Ulrike Demmer © IMAGO / epd Ulrike Demmer
Wie viel sollten die Intendantinnen und Intendanten der verschiedenen ARD-Anstalten verdienen? Diese oft emotional geführte Debatte treibt viele Menschen in der Gesellschaft seit Jahren um. In der vergangenen Woche wurde die Diskussion im Rahmen der RBB-Wahl sehr öffentlich. Der neue Verwaltungsrat und vor allem dessen Vorsitzender Benjamin Ehlers wollen ein Zeichen setzen und das künftige Gehalt der RBB-Spitze deutlich senken. Ulrike Demmer soll nach DWDL.de-Informationen das nach jetzigem Stand niedrigste aller ARD-Intendantengehälter erhalten. 

Bislang zahlt der Saarländische Rundfunk ARD-weit am wenigsten an seinen Intendanten, Martin Grasmück erhält etwas weniger als 250.000 Euro. Wie hoch die Summe beim RBB künftig sein soll, ist nicht klar. Sie soll sich aber irgendwo zwischen 200.000 und 240.000 Euro bewegen. Einige Medien haben sogar eine Summe in Höhe von 180.000 Euro ins Spiel gebracht. Interims-Intendantin Katrin Vernau erhält aktuell rund 295.000 Euro pro Jahr, Patricia Schlesinger lag davor noch bei fast 340.000. Insgesamt macht der RBB beim Intendantinnengehalt also einen großen Schritt nach unten - egal wie hoch es letztlich genau ausfallen wird. Das war auch einer der Gründe, wieso Jan Weyrauch letztlich seine Bewerbung um den Spitzenposten beim Sender zurückzog. 

Doch auch in den anderen ARD-Anstalten wird das Thema der Spitzengehälter diskutiert. DWDL.de hat sich bei allen Verwaltungsräten umgehört und um einen aktuellen Stand gebeten. Gibt es Pläne, das Gehalt der Intendanten weiter zu senken? Oder zumindest Gespräche darüber? Und wie sehen die jeweiligen Vorsitzenden der Gremien die Debatte persönlich? 

Macht es der SR dem RBB gleich? 

Martin Grasmück © SR/Pasquale d´Angiollilo Martin Grasmück
Ganz akut ist die Situation beim Saarländischen Rundfunk (SR) - also dort, wo bislang schon am wenigsten gezahlt wurde. So sollen künftige Intendantinnen oder Intendanten des Senders maximal 180.000 Euro erhalten - so will es jedenfalls die Politik (DWDL.de berichtete). Das wäre noch einmal ein gutes Stück weniger als der aktuelle Chef Martin Grasmück erhält. Michael Burkert, Vorsitzender des Verwaltungsrates des Saarländischen Rundfunks, verweist auf die Tatsache, dass Grasmück bereits weniger verdiene als sein Vorgänger im Amt, Thomas Kleist. Burkert sagt, man würde den vorliegenden Diskussionsentwurf der Politik aktuell besprechen. "Persönlich teile ich die Vorschläge des Entwurfs der saarländischen Staatskanzlei. Angesichts der vielfältigen Akzeptanz- und Legitimationsfragestellungen des beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat auch die Vergütung des Führungspersonals eine nicht zu unterschätzende Bedeutung, auch unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit", sagt der SR-Verwaltungsratschef gegenüber DWDL.de. 

Radio Bremen: Gehälter "zweifellos hoch"

Spannend ist die Situation auch bei Radio Bremen, also dem Arbeitgeber von Jan Weyrauch. Dort verdient der Programmdirektor aktuell so gut, dass er bei einem Wechsel zum RBB möglicherweise sogar Gehaltseinbußen in Kauf hätte nehmen müssen - je nach dem wie hoch das Gehalt für die künftige RBB-Spitze tatsächlich aussieht. Klar ist aber in jedem Fall: Ein großer Gehaltssprung wäre für Weyrauch in Berlin nicht drin gewesen. 

