Als er im Januar 2015 seinen Dienst beim US-amerikanischen Streaming-Dienst Netflix aufnahm, war er der allererste deutsche Mitarbeiter im Content-Bereich für Europa. Da es neben ihm damals noch kein Programmteam auf dem europäischen Kontinent gab, musste Kai Finke zwischen seinem anfänglichen Dienstsitz Los Angeles und seinen Partnern im europäischen Markt pendeln. Für etliche deutschsprachige Produzenten und Rechteinhaber wurde der Norddeutsche zum geschätzten Verbindungsmann in die große weite Streaming-Welt.

Und das blieb ungewöhnlich lange so. Nicht allzu viele Führungskräfte können bei Netflix auf nahezu neun Jahre in verantwortlicher Position zurückschauen. Doch nun hat Finke sich entschieden, den Streamer zu verlassen und neue berufliche Wege zu gehen. Nach DWDL.de-Informationen wird er im September nicht aus seiner mehrmonatigen Elternzeit zu Netflix zurückkehren. Zuerst hatte der US-Branchendienst "Deadline" über die Personalie berichtet, freilich mit der nicht ganz korrekten Angabe, Finke habe Netflix schon "in den vergangenen Monaten" verlassen.

Sowohl Netflix als auch Finke selbst ließen eine DWDL.de-Anfrage am Donnerstag unbeantwortet. Der Abgang dürfte aber zumindest mittelbar mit der veränderten Führungsstruktur im Content-Bereich des Streamers zusammenhängen. Als Director Content, Licensing & Co-Productions saß Finke zuletzt noch immer in der EMEA-Zentrale in Amsterdam – anders als die meisten anderen deutschen Content-Verantwortlichen, die mittlerweile ins Berliner Netflix-Büro umgezogen sind. Während die jeweiligen Direktoren für lokal eigenproduzierte Serien, Filme, Non-Fiction oder eben Akquisitionen und Koproduktionen jahrelang an ihre internationalen Vorgesetzten der jeweiligen Sparte berichteten, hat Netflix Ende 2022 die Berichtslinien bei einem lokalen Vice President Content zusammengeführt – für Deutschland, Österreich und die Schweiz Katja Hofem.

Finke hatte seine Programmvertriebskarriere 2003 bei Telepool begonnen, ehe er 2010 als Manager Content Sourcing zu Vodafone wechselte und 2012/13 als Head of Content die letztlich am Bundeskartellamt gescheiterte Plattform "Germany's Gold" mit aufbaute. Nach seiner Rückkehr zu Telepool als Head of Business Development folgte schließlich der Sprung zu Netflix. Wohin es Finke jetzt zieht, ist noch nicht bekannt.

Marc van den Bosch-Mprah © Netflix
Neben Finke hat ein weiterer Mitarbeiter aus seiner Abteilung das Unternehmen verlassen: Marc van den Bosch-Mprah war seit September 2021 Manager im Content-Team mit Schwerpunkt Licensing und in der deutschsprachigen Produzentenlandschaft ebenfalls gut vernetzt. Zuletzt hatte er noch den Output-Deal mit der Constantin Film auf den Weg gebracht (DWDL.de berichtete) sowie gemeinsam mit HugoFilm und CH Media die erste Schweizer Netflix-Koproduktion entwickelt. Bosch-Mprah war aus dem Programmeinkauf von Super RTL zu Netflix gewechselt, vorherige Stationen waren Warner Bros., ViacomCBS und Discovery.