"Der Spiegel" befindet sich nach Angaben seines Chefredakteurs Steffen Klusmann finanziell auf einem guten Weg. "Wir haben uns Ende letzten Jahres vorgenommen, die Zahl der vollbezahlten Digitalabos von 100.000 auf 200.000 zu verdoppeln - in fünf Jahren. Wir haben jetzt schon Ende des dritten Quartals 140.000 erreicht. Auch insgesamt, also Print- und Digitalabos zusammengerechnet, steigt die Auflage seit letztem Jahr wieder", fasste Klusmann die Situation in einem Interview mit der dpa zusammen. "Das schlägt sich in diesem Geschäftsjahr auch im Umsatz nieder, der wächst in der Gruppe um satte 20 Millionen Euro. Wird ein Bombenjahr." Es gelinge, "das Abschmelzen von Print mit dem Digitalgeschäft mehr als wettzumachen".

Dabei zahle sich die Fusion von Print- und Online-Redaktionen aus. "Das verleiht uns, gerade bei großen Nachrichtenlagen, eine enorme Power", zeigte sich Klusmann überzeugt. "Wir arbeiten nicht mehr nebeneinanderher, sondern zusammen." Inzwischen habe sich auch Anspruch und Erwartungshaltung der Kundschaft verändert. "Die neuen Abonnenten wollen in der Regel kein abgeschlossenes Magazin mehr, das einmal die Woche neu erscheint, sondern eine schnell getaktete Nachrichtenplattform, die angereichert ist mit starken Analysen, Einordnungen, Rekonstruktionen und investigativen Storys - ob die aus dem aktuellen Heft sind oder aus dem davor oder nur für die Seite recherchiert wurden, ist den Leserinnen und Lesern egal. Solange die Stücke Mehrwert bieten."

Darüber hinaus würden Videos auf der Seite wichtiger. "Künftig wollen wir aus unseren Stoffen sogar öfters mal Dokus und fiktionale Dokus machen, vielleicht auch als Serien", kündigt der "Spiegel"-Chefredakteur gegenüber der dpa an. "Wir haben oft exklusive Zugänge zu Protagonisten und exklusives Material - das muss nicht immer nur eine Titelgeschichte sein." Zugleich verwies er auf Spiegel TV und eine Zusammenarbeit mit der UFA (DWDL.de berichtete). "Da ist einiges denkbar, das auch für die Öffentlich-Rechtlichen, RTL, Amazon Prime Video oder Netflix interessant sein könnte."

Verwundert zeigte sich Steffen Klusmann derweil über das jüngst in der "Zeit" erschienene Interview mit dem ehemaligen "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt. Dieser habe "ein paar Behauptungen rausgehauen, bei denen ich mich nur wundern kann, wie man das so stehen lassen konnte", so Klusmann. In dem Interview hatte Reichelt gesagt, dass der "Spiegel" für ihn "das perfekte Beispiel" dafür sei, "wie sich Ideologie in Redaktionen ausgebreitet" habe. Dazu kontert Klusmann: "Was stimmt: Julians Abgang ist auch eine Folge der 'Spiegel'-Berichterstattung. Das hat allerdings nichts mit Ideologie zu tun. Er hat Dinge getan, die in seiner Position völlig unangemessen sind. Deshalb haben wir darüber berichtet."