Der RBB wird die im vergangenen Jahr begonnene Compliance-Untersuchung zur mutmaßlichen Miss- und Vetternwirtschaft im eigenen Sender unter Ex-Intendantin Patricia Schlesinger durch die externe Kanzlei Lutz|Abel nicht fortführen. Darauf haben sich der Verwaltungsrat des Unternehmens sowie die Compliance-Beauftragte des Senders am Dienstagabend verständigt, am Mittwoch ist Lutz|Abel darüber informiert worden. 

Benjamin Ehlers, Vorsitzender des RBB-Verwaltungsrates, sagt zur Entscheidung: "Die uns vorliegenden Unterlagen der Kanzlei halten wichtige Erkenntnisse fest. Angesichts der parallelen Untersuchungen von Landesrechnungshöfen, Staatsanwaltschaft und interner Revision, der inzwischen vergangenen Zeit, und der enormen Kosten halten wir eine Fortsetzung der Untersuchung jedoch für nicht vertretbar. Deshalb haben wir uns für die Beendigung des Vorgangs entschieden."

Die Untersuchung sollte eigentlich Licht ins Dunkle bringen, doch sorgte immer wieder für Verstimmung im Sender. Ursprünglich sollte es bereits Ende 2022 einen Abschlussbericht geben, danach wurde die Vorlage mehrfach verschoben. Weil es auch nichts wurde mit einer Abgabe des Berichts Ende April, hatte der Verwaltungsrat der Kanzlei zuletzt eine Frist bis Ende Juni gesetzt (DWDL.de berichtete). Die hat Lutz|Abel eingehalten und dem Verwaltungsrat eine Zusammenfassung der vorläufigen Ergebnisse vorgelegt. Bis einschließlich April dieses Jahres sind dem RBB Kosten in Höhe von 1,63 Millionen Euro entstanden - für Mai und Juni gibt es aktuell noch keine Rechnungen. 

Nach Angaben des RBB-Verwaltungsrats hat Lutz|Abel in den zurückliegenden Monaten insgesamt sieben Themengebiete untersucht, doch nur zwei davon bewertet die Kanzlei als "weitgehend ausermittelt". Für die anderen fünf, darunter der Komplex Digitales Medienhaus, empfahl die Kanzlei eigentlich eine weitere Sichtung von Unterlagen und Befragung von Personen, dazu wird es nun aber nicht mehr kommen - zumindest nicht durch Lutz|Abel.

Parallel zur externen Compliance-Untersuchung gab und gibt es zu den Vorgängen beim RBB auch Untersuchungen und Ermittlungen der Rechnungshöfe Berlin und Brandenburg, der Staatsanwaltschaft Berlin, und des parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Brandenburger Landtags. Der RBB untersucht Sachverhalte auch selbst. Anke Naujock-Simon, Compliance-Beauftragte des Senders, erklärt: "Wir gewinnen ein immer klareres Bild der Vorgänge im RBB unter der inzwischen entlassenen Geschäftsleitung. Dazu trägt auch die neu aufgestellte Revision des RBB bei. Die inzwischen eingesetzte Ombudsfrau im Sender ist eine weitere Anlaufstelle für Hinweisgeber, die zur Aufklärung beitragen wollen."

Dagmar Tille, stellvertretende Vorsitzende des RBB-Verwaltungsrates, sagt, dass die vollständige Aufklärung der Vorgänge für das Aufsichtsgremium in den kommenden Monaten ein "bestimmendes Thema" bleiben werde. Und weiter: "Offene Fragen zu klären, hat weiter höchste Priorität. Intendantin Vernau hat zuletzt gezeigt, was der Sender auch aus eigener Kraft zur Aufklärung beitragen kann. Den Umgang mit den nun noch von Lutz|Abel zu erwartenden Unterlagen werden wir dazu in unserer nächsten Sitzung wieder aufrufen." 

Bereits im Mai gab es auch um die Vergabe der Compliance-Untersuchung immer mehr Fragezeichen. So ist die Vergabe des Mandats im vergangenen Jahr freihändig und ohne Dokumentation erfolgt, das sei aufgrund von "Zeitdruck" passiert, erklärt sich die Pressestelle des RBB damals gegenüber einem hausinternen Rechercheteam. Der RBB räumte außerdem ein, dass man bei einem solchen Vergabeverfahren dazu angehalten sei, eine Auftragsvergabe nachvollziehbar zu dokumentieren. "Insofern hätte im betreffenden Fall ein Aktenvermerk gemacht werden müssen, weshalb eine freihändige Vergabe erfolgte, u.a. mit Verweis auf Dringlichkeit und Schätzung der Kosten unter dem Schwellenwert sowie der Begründung der Kompetenz der eingeschalteten Kanzlei". Weil das nicht erfolgt sei, sprach der RBB im Mai von einem "Verbesserungsbedarf im Verwaltungshandeln".