Dass Google als stark dominierende Suchmaschine bei der Werbung im Such-Umfeld marktbeherrschend ist, liegt auf der Hand, auch bei der restlichen Online-Werbung habe Google aber durch seine starke Stellung im AdTech-Bereich einen entscheidenden Einfluss. Der gesamte AdTech-Bereich, der den als Programmatic Advertising bezeichneten automatisierten Handel mit Werbeflächen und die daran anschließende Ausspielung und Messung der Werbung erst ermöglicht, ist dabei nicht nur für Laien kaum zu durchschauen.

Im Rahmen der Untersuchung habe sich nun aber die Annahme bestätigt, dass einzelne Marktteilnehmer – und hier insbesondere Google – erheblichen Einfluss auf das Gesamtsystem des Programmatic Advertising haben, so das Kartellamt. Google sei auf nahezu allen Stufen der Wertschöpfungskette und bei praktisch allen relevanten Dienstleistungen vertreten und habe dabei in den meisten Fällen eine sehr starke Marktposition inne. Das Unternehmen kontrolliere auch wichtige Teile der nutzerseitigen Software-Infrastruktur wie den Browser Chrome und das mobile Betriebssystem Android, die letztlich darüber mitbestimmen, welche technischen Möglichkeiten für die Realisierung nicht-suchgebundener Online-Werbung zur Verfügung stehen.

Im Zusammenspiel mit dem Befund, dass die Funktionsweise des Systems im Detail von außen nur schwer nachvollziehbar ist, komme Google damit eine "erhebliche Regelsetzungsmacht" zu. Sowohl für Publisher, die ihre Werbeplätze vermarkten, als auch für Werbetreibende, die die Plätze einkaufen, und selbst für viele kleinere Anbieter technischer Dienstleistungen, sei das ganze System eine Art Black Box, bei der die Parameter, die für den Erfolg relevant sind, unbekannt seien. Google habe hingegen aufgrund seiner herausragenden Position in Verbindung mit der "Undurchschaubarkeit des Systems" laut Mundt "ungewöhnlcih viel Spielraum, den Wetbewerbsprozess zu seinen Gunsten zu gestalten".

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: "Online-Werbung hat über die letzten 25 Jahre einen beeindruckenden Aufstieg erlebt – aus dem Nichts zu einer Milliardenindustrie. In allen Bereichen der Online-Werbung stellen sich vor allem aufgrund der herausragenden Bedeutung der großen Internetplattformen wichtige wettbewerbliche Fragen. Neben der suchgebundenen Online-Werbung und den eigenen Werbeflächenangeboten von beispielsweise Meta oder Google, hat die sonstige nicht-suchgebundene Online-Werbung ebenfalls eine immense wirtschaftliche Bedeutung. Es ist nicht zuletzt diese Werbung, die eine Vielzahl von Medienangeboten und Dienstleistungen jenseits der Angebote der großen Digitalkonzerne mitfinanziert. Dahinter steckt ein hochkomplexes, für viele recht intransparentes System des automatisierten Handels mit Online-Werbeplätzen. Mit unserer Untersuchung wollen wir mehr Licht in diese Black-Box bringen. Google hat auch in diesem technischen Teilbereich der Online-Werbung auf nahezu allen Stufen der Wertschöpfungskette eine starke Marktposition. Es stellen sich nicht zuletzt deshalb zahlreiche wettbewerbliche Fragen."

Das Kartellamt hat nun erstmal einen Diskussionsbericht veröffentlicht, zudem nun alle Marktteilnehmer und sonstige interessierte Kreise bis zum 28. Oktober Stellung nehmen können. In einem weiteren Schritt könnte das Kartellamt dann tätig werden, um die Marktmacht Googles in diesem Bereich zu beschränken.