Vorbei sind die Zeiten, in denen RTL die Marktführerschaft von Früh bis Spät quasi abonniert hatte. Zu kaum einer Tageszeit wird diese Gewissheit so deutlich wie am Morgen. Seit sich RTL vor mehr als acht Jahren dazu entschied, seine bis dato erfolgreiche Frühschiene in "Guten Morgen Deutschland" aufgehen zu lassen, musste der Privatsender einen kaum für möglich gehaltenen Quotenrückgang hinnehmen. Inzwischen ist das Magazin bei durchschnittlich weniger als neun Prozent Marktanteil in der Zielgruppe angekommen, weniger als die Hälfte dessen, was "Punkt 6" zehn Jahre zuvor erzielte.

Die selbst gesetzten Ziele klingen inzwischen verhalten. Es gehe jetzt darum, einen "nachhaltigen zweistelligen Marktanteil zu erzielen", gab Stephan Schmitter, Geschäftsführer von RTL News, erst vor wenigen Wochen im Gespräch mit DWDL.de die Marschroute aus. Gelingen soll das mit nichts weniger als einem radikalen Neuanfang. Kaum ein Stein wird auf dem anderen bleiben, wenn der Sender in wenigen Wochen noch einmal versuchen will, den über die Jahre stetig gewachsenen Rückstand auf das "Sat.1-Frühstücksfernsehen" zu verringern.

Martin Gradl © RTL / Marina Rosa Weigl Martin Gradl
Dafür werden "Punkt 6", "Punkt 7" und "Punkt 8" im Frühjahr an die Stelle von "Guten Morgen Deutschland" rücken. Dazu kommt das neue, reale Nachrichtenstudio, an dessen Feinschliff seit Monaten gearbeitet wird. Großflächige Monitorwände ud eine klare Bildsprache werden das Erscheinungsbild prägen - mit dem bislang unter der RTL-Kantine beheimateten Set, das stets nach Übergangslösung aussah, hat all das nichts mehr zu tun. Schmitter erhofft sich dadurch einen "ganz großen Schub". "Die neue Sendung bietet den perfekten Auftakt für den Morgen - mit den Entwicklungen der Nacht und den wichtigsten Meldungen des Tages", so Martin Gradl, Chefredakteur Magazine bei RTL News, über die künftige Positionierung. "Sie wird aktuell, relevant und verlässlich sein – so wie wir es zurzeit mit unserer Ukraine-Berichterstattung am Morgen mit ntv gemeinsam zeigen. Gleichzeitig auch unterhaltsam und herzlich, damit die Zuschauerinnen und Zuschauer auch gut gelaunt in den Tag starten."

Doch klar ist auch: Mit einer modernen Optik und einem neuen Namen alleine ist es nicht getan. Es braucht auch neues Personal, um RTL in den Morgenstunden besagten Schub zu verleihen. Mit Marco Schreyl und Rückkehrerin Annett Möller wurde der personelle Neuanfang bereits in den vergangenen Wochen eingeläutet und schon in der kommenden Woche wird das Team um den bislang vorwiegend im WDR-Hörfunk tätigen Simon Beeck ergänzt.  

Will, Lau und Fischer neu im RTL-Team

Dass sich Wolfram Kons nach drei Jahrzehnten von "Guten Morgen Deutschland" verabschiedet, dürfte den Verantwortlichen vor dem Hintergrund des Umbruchs nicht ungelegen kommen - zumal darüber hinaus noch weitere Veränderungen anstehen. So werden auch Angela Finger-Erben, Roberta Bieling und Maurice Gajda nach DWDL.de-Informationen in Zukunft ebenfalls nicht mehr am Morgen moderieren. Will heißen: Das gesamte Moderations-Team der neuen "Punkt"-Magazine ist künftig ein anderes. Das bisherige Personal soll aber auch weiterhin bei RTL zum Einsatz kommen: Gajda steht etwa für "Explosiv" vor der Kamera, Bieling wird sich vorwiegend auf "Punkt 12" konzentrieren und mit Finger-Erben, die sich gerade erst durch die Dschungel-Nachlese talkte, wird aktuell ein neues Format gedreht. 

Punkt 6, Punkt 7, Punkt 8 © RTL / Gregorowius/Nass/Lohse Daniela Will, Marco Schreyl, Annika Lau, Daniel Fischer, Annett Möller und Simon Beeck moderieren künftig bei RTL am Morgen.

Die Nachfolger stehen indes bereits fest und kommen, wie Beeck, von der Konkurrenz. Wie RTL gegenüber DWDL.de bestätigte, wird Daniela Will ebenso ins Früh-Team von RTL wechseln wie Daniel Fischer. Will machte sich zuletzt beim Nachrichtensender Welt einen Namen und stellte dort unter Beweis, dass sie lange News-Strecken souverän moderieren kann. Fischer wiederum ist seit vielen Jahren beliebter Morningshow-Moderator beim hessischen Radiosender FFH, stand aber auch schon vor TV-Kameras, allen voran bei der ZDF-Kindershow "1, 2 oder 3". Ebenfalls neu im Morgen-Team ist Annika Lau, die für RTL auch das neue "Gala"-Magazin moderieren wird und schon in der Vergangenheit beim "Sat.1-Frühstücksfernsehen" das frühe Aufstehen gewohnt war.

Ob es in dieser Konstellation gelingen kann, das Ruder noch einmal herumzureißen, ist freilich unklar. Für Rückenwind könnten jedoch die Erfahrungen der vergangenen Tage sorgen. Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine sendet RTL anstelle von "Guten Morgen Deutschland" zusammen mit seinem Nachrichtensender ntv eine ausgedehnte Informationsstrecke, die ganz anders anmutet als das bis dato oft angestrengt gut gelaunte Frühmagazin - und damit auch eine echte Alternative zum "Sat.1-Frühstücksfernsehen" bietet.

Der Erfolg kann sich sehen lassen: Erst am Dienstag lag der durchschnittliche Marktanteil in der Zielgruppe bei fast 17 Prozent - und damit auf einer Flughöhe, die man bei RTL um diese Uhrzeit lange nicht gesehen hat. Vielleicht ist es also tatsächlich möglich, noch einmal an den Quoten-Erfolg früherer Zeiten anzuknüpfen. Martin Gradl, Chefredakteur Magazine bei RTL News, gibt sich jedenfalls optimistisch: "Wir sind davon überzeugt, mit dem Rebranding, dem neuen Studio und dem neuen Team die besten Voraussetzungen dafür zu haben, dass RTL auch am frühen Morgen mittelfristig wieder die Nummer 1 wird."

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