Einen Monat vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hat der Westdeutsche Rundfunk (WDR) auf bemerkenswert plumpe Weise die Distanz vermissen lassen. Nach einem Auftritt des SPD-Spitzenkandidaten Thomas Kutschaty bei 1Live sorgte die junge Hörfunkwelle des WDR in den sozialen Medien für reichlich Verwunderung.

Unter einer sogenannten Zitatkachel, die Kutschatys Pläne für einen kostenlosen Nahverkehr für Schülerinnen und Schüler in den Mittelpunkt stellte, reagierte das Social-Media-Team von 1Live etwa mit Herzchen-Emojis auf Kommentare, in den Userinnen und User ihre Gefallen zum Ausdruck brachten. Als ein User erklärte, Kutschaty wählen zu wollen, antwortete 1Live gar mit einem zustimmenden Applaus-Emoji.

"Bild" nahm die zweifelsohne fragwürdigen Reaktionen des Senders zum Anlass, bei der CDU nachzufragen. Deren Bundestagsabgeordneter Matthias Hauer sprach dabei von "gebührenfinanzierte SPD-Wahlwerbung“. "Wenn der offizielle 1Live-Account kritische Kommentare ausblendet und den SPD-Spitzenkandidaten sogar wohlwollend kommentiert, ist von Neutralität keine Spur. Dass der WDR einseitig die Werbetrommel für die SPD rührt, sollte endgültig der Vergangenheit angehören."

Tatsächlich ist auch dem WDR der Umgang des übereifrigen 1Live-Teams offensichtlich unangenehm. "Journalistische Unabhängigkeit und Distanz sind die Grundlagen unserer Berichterstattung. Was die Reaktionen des 1Live-Social-Teams auf User-Posts angeht, wurde diese Distanz aus unserer Sicht nicht ausreichend gewahrt", erklärte der Sender gegenüber "Bild" und sprach zugleich von "unangemessenen Kommentaren", wegen derer sich die Redaktion "bereits in intensivem Austausch" befindet. Über mögliche Konsequenzen ist aber nichts bekannt.