Günther Dey, Vorsitzender des Verwaltungsrats von Radio Bremen, sagt gegenüber DWDL.de, dass bei der vorletzten Sitzung des Verwaltungsrats eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden sei, die sich in "aller gebotenen Sorgfalt mit der Angemessenheit der Entgelte der Angestellten befasst, deren Entgelt zwischen dem der höchsten Tarifvertragsstufe und dem des Direktoriums liegt". Dey sagt, alle bislang geschlossenen Verträge seien nach Auffassung des Gremiums "stets den spezifischen Anforderungen die die Stelle angemessen" gewesen. Angemessen der Größe liege Radio Bremen bei den Vergütungen "eher im unteren Bereich". 

Yvette Gerner © Radio Bremen/Andreas Weiss Yvette Gerner
Die Gehälter auf Intendanzebene bezeichnet der Verwaltungsratschef von Radio Bremen als "zweifellos hoch". Ob sie zu hoch sind, sei jedoch eine Frage der Vergleiche. "Objektivere Maßstäbe als die meisten, die derzeit recht parteilich in der Diskussion stehen, sollten möglichst ARD-weit bzw. für alle öffentlich-rechtlichen Anstalten und zur gemeinsamen Anwendung bestimmt werden." Dass sich alle Verwaltungsräte auf eine Neuordnung der Gehaltsstrukturen der jeweiligen Intendanzen einigen, kann man wohl ausschließen - es würde jedenfalls einen großen Abstimmungsbedarf zwischen den Gremien bedeuten. Intendantin Yvette Gerner erhält aktuell 281.000 Euro pro Jahr. Dey verweist auf die Tatsache, dass nach möglichen Anpassungen auf Intendanzebene auch die Gehälter in den Bereichen darunter sinken müssten. "Im Hinblick auf die unumgängliche Vertragstreue wären beide Anpassungsvorhaben ein längerer Prozess, der zweite überdies umfangreich und kompliziert."

HR-Verwaltungsrat begrüßt Debatte

Florian Hager © HR/Ben Knabe Florian Hager
Kristin Gesang, stellvertretende Vorsitzende des Verwaltungsrats des Hessischen Rundfunks (HR), sagt im Gespräch mit DWDL.de, das Gremium würde die Debatte rund um die Gehälter begrüßen. "Unsere Aufgabe als Verwaltungsrat ist es, auf den wirtschaftlichen und sparsamen Umgang mit den Rundfunkbeiträgen der Bürgerinnen und Bürger zu achten. Grundsätzlich vertritt der Verwaltungsrat die Position, dass der [...] Spardruck alle Bereiche des hr umfassen muss, das heißt auch die Bereiche Führung und Management." Berücksichtigt werden müsse aber die Tatsache, dass Größe, Reichweite, Standorte, Sendegebiete, Mitarbeiterschaft und finanzielle Ausstattung von ARD-Anstalt zu ARD-Anstalt unterschiedlich sei. Aktuell stelle sich das Thema aber nicht akut, da HR-Intendant Florian Hager sein Amt erst am 1. März 2022 angetreten habe. 

Im HR ist in Sachen Intendantengehalt aber auch schon etwas passiert. Hager verdient aktuell nach eigenen Angaben rund 255.000 Euro - deutlich weniger als sein Vorgänger Manfred Krupp, dessen Grundgehalt im Jahr 2021 noch bei 305.000 Euro lag. Kristin Gesang spricht daher von einem "Vertrag mit moderaten Konditionen", den man mit Hager abgeschlossen habe. Gesang: "Die Bezüge von Herrn Hager liegen deutlich unter denen seines Vorgängers. Insoweit gibt es im Verwaltungsrat des hr derzeit keine diesbezüglichen Diskussionen um weitere zukünftige Kürzungen." Zuletzt wurde bekannt, dass Florian Hager auf sämtliche Gehaltssteigerungen verzichtet, die ihm im Jahr 2023 eigentlich zustehen würden - das begrüßt auch der Verwaltungsrat. 

