Wie im Vorfeld prognostiziert ging beim diesjährigen Eurovision Song Contest der ukrainische Beitrag des Kalusha Orchestra als haushoher Sieger aus dem Wettbewerb hervor - was man freilich vor allem auch als Solidaritäts-Zeichen mit dem von Russland angegriffenen Land werten muss. Die EBU als Veranstalter des europäischen Song-Wettbewerbs stellte das allerdings vor das Problem, entscheiden zu müssen, ob man ein solches Event mit seinem langen Vorlauf fürs kommende Jahr an ein Land vergeben kann, das sich derzeit in einem Krieg befindet, von dem niemand weiß, wie lange er noch andauern wird.

In der vergangenen Woche gab man daher die Entscheidung bekannt, dass man dies aufgrund von Sicherheitsbedenken nicht für möglich halte und stattdessen nun nach einem alternativen Ausrichter suche. Sowohl vom ukrainischen Rundfunk wie auch aus der ukrainischen Politik kam in der Folge viel Kritik an dieser Entscheidung. Zuletzt sprach sich auch der britische Premierminister Boris Johnson, dessen Land als wahrscheinlichster Ersatz-Gastgeber gilt, für eine Ausrichtung des ESC in der Ukraine aus.

Nun äußerte sich die European Broadcasting Union erneut und verteidigte ihre Entscheidung. Man habe "volles Verständnis für die Enttäuschung", die Entscheidung sei aber notwendig, um die Sicherheit aller an der Veranstaltung Beteiligten zu gewährleisten. "In der Regel sind mindestens 10.000 Personen für den Eurovision Song Contest akkreditiert, darunter Crewmitglieder, Mitarbeiter und Journalisten. Es wird erwartet, dass weitere 30.000 Fans aus der ganzen Welt anreisen werden. Ihr Wohlergehen ist unser wichtigstes Anliegen", so die EBU.

Die Entscheidung über den Austragungsort eiuner "derart komplexen Live-Fernsehveranstaltung" müsse von Rundfunkfachleuten getroffen und dürfe nicht politisiert werden, heißt es weiter. In den Regeln des ESC, auf die sich alle teilnehmenden Rundfunkanstalten geeinigt hätten, sei für den Fall höherer Gewalt - zu dem ein Krieg gehört - die Verlegung vorgesehen. Erneut beteuerte man, dass man sich die Entscheidung nicht leicht gemacht und auch externe Sicherheitsgutachten eingeholt habe, in denen trotz vorgeschlagener Gegenmaßnahmen das Risiko von vielen Opfern im Falle eines Angriffs auf die Veranstaltung im Falle eines dann noch andauernden Konflikts aber als "hoch" eingestuft wurde.

Die Idee, den ESC als Risikominimierung im Grenzgebiet in der Nähe eines Nachbarlandes zu veranstalten, sei nicht umsetzbar, weil es dort keine geeigneten Veranstaltungsorte und nicht die erforderliche Infrastruktur für so ein Mega-Event gebe, heißt es weiter. Die EBU verweist auch darauf, dass auch sonst keinerlei internationale Konzerttourneen in der Ukraine für 2023 geplant seien und auf die Einschätzung des NATO-Generalsekretärs, dass der Krieg noch Jahre dauern könnte. "In Anbetracht all dessen hat die EBU mit Bedauern beschlossen, die Veranstaltung in ein anderes Land zu verlegen, und wird die Gespräche über die Suche nach einem geeigneten Ort für den Eurovision Song Contest im nächsten Jahr fortsetzen. Wir sind gerne bereit, mit unserem ukrainischen Mitglied UA:PBC in all diesen Fragen weiter zusammenzuarbeiten", schreibt die EBU abschließend.

Empfohlener externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, der den Artikel ergänzt. Sie können sich den Inhalt anzeigen lassen. Dabei können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.