Kaum mehr als zwei Jahre ist es her, dass in Köln ein neues Medienhaus entstand. Sein Name - Deutsche Produktionsunion - ließ Großes erwarten. Und tatsächlich startete die Produktionsfirma mit einigen Ambitionen. Für Wachstum sollten bekannte Namen sorgen - vor der Kamera, aber auch dahinter. So fungierte eine Holding der Firmengruppe HPR als Mehrheitseigentümer und mit Lodge of Levity, der gemeinsamen Firma von Jens Bujar und Florian Wieder, war ein weiterer starker Gesellschafter dabei.

Zur Geschäftsführung gehörte anfangs neben Alexander Isadi und Jürgen Hepp auch der frühere Sat.1-Unterhaltungschef Uwe Schlindwein. Letzterer war es, der vornehmlich die Inhalte verantworten und außerdem als Bindeglied zu den Partnern agieren sollte - zu denen von Beginn an Ralf Schmitz und Jenke von Wilmsdorff gehörten, die nicht nur das gemeinsame Management durch HPR einte, sondern auch ihr damaliger TV-Wechsel von RTL Deutschland zu ProSiebenSat.1. Dass das Unterfangen schnell erste Risse bekam, zeigte sich schon wenige Monate nach der Gründung, als Schlindwein ohne nähere Angaben von Gründen wieder von Bord ging.

Was seither im Detail passiert ist, darüber kann nur spekuliert werden. Doch seit diesem Donnerstag ist klar: Um die Zukunft der DPU ist es schlecht bestellt. Am Vormittag sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Produktionsfirma nach DWDL.de-Informationen darüber informiert worden, dass das Unternehmen am Dienstag beim Amtsgericht Köln Insolvenz anmelden musste - eine bittere Botschaft, erst recht zwei Tage vor Heiligabend. Erklärtes Ziel ist es jetzt, in den kommenden Wochen und Monaten möglichst einen neuen Investor zu finden, um den Weiterbetrieb zu sichern. 

Jenke von Wilmsdorff und Ralf Schmitz © ProSieben / Willi Weber / Sat.1 / Robert Recker Die DPU produzierte in den vergangenen beiden Jahren vor allem TV-Formate mit Jenke von Wilmsdorff und Ralf Schmitz.

"Die Bedingungen innerhalb des Marktes haben sich während der Corona-Pandemie verschärft und unser Unternehmen getroffen", erklärten die beiden Geschäftsführer Jürgen Hepp und Alexander Isadi am Donnerstag in einem gemeinsamen Statement gegenüber DWDL.de. "Auch der Ausbruch des Krieges in der Ukraine, hohe Personalkosten durch den Fachkräftemangel, Probleme bei der Materialbeschaffung, nötige Produktionsverschiebungen und steigende Energiekosten sind weitere Gründe, die zu nennen sind. Die konzernfreie Firma ist noch zu jung, um derartige Risiken abfedern zu können und es gibt keine Muttergesellschaft, die liquide Mittel nachschießen könnte."

Gerüchte über Schwierigkeiten der Deutschen Produktionsunion kursieren in der Branche schon länger. So gilt es als offenes Geheimnis, dass etwa Gesellschafter Jens Bujar schon lange nicht mehr am Unternehmenssitz in Köln-Mülheim gesehen wurde. Dazu kommt, dass Jan-Philip Senfft, der nach Schlindweins plötzlichem Abgang im vergangenen Jahr neben Hepp und Isadi an die Spitze rückte, schon seit Ende September nicht mehr der Geschäftsführung angehört, wie dem Handelsregister zu entnehmen ist.

Die hohen selbstgesteckten Ziele konnte die DPU auch wegen interner Turbulenzen bisher nicht erreichen. Bei der Gründung hieß es noch, die Deutsche Produktionsunion solle "ein innovatives Zuhause für hiesige Kreative, Künstler und kleinere bzw. mittelgroße Produzenten" werden und die Konzernunabhängigkeit wurde als "ein Zeichen gegen den Trend der aktuellen Konsolidierung des Produzentenmarktes" gewertet. Dass die DPU dadurch aber, anders als die großen Konkurrenten, auf keinen Formatkatalog zurückgreifen konnte, könnte in der Rückschau eines der Probleme gewesen sein. Ein anderes, dass es neben Schmitz und Wilmsdorff schlicht nicht gelang, weitere namhafte Künstlerinnen und Künstler an sich zu binden.

 

"Dieser Schritt bedeutet für uns keineswegs das Ende."
Jürgen Hepp und Alexander Isadi, Geschäftsführer der DPU

 

Und doch überrascht die Insolvenz - auch, weil es eine vergleichbare Pleite auf dem deutschen Produzentenmarkt seit Jahren nicht gegeben hat. Langfristige Verträge mit ProSiebenSat.1 für Formate mit Ralf Schmitz und Jenke von Wilmsdorff hätten unter normalen Umständen Planungssicherheit bedeutet und zahlreiche Eigenentwicklungen sind ein Beleg für die gute kreative Arbeit. Doch während die Unterhaltungssparte rund um Schmitz nach DWDL.de-Informationen profitabel war, tat sich die Factual-Sparte offenbar schwer. Ob Wilmsdorffs im kommenden Jahr auslaufender ProSieben-Vertrag verlängert wird, steht in den Sternen, auch wenn wohl noch eine dritte Staffel von "Jenke. Crime." folgen soll.

Wenig hilfreich war zudem, dass abseits der Schmitz- und Wilmsdorff-Sendungen sowie eines Polizei-Formats für den SWR bislang kein DPU-Projekt in Serie ging und sich das Unternehmen bei der Umsetzung manch anderer Idee offensichtlich verzettelte. Die Voraussetzungen für eine Rettung der Schieflage geratenen Produktionsunion könnten gewiss besser sein. Doch Jürgen Hepp und Alexander Isadi geben sich kämpferisch: "Dieser Schritt bedeutet für uns keineswegs das Ende", sagten die beiden Geschäftsführer zu DWDL.de. "Wir sind und bleiben funktionsfähig und können weiter produzieren. Jetzt ist erstmal konsequente Sanierung angesagt."

Und doch bleibt zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar, wie genau es weitergeht, denn einen schnellen Neustart mit frischem Geld zu ermöglichen, dürfte mit Blick auf das derzeitig schwierige Marktumfeld mindestens eine Herkulesaufgabe werden. Was bleibt, sind also zunächst viele offene Fragen - auch innerhalb der Belegschaft, für die die Insolvenz-Nachricht so kurz vor Weihnachten eine unschöne Bescherung bedeutet.