Die Veröffentlichung der Recherche-Ergebnisse über den inzwischen geschassten "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt hätte für den Ippen-Verlag ein journalistischer Coup werden können - und wuchs sich stattdessen zu einem veritablen Image-Schaden aus, weil Verleger Dirk Ippen kurz vor der geplanten Veröffentlichung des Textes von Ippen Investigativ einschritt und die Publikation untersagte.

"Als Mediengruppe, die im direkten Wettbewerb mit 'Bild' steht, müssen wir sehr genau darauf achten, dass nicht der Eindruck entsteht, wir wollten einem Wettbewerber wirtschaftlich schaden", begründete Ippen die Entscheidung, die nicht nur bei der erst im Jahr zuvor übernommenen Investigativ-Redaktion auf Unverständnis stieß, sondern allgemein scharf kritisiert wurde. Lesen konnte man mehr Details über Julian Reichelt stattdessen in der "New York Times", zudem arbeitete die Investigativ-Redaktion von Ippen im Nachgang mit dem "Spiegel" zusammen, der Teile der Infos mit eigenen Recherche-Ergebnissen zusammen veröffentlichte.

In der vergangenen Woche ruderte Ippen dann ein Stück weit zurück und sperrte sich nicht mehr gegen eine Veröffentlichung des Berichts - doch zu lesen geben wird es ihn trotzdem nicht mehr. "Im Zuge der Ereignisse der vergangenen Woche hat sich die Situation für einige Quellen unserer Recherche verändert. Es ist daher nicht mehr möglich, die Recherche-Ergebnisse wie ursprünglich geplant zu veröffentlichen", heißt es nun in einem "Transparenzhinweis" unter der Stellungnahme von Digital-Chefredakteur Marknus Knall, der sich in der vergangenen Woche für die Nicht-Veröffentlichung entschuldigt hatte.

Darin hieß es: "Zahlreiche Frauen haben sich im Zuge der Recherche zum Fall Julian Reichelt an unsere Redaktion gewandt und den Mut gefasst, uns ihre Geschichte zu erzählen. Wir haben zugesagt, unter Wahrung der Anonymität, über ihre persönlichen Schicksale zu berichten. Dieses Versprechen konnten wir nicht einlösen. Das bedauere ich zutiefst. Weil wir den ursprünglich zugesagten Beitrag kurzfristig nicht veröffentlicht haben, wurden wir dem Vertrauen, das in uns gesetzt wurde, nicht gerecht. Hierfür bitte ich die Betroffenen um Entschuldigung."