SWR: Tendenz zeigt nach unten

Kai Gniffke © SWR/Patricia Neligan Kai Gniffke
Auch beim SWR wird sich der Verwaltungsrat bald mit der künftigen Gehaltshöhe des Intendanten beschäftigen müssen. Der aktuelle Vertrag mit Kai Gniffke läuft noch bis Ende August 2024, ob er noch einmal zur Wahl antritt, ist derzeit nicht bekannt. "Dass diese Frage [nach der Höhe des Gehalts, Anm.] zum gegebenen Zeitpunkt ein wichtiges Thema sein wird, ist selbstverständlich", sagt Hans-Albert Stechl, Vorsitzender des SWR-Verwaltungsrats, gegenüber DWDL.de. Und weiter: "Die Gehälter der IntendantInnen sind ohne Frage hoch, wobei ich immer dafür plädiere, die Gesamtbezüge, also zum Beispiel auch die Altersversorgung, insgesamt in den Blick zu nehmen. Der Blick nur auf das Gehalt ist mir etwas zu verengt. Dass hier in Zukunft die Tendenz nach unten geht, ist für mich klar." 

Bezugsgrößen für die künftige Höhe des Gehalts des SWR-Intendanten oder einer möglichen SWR-Intendantin seien laut Stechl andere öffentliche bzw. öffentlich-rechtliche Unternehmen, etwa auf kommunaler Ebene. "Dort wird zum Teil noch deutlich mehr bezahlt. Ferner können wir auch nicht völlig außer Acht lassen, was insgesamt im Medienbereich bezahlt wird, wenn wir hervorragendes Personal auch aus diesem Bereich für uns im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gewinnen möchten", so der SWR-Verwaltungsratschef. 

BR: Wildermuth verdient deutlich weniger als Wilhelm

Katja Wildermuth © BR/Markus Konvalin Katja Wildermuth
Beim BR gibt es aktuell keine Pläne oder Diskussionen, das Intendantinnengehalt zu senken. Das Gremium verweist aber auf die Tatsache, dass die aktuelle Intendantin Katja Wildermuth schon deutlich weniger verdiene als ihr Vorgänger Ulrich Wilhelm. Während die Jahresvergütung von Wildermuth bei 340.000 Euro liegt, erhielt Wilhelm 2020 noch rund 414.000 Euro. "Als Verwaltungsrat sind wir in der Pflicht, Exzellenz und Wirtschaftlichkeit zusammenzubringen, ganz besonders für das Management des BR. Wenn wir in einem stark umkämpften Markt die Besten für die Führung des Hauses wollen, müssen wir dem in den Gehaltsverhandlungen Rechnung tragen", heißt es auf Anfrage von DWDL.de von dem Gremium. 

MDR: Verwaltungsrat verhandelt noch

Eine besondere Situation gibt es beim MDR. Dort wurde Ralf Ludwig bereits als Nachfolger von Karola Wille gewählt, sein Amt tritt er aber erst zum 1. November an. Schon im Vorfeld seiner Wahl gab es Diskussionen um die genaue Ausgestaltung seines Vertrags, der MDR-Personalrat warf Ludwig vor, dass der seine aktuellen Zusatzkonditionen mit in den neuen Vertrag nehmen wolle - darunter auch umstrittene Ruhegeldzahlungen. "Wir erwarten, dass die Ruhegehaltsregelung beim Abschluss des neuen Intendanten-Dienstvertrages nicht fortgeführt wird", hieß es vom Personalrat. 

