interview mit dem "Journalist". Und ginge es nach Lanz, bliebe das Publikum dauerhaft weg. "Die Stille im Studio hat die Sendung intensiver gemacht." Das habe dabei geholfen, "eine Instanz zu werden". 

Gleichzeitig hadert Lanz aber auch mit der manchmal sehr unglücklichen Programmierung am späten Abend. So wechseln die Sendezeiten von Tag zu Tag mitunter stark. Grundsätzlich fühle er sich am späten Abend gut aufgehoben, so Lanz. Man werde aber "unglaublich herumgeschoben", so der Moderator. "Diese sehr spezielle ZDF-Schnitzeljagd sorgt nicht nur bei der Redaktion gelegentlich für Frust, sondern auch bei denen, um die es geht: den Zuschauern. Wer eine Sendung kaputtprogrammieren will, nimmt ihr jede Verlässlichkeit", sagt Lanz in dem Interview und verweist auch darauf, dass die ARD ein verlässliches Sendeschema bei ihren Talks habe. 

In dem "Journalist"-Interview sagt Markus Lanz außerdem noch, dass man derzeit mit dem Thema Podcast liebäugle. Die Sendung sei in Struktur, Zusammensetzung und Länge gar nicht so weit von diesem Genre entfernt. "Wir entwickeln zurzeit eine charmante Idee mit Richard David Precht." Als Krisengewinner will sich Lanz angesichts der Pandemie nicht bezeichnen. "Wir alle haben in dieser Pandemie verloren. Aber die hohe Frequenz unserer Sendung hat uns sicher dabei geholfen, größere Bedeutung zu erlangen."

"Ich ertrage das nicht"

Auch Lanz’ eigene Marotten sind Thema in dem "Journalist"-Interview. Mit seiner Art zu reden, gestikulieren und zu sitzen sei er für das Fernsehen eigentlich "völlig ungeeignet", sagt der Moderator. Dass er nur selten ruhig auf seinem Stuhl sitzen kann, sei eine unterbewusste Handlung, so Lanz. Die eigenen Sendungen schaue er sich allerdings nie an. "Ich ertrage das nicht. Wenn ich irgendwo auftauche, schalte ich sofort um." Wer anfange, sich zu beobachten, sei schon bald dabei, sich zu kontrollieren, ist Lanz überzeugt. "Dann ist man nicht mehr bei sich oder, schlimmer noch, authentisch. Wer ständig seine eigene Projektionsfläche ist, wird irgendwann auch sein eigenes Klischee."

Seine Rolle sieht Lanz in darin, einen Unterschied zwischen Reden und Handeln von politischen Akteuren aufzuzeigen. Grundsätzlich wisse jeder Gast, was auf ihn zukomme, so Lanz. "Ja, die Sendung ist manchmal unberechenbar und deshalb auch gefährlich. Auf der anderen Seite gibt es im deutschen Fernsehen kaum eine bessere Gelegenheit, mal auf so langer Strecke seinen Standpunkt klarzumachen." Ein Gespräch könne schon einmal 40 Minuten dauern, aber eins mag Lanz überhaupt nicht: "Wenn es sich im Kreis dreht, werde ich [...] nervös [...]. Wer Sendezeit verschwendet, macht mich ungeduldig."

Bei der Tatsache, dass deutlich weniger Frauen zu Gast in der Sendung sind, gibt sich Lanz selbstkritisch. Das habe vor allem mit den Machtverhältnissen in der Gesellschaft zu tun. "Das bedauere ich tatsächlich sehr", so Lanz. "Mir sagen zwar selbst Frauen, sie möchten nicht über Quoten besetzt werden; aber wenn ich mir allein unsere Sendung so ansehe, würde ich sagen: vielleicht übergangsweise doch!"