Schon heute arbeiten ARD und ZDF bei ihren Mediatheken zusammen, bislang beschränkte sich das aber vor allem auf Verlinkungen. Wer eine ZDF-Sendung in der ARD-Mediathek suchte, wurde auf die Plattform des ZDF verwiesen und andersherum. Künftig wollen die Öffentlich-Rechtlichen ihre Mediatheken deutlich stärker als bislang miteinander verschränken, das ist am Montag in einem Pressegespräch angekündigt worden. Die Rede ist von einem gemeinsamen "Streaming-Netzwerk". 

Im Kern geht es darum, dass alle Inhalte der ARD künftig auch in der ZDF-Mediathek zu finden sind - und auch umgekehrt sind die Sendungen des ZDF in der ARD-Mediathek auffindbar. Die Inhalte der beiden Senderanstalten sollen so weitgehend ohne Schranken beim jeweils anderen verfügbar gemacht werden. Auch im Bereich der Empfehlungen und Personalisierungen arbeitet man zusammen, um den Userinnen und Usern so ein bestmögliches Nutzererlebnis zu ermöglichen. Das kann dann auch dazu führen, dass in den Empfehlungen für die einzelnen User Sendungen von beiden Sendern auftauchen. Die Personalisierung der Empfehlungen funktioniert über einen Account, aber auch ohne Registrierung bleiben die Angebote weiterhin nutzbar. Über die Suchfunktion sind künftig auch alle Inhalte von ARD und ZDF zu finden. 

"Quantensprung" und "kleine Revolution"

Tom Buhrow © WDR/Annika Fußwinkel Tom Buhrow
Gleichzeitig sollen die Mediatheken von ARD und ZDF ihre jeweilige Eigenständigkeit behalten. Die beiden Mediatheken bleiben also bestehen, es gibt keine Plattform, die dann noch einmal über diesen beiden Angeboten steht. ARD-Vorsitzender Tom Buhrow sprach bei einer Pressekonferenz in Mainz von einem "Quantensprung" für die Öffentlich-Rechtlichen im Netz, ZDF-Intendant Thomas Bellut sieht in der gemeinsamen Verschränkung der Mediatheks-Inhalte gar eine "kleine Revolution". Die Rede ist von einer "technologischen Partnerschaft", die ARD und ZDF eingehen würden. Begünstigt wird das unter anderem durch die Tatsache, dass die Mediatheken der beiden Anstalten ihren Sitz in Mainz haben - dieser Standort wird perspektivisch eher noch wichtiger. 

Man habe viele Monate lang diskutiert, wie weit man in der Verschränkung der Mediatheken gehe, sagte Thomas Bellut am Montag beim Pressegespräch. Wichtig ist den Verantwortlichen dabei gewesen, dass alle Anstalten ihre Identität behalten. Dass ARD und ZDF inhaltlich im Online-Bereich nun aber ein Angebot schaffen, wirft unweigerlich die Frage auf, ob damit auch eine mögliche Fusion der beiden Öffentlich-Rechtlichen näher rückt. Bellut sieht das nicht so und sagt, es spreche nach wie vor alles gegen eine Fusion. Der Meinung ist naheliegenderweise auch Tom Buhrow. 

Mögliche Ansicht in der ZDF Mediathek © Screenshot ZDF So könnte die ZDF-Mediathek schon bald aussehen: Neben "Bad Banks" werden ARD-Serien wie "Charité" oder der "Tatort" empfohlen.

In den jeweiligen Mediatheken wird es Anpassungen an der Benutzeroberfläche und am Design geben, Details dazu sind aber noch nicht bekannt. Einen konkreten Termin für die Umsetzung der geplanten Änderungen gibt es nicht. Die Rede ist von einem "schrittweisen Aufbau" des Streaming-Netzwerkes in den kommenden Jahren. Beim Pressegespräch am Montag hieß es, dass die Nutzer bereits in den kommenden Monaten immer mehr Inhalte des jeweils anderen Senders auf den Plattformen sehen können. ARD und ZDF betonen darüber hinaus, dass das Streaming-Netzwerk offen sei für andere Anbieter - allen voran aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich. Perspektivisch sei auch eine Zusammenarbeit mit europäischen Sendern möglich, das ist aber Zukunftsmusik. Zuletzt hatten beide Mediatheken die Inhalte des jungen Angebotes Funk sowie von Arte in ihr Angebot integriert. 

Kai Gniffke © SWR/Alexander Kluge Kai Gniffke
SWR-Intendant Kai Gniffke, der innerhalb der ARD zuständig ist für die Mediathek, erklärte am Montag, die Sender würden ein "wertegetriebenes Netzwerk" planen. Damit wolle man konkurrenzfähiger als bislang sein, als jeder noch seine eigene Plattform mit ausschließlich eigenen Inhalten betrieben hat. Gniffke verwies in dem Zusammenhang auch auf die Streaming-Konkurrenz aus den USA, die derzeit führend sei. "Wir wollen nicht nur mitspielen, sondern langfristig eine führende Rolle auf dem Markt übernehmen", so der SWR-Intendant. 

"Das ist eine Veränderung der Kultur in den Häusern, da werden einige schlucken."
ZDF-Intendant Thomas Bellut

Thomas Bellut © ZDF/Markus Hintzen Thomas Bellut
Man müsse in den Häusern künftig den gleichen Gedanken des Austausches und der Zusammenarbeit leben, sagte ZDF-Intendant Thomas Bellut. "Das ist eine Veränderung der Kultur in den Häusern, da werden einige schlucken", so Bellut. Wie genau künftig entschieden wird, welche Sendungen in den Mediatheken ganz oben angezeigt werden, oder auch nach welchen Kriterien genau ein Empfehlungsalgorithmus funktioniert, ist noch unklar. Spannend dürfte es in jedem Fall werden, wie offen man in den beiden Häusern tatsächlich ist, die Programme des jeweils anderen prominent auf der eigenen Plattform anzubieten. Kai Gniffke spricht von einem "diskursiven Prozess", der nicht trivial sei und der nun in den jeweiligen Teams bevorstehe. 

Umsetzung aus bestehenden Mitteln

Umsetzen wollen ARD und ZDF die Veränderungen übrigens aus bestehenden Mitteln, das betonten Bellut und Buhrow am Montag unisono. "Wir wollen das aus eigener Kraft schaffen", sagte Buhrow. Bislang geben sowohl ARD als auch ZDF einen einstelligen Millionenbetrag für ihre Mediatheken aus. Durch die Zusammenarbeit ergeben sich auch Einsparungen. So müssen die Empfehlungssysteme künftig nicht mehr getrennt voneinander entwickelt werden, stattdessen arbeitet man an einer Lösung. Thomas Bellut geht dennoch davon aus, dass es keine größeren Einsparungen geben wird, die etwa Beitragssenkungen möglich machen könnten.

In Summe steht also eine Bündelung der Kräfte von ARD und ZDF in ihren Mediatheken. Alle Inhalte sollen künftig sowohl bei der ARD, als auch beim ZDF auffindbar sein. Dennoch bleiben beide Angebote eigenständig. Dass die Öffentlich-Rechtlichen bei ihren bestehenden Plattformen bleiben und darauf verzichten, eine gemeinsame, neue Marke für das Angebot zu schaffen, kommt nicht von ungefähr. Bei einer einzelnen Plattformen, auf der alle Inhalte zu finden wären, müsste man sich wohl deutlich stärker rechtfertigen, warum man online die Kräfte bündelt, im linearen Programm aber nicht. Diese Frage kann man künftig elegant mit dem Hinweis auf die zwei eigenständigen Plattformen abräumen.