Auch als die Bonuszahlungen schon bekannt waren, bemühte man sich beim RBB das böse B-Wort zu vermeiden. Von "variablen Gehaltsbestandteilen" war stattdessen die Rede. De facto bedeutete das: Das veröffentlichte "Grundgehalt" konnte selbst bei annähernder Erfüllung festgelegter Ziele bereits deutlich übertroffen werden, noch stärker bei Erfüllung oder Übererfüllung. Auch wenn man es nicht "Bonus" nennen wollte: Genau das ist es, was man landläufig darunter versteht.

Die anderen ARD-Anstalten waren infolge des Bekanntwerdens des Systems bemüht zu betonen: Dieses System des RBB sei ARD-weit einmalig und man habe von einem Bonus-System auch erst im Zuge des Skandals erfahren. Das RBB-Rechercheteam berichtet nun aber von einem von Patricia Schlesinger und Wolf-Dieter Wolf unterzeichneten Schreiben an die übrigen Intendantinnen und Intendanten sowie Gremienvorsitzenden der ARD, das schon im März 2018 die grundsätzliche Gestaltung des Systems beschrieben habe. Darin sei auch die Rede davon, dass bei voller Ziel-Erreichung mehr als zehn Prozent zum Basisgehalt hinzugewonnen werden könne.

Der inzwischen wieder mit dem ARD-Vorsitze betraute WDR bestätigte laut RBB dieses Schreiben nun, weist aber darauf hin, dass ausdrücklich nicht von "Boni" die Rede gewesen sei. Zudem sei "das Ausmaß der zusätzlichen Zahlungen nicht deutlich geworden". ARD-weit sei die Einführung "variabler Gehaltsbestandteile" jedenfalls nicht weiter vertieft worden, "da alle Landesrundfunkanstalten autonom über ihr Gehaltsgefüge entscheiden". Ganz so ahnungslos, wie man sich öffentlich gab, war man angesichts des Schreibens aber offenbar nicht - oder hätte es bei Interesse zumindest nicht sein müssen.

Keine Unregelmäßigkeiten bei "Der gute Göring"

Unterdessen liegt nun der Bericht hinsichtlich der NDR/BR-Koproduktion "Der gute Göring" vor. Patricia Schlesinger war damals beim NDR für den Bereich Kultur und Dokumentationen verantwortlich, Schlesingers Ehemann Gerhard Spörl zugleich einer der co-Autoren des Doku-Dramas - im Raum stand also auch hier "Vetternwirtschaft". Sowohl die Prüfung unter der Leitung des NDR-Justitiars als auch die extern angerufene Anti-Korruptionsbeauftragte des NDR haben nun aber kein vorwerfbares Verhalten bei den Beteiligten aus Produktion und Redaktion feststellen können.

So hätten die Beteiligten von Beginn an auf die persönliche Verbindung zwischen Patricia Schlesinger und Gerhard Spörl hingewiesen. Sowohl der Programmdirektor als auch der damalige Intendant waren darüber informiert und erteilten unter der Maßgabe der Einhaltung der Anti-Korruptionsregeln ihre Zustimmung zur Realisation. Zur Vermeidung von Interessenskonflikten sei das Projekt aus dem Verantwortungsbereichs Schlesingers herausgelöst und in einen anderen Programmbereich verlagert worden. Schlesinger sei zwar über Produktionsschritte informiert und im Genehmigungsweg eingebunden worden, habe aber weder Verhandlungen geführt noch habe sie inhaltliche oder finanzielle Entscheidungen treffen können.

Gerhard Spörl wiederum habe aufgrund seiner Recherchen zu dem Thema als Ko-Autor des Projektes über die für das Projekt nicht zu ersetzende Expertise verfügt. Seine vertraglich mit der Firma Vincent TV vereinbarte Leistung als Drehbuchautor habe er voll erbracht und sei dafür von der Produktionsfirma branchenüblich und angemessen honoriert worden. Daher sei man nach der internen Prüfung zu dem Schluss gekommen, dass Redaktion und Produktion "sachlich angemessen gehandelt und gearbeitet" hätten und die einschlägigen Compliance-Regeln des NDR eingehalten worden seien. Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten hätten sich nicht ergeben.