Das Potenzial, "die Statik der dualen Medienordnung nachhaltig zu Lasten der privaten Anbieter zu verschieben" habe die geplante Strukturreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, das befürchtet zumindest der Verband Privater Medien (VAUNET). Ein ausbalanciertes Mediensystem mit zwei starken Säulen sieht der Verband über die Reform zumindest nicht entstehen. Mehr als in den Entwürfen gelte es, die Belange der privaten Medienanbieter zu berücksichtigen, insbesondere auch im Hinblick auf den Wettbewerb mit den globalen Online-Plattformen. VAUNET fordert daher in einer Erklärung vom Montag, dass die Länder in diesem Punkt ihrem Geltungsauftrag stärker nachkommen sollen. Claus Grewenig, Stv. Vorstandsvorsitzender des VAUNET und Bereichsleiter Medienpolitik RTL Deutschland, erklärt: "Ein Schwerpunkt der TV-Betroffenheit liegt in der Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags insbesondere zur Primetime. Die hierzu von den Ländern angedachten Profilschärfungen unterstützen wir nachdrücklich - auch mit dem Ziel einer ausgewogeneren Gewichtung der Auftragsbestandteile zu Hauptnutzungszeiten."



Dennoch findet der Verband im aktuellen Reformentwurf auch "vielversprechende Signale", wie es heißt, kritisiert zugleich aber, dass viele Reformen noch nur in Klammern gesetzt (was heißt, dass die Punkte bei Weitem nicht fix sind) oder vage formuliert sind. Entsprechend fordert VAUNET eine "Entkommerzialisierung" des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks und meint damit die Umsetzung eines vollständigen Verbots von Werbung und Sponsoring bei den jeweiligen Sendeanstalten.

Zu den Forderungen gehören auch, dass VAUNET öffentlich-rechtliche Radiowellen teilweise werbefrei machen möchte. So solle jede Sendeanstalt der ARD eine Welle komplett werbefrei senden, für die jeweils anderen solle ein tägliches Reklame-Maximum von 60 Minuten gelten. In der Radio-Primetime, also morgens, solle ein Sponsoring-Verbot umgesetzt werden. Dazu Marco Maier, Vorsitzender des Fachbereichs Audio/Radio und Geschäftsführer von Radio/Tele FFH: "Während die Refinanzierung der Regionalberichterstattung privater Anbieter auf Grund des sich wandelnden Werbemarktes und der noch andauernden Corona-Krise vor wachsenden Herausforderungen steht, scheinen die Landesrundfunkanstalten unbeeindruckt expandieren zu können."

Es sollte ein Anliegen der Länder sein, auch den privaten Hörfunk- und Audio-Anbietern programmliche und wirtschaftliche Spielräume im Verhältnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu erhalten. Verhindert werden solle zudem auch eine weitere "unbegrenzte Audio-Expansion der ARD", was einer Deckelung der Programme gleichkäme.



Abgelehnt wird von VAUNET auch die diskutierte Lockerung im Video-on-Demand-Bereich: Das Verbot für Non-EU-Lizenzware in den Mediatheken müsse bleiben. Denn jede Zunahme des öffentlich-rechtlichen Angebotsumfangs verschärfe den Wettbewerb mit privaten Angeboten und erschwere deren Geschäftsmodelle. Grundsätzlich plädiert der Verband für zeitnahe Gespräche aller Beteiligten. "Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, auch mit dem VAUNET in bilaterale Gespräche einzutreten, damit wir die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen der geplanten Neuausrichtung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf Basis des jetzigen Entwurfs erläutern können", sagt Annette Kümmel, Vorstandsvorsitzende des VAUNET und Chief Sustainability Officer ProSiebenSat.1 Media.