Für und bei Kabel Eins dürfte es sicherlich der spannendste Neustart dieses Herbsts sein. Nach Dokumentationen in Kliniken und Justizvollzugsanstalten haben Teams der Produktionsfirma Story House über Monate hinweg die Bundeswehr begleitet – entstanden sind vier Episoden von "Unsere Bundeswehr – Missionen, Menschen, Emotionen", fortan donnerstags um 20:15 Uhr zu sehen. Und der Dreh beinhaltete durchaus einige Überraschungen, wie Christine Franke, Executive Producer bei der herstellenden Firma Story House Productions DWDL.de erzählt – etwa, dass die Teams bei den Produktionsarbeiten stets den Moment habe begleiten dürfen. "Es gab keine inhaltliche Abnahme der Bundeswehr", erzählt die Fernsehmacherin.



Christine Franke © Story House Christine Franke
Entstanden ist die Idee für eine solche Reportage-Reihe übrigens in einer Zeit, in der der Blick auf die Bundeswehr vermutlich noch ein anderer war. In einer Zeit, in der in der Ukraine noch Frieden herrschte, in der man von einem Sondervermögen für die Bundeswehr noch nichts ahnte und in der Olaf Scholz noch nicht einmal Bundeskanzler war. In früheren Entwicklungsrunden innerhalb der Story House, so erinnert sich Franke, sei die Bundeswehr immer mal Thema gewesen. 2021 habe man sich konkreter damit befasst. "So haben wir im Spätsommer 2021 erste Kontakte zur Bundeswehr geknüpft, um generell vorzufühlen, ob eine solche filmische Begleitung denkbar ist. Für die Bundeswehr ist es nicht das erste Medienprojekt, wenn ich etwa an verschiedene Technik-Dokus denke. In diesen stehen die Maschinen im Vordergrund, bei uns sind es die Menschen, die eine Stimme bekommen sollen." So sei die Story-House-Anfrage bei der Bundeswehr eine gewesen, die die dort Verantwortlichen in der Form bisher nicht kannten, berichtet die Fernsehmacherin.

Es folgten neutrale und offene Gespräche, wie Franke es nennt – Gespräche, an denen auch die Bundestagswahl im Herbst 2021 mit sich verändernder Regierung nichts änderte. Ende 2021 erfolgte das Go – und somit der Startschuss, auf verschiedene Streitkräfte zuzugehen. "Während der Produktionsvorbereitungen hieß es im Winter und Frühjahr dann für uns, dass wir ein Stück in diese Welt eintauchen. Wir bekamen Empfehlungen für Protagonisten, lernten diese kennen und mussten eruieren, was wir mit ihnen und über sie erzählen können. Dabei waren wir für Vieles offen", sagt Franke über die Arbeit ganz zu Beginn des Jahres. Und dann kam Ende Februar.

Personenschutz an oberster Stelle

Russlands Präsident Wladimir Putin greift die Ukraine an. Teilweise seien Protagonisten dem Drehteam dann nicht mehr zur Verfügung gestanden, weil sie zur Auslandsunterstützung abgezogen waren. "Neue Herausforderungen für uns", nennt Franke die damalige Situation heute. Ein Stück weit habe man diese Auslandsunterstützung auch begleiten können. "Jeremias ist im Rahmen der EFP-Battle Group nach Litauen versetzt worden und hat sich von uns filmisch begleiten lassen", sagt Franke. Jeremias wird in den Folgen übrigens nur Jeremias heißen – und auch alle anderen Protagonisten tauchen nur unter ihrem Vornamen auf.

Das ist ein Teil der Dinge, die es zu beachten gilt, wenn man in sensiblen Bereichen filmt. Personenschutz stehe an oberster Stelle, weiß Franke. "Das war früher schon so, wenn man etwa mit dem KSK drehen wollte." Natürlich waren es für die Macherinnen und Macher von Story House keine alltäglichen Dreharbeiten. Franke selbst etwa sei eine Woche lang Teil des Mikrokosmos  auf der Fregatte Nordrhein-Westfalen gewesen. "Die Passion, mit der die Menschen bei der Bundeswehr ihren Job ausführen, hat mich begeistert. Das war ein schönes Erlebnis", sagt sie heute. Von allen Seiten sei das Fernsehteam offen empfangen worden.

Marc Rasmus © Kabel Eins/Florian Bachmeier Marc Rasmus
Immer wieder aber musste flexibel reagiert werden. "Wenn wir bei Drehs geheime Missionen begleiten durften, dann hatten wir zwar Vorgespräche dazu, wussten aber erst in dem Moment, in dem es losging, was wirklich genau passieren wird. So wird etwa eine Awacs-Mission begleitet – da war unserem Team aber eben lange nicht klar, wohin dieses Flugzeug wirklich fliegen wird und was wir genau sehen können", sagt Franke. Genau das macht das Projekt aber auch so ungewöhnlich. Marc Rasmus, Senderchef von Kabel Eins, spricht davon, dass die Produktion quasi ein Blindflug gewesen sei. Ins Risiko sei man bei "diesem außergewöhnlichen" TV-Projekt gegangen. "Wir konnten keine Treatments abnehmen oder vorab ein Casting sehen. Umso stolzer bin ich, dass wir das gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen von Story House so gut hinbekommen haben."

In Sachen inhaltlicher Ausrichtung verspricht der Senderchef ganz offenbar eine gute Balance. Wichtig sei gewesen, einerseits weder werblich, andererseits aber auch nicht investigativ sein zu wollen. Arg werblich etwa war vor rund sechs Jahren die eigene Webserie "Die Rekruten" unterwegs, sie hatte auch hauptsächlich zum Ziel, junge Menschen für die Arbeit bei der Truppe zu begeistern. Vielmehr sei man bei "Unsere Bundeswehr", sagt Rasmus, "mit der gleichen Objektivität wie bei allen anderen Themen" herangegangen und habe das Geschehen dokumentarisch begleitet. Problematische Themen spare "Unsere Bundeswehr" zudem nicht gänzlich aus, wie Franke verrät. "Die Doku-Reihe wird auch zeigen, dass die Bundeswehr mit dem Wegfall der Wehrpflicht ein großes Personalthema hat. Wir haben viele Ausbildungen begleiten können, bei denen wir sehen konnten, wie wichtig der tägliche Drill ist. Tägliche Übungen für den Ernstfall, bei denen nicht immer alles glatt geht", berichtet sie.

Wie gelungen der Mix ist, lässt sich indes nicht beurteilen. Vorab gesehen werden konnte nur ein noch nicht fertiggeschnitter Dreiminüter, in dem sich Soldaten in den Schlamm werfen, während Musik im Hintergrund donnert oder Protagonisten recht nachdenklich über anstehende Einsätze fernab der Heimat sprechen. "Unsere Bundeswehr" ist eben ein TV-Projekt, bei dem man bis zum Ende nicht genau weiß, was auf einen zukommt. 

"Unsere Bundeswehr - Missionen, Menschen, Emotionen", donnerstags um 20:15 Uhr, Kabel Eins.