Die deutsche Medienlandschaft diskutiert an diesem Donnerstag vor allem ein Thema: Die von der "Zeit" veröffentlichten Aussagen des Springer-Chefs Mathias Döpfner. In privaten Nachrichten von Döpfner wird dessen Weltsicht und sein Wunsch nach Einfluss auf die Politik mehr als deutlich. Im Intranet von Axel Springer hat sich Döpfner nun zu dem Bericht und seinen Aussagen geäußert - zuerst hat das Fachportal "Medieninsider" (€) darüber berichtet.

Über seinen Satz "Die ossis sind entweder Kommunisten oder faschisten. Dazwischen tun sie es nicht. Eklig." schreibt Döpfner im Intranet, er habe keine Vorurteile gegen Menschen aus dem Osten. "Aber ich bin seit Jahrzehnten enttäuscht und besorgt, dass nicht wenige Wähler in den neuen Bundesländern von ganz links nach ganz rechts geschwenkt sind. Der Erfolg der AFD beunruhigt mich." Auch seine Aussagen über Muslime ("fuck the intolerant muslims") relativiert er. Gegen Muslime habe er nichts. "Aber ich halte den Islamismus, also die terroristische Radikalisierung des Islams, für eine Bedrohung demokratischer Werte und unserer Sicherheit."

Und über Donald Trump sagt Döpfner, er sehe ihn kritisch und halte das Demokratieverständnis des ehemaligen US-Präsidenten für gefährlich. "Aber manche Entscheidungen oder Äußerungen zu China und NATO fand ich richtig. So kompliziert ist es manchmal." Diese Aussage ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil Döpfner in den von der "Zeit" geleakten Nachrichten davon sprach, Trump den Friedensnobelpreis zu verleihen. 

Dass Döpfner in der "Zeit" nun mit einer Nachricht zitiert wird, die daran zweifeln lässt, ob er an den von Menschen gemachten Klimawandel glaubt, ist ebenfalls ein Thema, das großen Niederschlag in vielen Medien fand. Der Springer-CEO sagt dazu: "Ich halte den Klimawandel für real und bedrohlich, aber nehme mir das Recht, mich trotzdem über manche Reaktionen auf dieses Thema lustig zu machen. Auch viele Politiker aller Parteien darf ich in direkten persönlichen Gesprächen mit Dritten polemisch kritisieren, so wie sie auch mich kritisieren dürfen. Aber das ist etwas anderes als ein Leitartikel."

Ziemlich heikel dürften für Döpfner vor allem Aussagen über die FDP sein, die er kurz vor der Bundestagswahl 2021 getätigt hat. Sechs Wochen vor der Wahl forderte er: "Kann man noch mehr für die FDP machen? Die sollten 16 Prozent mindestens kriegen." Und selbst zwei Tage vor der Wahl schrieb Döpfner an den damaligen "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt: "Please Stärke die FDP. Wenn die sehr stark sind können sie in Ampel so autoritär auftreten dass die platzt. Und dann Jamaika funktioniert." Jetzt bezeichnet er alle Chefredakteure bei Springer als "mündig und selbstbewusst". Döpfner: "Ich bin den Werten dieser Partei [FDP, Anm.] sehr nah. Aber unsere Journalistinnen und Journalisten lassen sich davon Gott sei Dank nicht beeinflussen. Am Ende entscheiden immer die Chefredakteure – oft im schärfsten Kontrast zu meiner persönlichen Meinung – was sie veröffentlichen, und sind dafür auch verantwortlich. Ich habe lange daran gearbeitet, dass in unserem Verlag nicht geschrieben wird, was ich für richtig halte."

Wie er tatsächlich denke, würden seine über vier Jahrzehnte publizierten Artikel zeigen, schreibt Döpfner jetzt intern. "Für jedes veröffentlichte Wort lasse ich mich in die Verantwortung nehmen. Aus dem Zusammenhang gerissene Text- und Gesprächsschnipsel können nicht als mein ‘wahres Denken’ dagegengesetzt werden." Es ist eine Strategie, die Döpfner schon einmal angewandt hat. Als 2021 Nachrichten öffentlich wurden, in denen Döpfner Deutschland mit der DDR verglich, räumte er die Aussagen ebenfalls ein, sprach aber gleichzeitig von einer "Grenzüberschreitung", dass private Aussagen nun als Zitat behandelt würden. "Wenn man in einer privaten Unterhaltung aus dem Zusammenhang gerissen etwas zitiert, unterschlägt man Polemik, Ironie, Übertreibung", so der Springer-CEO damals. 

Gut möglich, dass Döpfner mit seinen Rechtfertigungen wieder durchkommt und an der Spitze von Springer bleiben wird. Weil er selbst Gesellschafter des Konzerns ist, wäre eine Abberufung gleich doppelt kompliziert für das Unternehmen. Rücktrittsforderungen gibt es nach den veröffentlichten Nachrichten jedenfalls einige. Eine davon kommt vom Ostbeauftragten der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD). "Herr Döpfner ist nach dieser Veröffentlichung an der Spitze eines Verlages mit dieser publizistischen Macht und mit Blick auf die wichtige Rolle der Medien für unsere Demokratie endgültig nicht mehr tragbar", sagte Schneider gegenüber "t-online".