Ralf Ludwig © MDR/ Kirsten Nijhof Ralf Ludwig
Einen Status Quo zur genauen Vertragsgestaltung gibt es aktuell nicht. Die Vorsitzende des MDR-Verwaltungsrats, Birgit Diezel, sagt gegenüber DWDL.de, sowohl das Gremium als auch der künftige Intendant seien sich ihrer Verantwortung bei der Vertragsgestaltung bewusst. Und weiter: "Der Verwaltungsrat berücksichtigt im Sinne der Allgemeinheit in seinen sorgfältigen Abwägungen zur Angemessenheit verschiedenste Aspekte, die sowohl der weitreichenden Verantwortung des Amtes gerecht werden, als auch auf eine nachhaltige und wirtschaftliche Unternehmensentwicklung hin ausgerichtet sind." Weil der Amtsantritt von Ludwig am 1. November sein wird, und offenbar auch weil man noch keine endgültige Lösung gefunden hat, will die Verwaltungsratschefin aber keine genauen Angaben zu den Vertragsdetails machen. Man achte bei der Vergütung aber auch auf Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, so Diezel. 

Was machen NDR und WDR? 

Die NDR-Verwaltungsratsvorsitzende Karola Schneider will sich auf Anfrage nicht äußern und verweist darauf, dass sie das Amt schon bald abgeben wird. Noch in dieser Woche wird sich der Verwaltungsrat des Senders neu konstituieren - im Zuge dessen wird dann auch ein neuer Vorsitzender bzw. eine neue Vorsitzende gewählt. Er oder sie wird sich perspektivisch wohl auch mit der Höhe der Intendantengehälter auseinandersetzen. Joachim Knuth verdient aktuell 346.000 Euro im Jahr, sein Vertrag läuft allerdings noch bis Anfang 2026.

Aus der Geschäftsstelle des WDR-Verwaltungsrats heißt es unterdessen, die Vorsitzende Claudia Schare könne sich erst im Laufe dieser Woche zum Thema äußern. Mit 413.000 Euro Grundgehalt jährlich ist Tom Buhrow aktuell der Spitzenverdiener unter den Intendantinnen und Intendanten der ARD. 

Update (20. Juni, 9:55 Uhr): Jetzt hat sich auch WDR-Verwaltungsratsvorsitzende Claudia Schare zum Thema geäußert. Sie sagt gegenüber DWDL.de, dass das Gremium aktuell über die Vergütung der Personen debattiert, die im Unternehmen außertariflich bezahlt werden. Das Thema werde vom Verwaltungsrat als "sehr wichtiges und zentrals Thema" erachtet. Man betrachte in den Gesprächen auch alle Bestandteile, neben des Gehalts also auch die Altersvorsorge und mögliche Nebenleistungen. Man habe auch bereits eine deutlich reduzierte Altersvorsorgeregelung für alle neu angestellten Menschen "angeregt", die außertariflich bezahlt werden - Tom Buhrow habe diese bereits umgesetzt. "Teil der weiterhin andauernden Beratungen ist selbstverständlich auch die Höhe der Gehälter, insbesondere die Gehälter der Geschäftsleitung (Direktorinnen und Direktoren) sowie das Gehalt für eine künftige Intendantin bzw. einen künftigen Intendanten", so Schare.

Beim Thema der außertariflichen Gehälter habe der Verwaltungsrat "diverse Informationen eingeholt" und bestimmte Fragestellungen auch mithilfe externer Expertise beleuchtet, so die Verwaltungsratchefin. Dabei handelt es sich unter anderem um die Struktur und Höhe der Vergütungen von Geschäftsleitungs- und Führungskräften in vergleichbaren öffentlichen sowie privatwirtschaftlichen Unternehmen. "Dieser Beratungsprozess dauert derzeit noch an", sagt Schare. Bei der Festlegung des Gehalts des künftigen Intendanten bzw. Intendantin müsse man "das Gewinnungsinteresse des WDR in Bezug auf bestmögliche Kandidaten oder Kandidatinnen gegen eine wirtschaftliche und sparsame Haushaltsführung" abwägen. Ziel der aktuellen Beratungen des Verwaltungsrats sei es, "Vergleichsmaßstäbe für diese Abwägung herauszuarbeiten".