Die Vorwürfe gegen die Führung des NDR-Landesfunkhauses Schleswig-Holstein in Kiel waren schwerwiegend, von einem "politischen Filter" war unter anderem die Rede. Nachdem schon eine interne Aufarbeitung keine Belege für diese Vorwürfe fand, ergab nun auch die forensische Untersuchung der vom Landesrundfunkrat dafür eigens angeheuerten Firma Deloitte ein ähnliches Bild.

Man habe "keine Hinweise auf systematische oder bewusste Verstöße gegen die Programmgrundsätze des NDR" gefunden, heißt es in dem Bericht. Es werde "nach journalistischen Kriterien gearbeitet und in Summe ausgewogen berichtet", fasst die Landesrundfunkrats-Vorsitzende Laura Pooth die Ergebnisse zusammen. "Es wurden jedoch Schwachstellen festgestellt, darunter die Nichteinhaltung korrekter und transparenter Beschwerdewege", so Pooth.

Dass in mehreren Fällen trotzdem der Anschein entstanden sein könnte, dass Programmgrundsätze missachtet worden seien, sieht Deloitte unter anderem in mangelhafter interner Kommunikation, Fehlern im Programmablauf, unklare Rollen und Funktionen, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten sowie mangelnder Sensibilität im Hinblick auf die Tragweite und den politischen Kontext von Beschwerden begründet.

Nimmt man beispielsweise den Fall der Absage eines Interviews mit dem gerade entlassenen schleswig-holsteinischen Innenministers, dann geht das laut der Analyse von Deloitte nicht auf den Eingriff einer Führungskraft zurück. Vielmehr sei die Entscheidung in der morgendlichen Redaktionssitzung in größerem Kreis diskutiert und auch "professionell sachlich begründet" worden. Zum Problem wurde es aber, weil sich später eine weitere Führungskraft einschaltete und eine Absage in einer Mail an einen Journalisten fachlich nicht fundiert begründete - nämlich mit dem Verweis auf die getroffene Entscheidung in der Redaktionssitzung.

Fragwürdig war auch das Verhalten der involvierten Führungskraft bei der DRK-Berichterstattung. Mit der Übernahme der Kommunikation mit dem DRK habe sie in die publizistische Verantwortung des Rechercheteams eingegriffen udn damit "Anlass für Frust und Missverständnisse" gegeben. Und mit dem Hinweis auf die persönliche Beziehung zwischen der ehemaligen Vorsitzenden des Landesrundfunkrates und der DRK-Präsidenting auch noch den Verdacht der politischen Rücksichtnahme gefördert - auch wenn Deloitte für eine tatsächliche politische Rücksichtnahme nicht feststellen konnte. Die Vorgehensweise könnte aber als "nicht professionell-sachlich begründeter Eingriff in die Autorenbeiträge im Sinne des Redaktionsstatuts" gesehen werden.

Die Landesrundfunkratsvorsitzende Laura Pooth forderte vom NDR, im Fall der aufgezeigten Schwachstellen "schnell Abhilfe zu schaffen - auch zum Selbstschutz der Journalisten". Schließlich müsse schon der Anschein von Parteilichkeit vermieden werden, sodass keine Zweifel an der Unabhängigkeit der Berichterstattung aufkommen. Beschwerden von außen müssten transparent dokumentiert und den zuständigen Stellen zugeleitet werden. Zugleich gelte es, die internen Wege zur journalistischen Konfliktbeilegung stärker zu nutzen. Nach Einschätzung des Landesrundfunkrates hätten die Gutachter ein unklares Rollenverständnis einzelner Führungskräfte und eine unzureichende Sensibilisierung einiger Mitarbeiter für politische Compliance-Fragen offengelegt.

NDR-Intendant Joachim Knuth kommentiert den Bericht mit den Worten: "Die gute Nachricht ist: Der Vorwurf einer systematischen politischen Einflussnahme hat sich nicht bestätigt, die Berichterstattung ist laut der Prüfung ausgewogen. Die Norddeutschen können sich darauf verlassen, dass im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein unabhängig und nach nachvollziehbaren journalistischen Kriterien gearbeitet wird. Gleichzeitig zeigt die differenzierte Prüfung, dass wir sensibler mit Programmkonflikten umgehen und bestehende Regeln noch klarer handhaben und kommunizieren müssen. Offenheit ist an dieser Stelle der wirksamste Schutz, um Verdachtsmomente erst gar nicht aufkommen zu lassen."

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