Von den Vorwürfen gegen Sabine Rossbach, Direktorin des Landesfunkhauses Hamburg, bleibt nach Abschluss der vom NDR in Auftrag gegebenen Prüfungen vor allem Kritik an ihrem Führungsstil und das dadurch verursachte Klima in der Redaktion übrig. Anfang der Woche hatte die Anti-Korruptionsbeauftragte bereits erklärt. sie habe "keinerlei Korruptionstatbestände durch Handeln oder Unterlassen der Direktorin" festgestellt, nun liegt auch das Ergebnis der internen journalistischen Aufarbeitung vor.

Hiermit waren mit Siv Stippekohl (multimediale Kulturchefin im Landesfunkhaus Mecklenburg-Vorpommern) und Eckhardt Reimann (stellvertretender Redaktionsleiter „Hallo Niedersachsen“ im Landesfunkhaus Niedersachsen) zwei Beschäftigte des NDR beauftragt worden, die nicht fürs Landesfunkhaus Hamburg arbeiteten und die unabhängig von Weisungen der NDR-Führung unter anderem Gespräche mit mehr als 70 aktuellen und ehemaligen Mitarbieterinnen und Mitarbeitern, sichteten Unterlagen und Korrespondenzen.

Dabei fanden sie demnach keine Belege für einen unzulässigen Eingriff in das Programm des NDR-Landesfunkhauses Hamburg. "Weder gibt es belastbare Belege dafür, dass Sabine Rossbach ihre NDR Tätigkeit dazu genutzt hat, der PR-Agentur ihrer Tochter in unzulässiger Weise Vorteile durch Berichterstattung des Landesfunkhauses Hamburg zu verschaffen. Noch ist eine unzulässige Vergabe von Auftragsproduktionen zur Erlangung eines persönlichen Vorteils belegbar", zitiert der NDR.

Gleichwohl bilanzieren sie aber auch einen durch den Führungs- und Kommunikationsstil bedingten Vertrauensverlust und Versäumnisse in punkto Transparenz. So hätte der Anschein einer möglichen Begünstigung durch Klarheit vermieden werden können, heißt es im Bericht. Stippekohl und Reimann sagen: "Aus unserer Sicht fehlte es an einer offenen Diskussionskultur. Für unabhängige, freie und ausgewogene Berichterstattung sind Diskussionen über Themen und Programmgestaltung jedoch wesentlich. Im NDR-Landesfunkhaus Hamburg war die journalistische Arbeit durch mangelndes Vertrauen beeinträchtigt. Es ist sehr gut, dass bereits ein Prozess begonnen hat, der die Verbesserung der Redaktionsklimas zum Ziel hat."

Sabine Rossbach hatte schon vor längerem angekündigt, wegen des offensichtlich fehlenden Vertrauens zwischen ihr und der Redaktion den Weg für einen Neuanfang freizumachen und ihr Amt zum 1. April 2023 zur Verfügung zu stellen. Nach einer Freistellung wird sie den NDR dann zum 31. Oktober 2023 zwei Jahre früher als ursprünglich geplant verlassen. Dieser Vereinbarung muss der NDR-Verwaltungsrat allerdings noch zustimmen.

"Im Landesfunkhaus Hamburg gab es offensichtlich einen Führungsstil, der nicht von Respekt, Vertrauen und wertschätzendem Umgang geprägt war. In jeder Redaktion braucht es Offenheit und Transparenz, um gar nicht erst den Verdacht unzulässiger Eingriffe aufkommen zu lassen. Insofern ist ein Neuanfang im Landesfunkhaus Hamburg geboten", sagt NDR-Intendant Joachim Knuth.

Zu ähnlichen Ergebnissen wie nun in Hamburg war man auch bei der Aufarbeitung der Vorwürfe gegen die redaktionelle Führung des NDR in Schleswig-Hosltein gekommen: Dort hatte man - ungeachtet manch fragwürdiger Entscheidungen - keine Belege für einen "journalistischen Filter" oder die grundsätzliche Verletzung journalistischer Prinzipien gefunden, aber ebenfalls ein gestörtes Redaktionsklima, in dem es offenbar Misstrauen, fehlende Kommunikation und Angst gebe, konstatiert.

Es scheint also ganz so als würden beim NDR grundsätzliche Probleme herrschen, weshalb Intendant Knuth nun auch eine "Klimaanalyse" angekündigt hat: Der Theologe Stephan Reimers soll mit einem Team aus Expertinnen und Experten im Herbst in Gesprächen mit Beschäftigten im gesamten NDR herausfinden, wo es hakt. Auf Basis dieses Berichts, der im 1. Quartal 2023 vorgelegt werden und ein "klares Bild von der Gesamtsituation" zeichnen soll, wolle man dann einen "Kulturwandel" einleiten.

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