Am Ende könnte man in der ARD zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen; ein Umstand, der für Befürworter dieser Idee den besonderen Reiz ausmacht. Nach zuletzt bescheidenen Ergebnissen beim Eurovision Song Contest und entsprechend regelmäßiger öffentlicher Schelte, hält sich das strategische Interesse an einer weiteren Verantwortung für den deutschen ESC-Vorentscheid beim NDR in Hamburg offenbar in Grenzen. Gleichzeitig arbeitet die ARD bekanntlich an einer Bündelung von Kompetenzen, um inneralb der Arbeitsgemeinschaft Einsparpotentiale zu realisieren.

Nach Informationen des Medienmagazins DWDL.de wäre man beim NDR inzwischen bereit, die Verantwortung für den Eurovision Song Contest ab 2025 innerhalb der ARD abzugeben - und mit dem MDR ist für einige Beteiligte bereits ein möglicher Nachfolger gefunden. Ein MDR-Sprecher teilt am Dienstagabend zwar mit: „Dazu gibt es keinerlei Gespräche und das ist derzeit auch kein Thema für den MDR.“ Derzeit arbeitet aber schließlich auch noch der NDR am nächsten ESC-Vorentscheid für 2024.

Doch danach steht eine Rotation innerhalb der ARD zur Diskussion, denn auch wenn sich nach fast 30 Jahren Federführung des NDR kaum jemand mehr daran erinnern kann: Die Verantwortung für den deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest bzw. damals Grand Prix Eurovision de la Chanson wanderte früher schon gelegentlich von ARD-Anstalt zu ARD-Anstalt. Bis 1978 war der Hessische Rundfunk federführend, dann übernahm der Bayerische Rundfunk und 1992 schon einmal der MDR, der jedoch nur einmal 1992 auch einen Vorentscheid abhielt, danach dreimal nur per Fachjury den deutschen Act bestimmte.

Nach diesem glücklosen Vorgehen übernahm 1996 schließlich der NDR. Es folgten zunächst aufmerksamkeitsstarke Vorentscheide mit schrägen Beiträgen und Gewinnern wie Guildo Horn & die Orthopädischen Strümpfe im Jahr 1998 oder Stefan Raab im Jahr 2000. Nach Jahren der Ernüchterung kam es in Zusammenarbeit mit Stefan Raab und ProSieben durch „Unser Star für Oslo“ zur Wahl von Lena Meyer-Landrut und ihrem Sieg beim Eurovision Song Contest 2010. Ein Erfolg, der wie auch die Zusammenarbeit mit ProSieben, schon einige Jahre zurückliegt.

Auch in diesem Jahr wurde, wie nach jedem schlechten Abschneiden beim Eurovision Song Contest, unmittelbar danach erwartbar vom Boulevard und enttäuschten Fans über nötige Veränderungen debattiert. Doch eins ist in diesem Jahr anders: Beim NDR will sich nicht mehr jeder jährlich die öffentlichen Prügel für die Performance der deutschen Acts abholen. Praktisch kommt da die Absicht der ARD, Kompetenzen innerhalb der Arbeitsgemeinschaft zu bündeln und der MDR steuert seit Jahren bereits die erfolgreichen Musikshows von Florian Silbereisen für den Samstagabend im Ersten bei. 

Was sagt der NDR zu den in der Branche kursierenden Gedankenspielen aus ARD-Kreisen? Eine Sprecherin teilt am Dienstagabend auf Anfrage mit: „Der NDR bereitet derzeit das ESC-Auswahlverfahren für 2024 vor und wird in den nächsten Tagen erste Details dazu veröffentlichen. Damit ist der NDR auch 2024 für den deutschen Beitrag im ESC-Finale verantwortlich.“ Das stand angesichts der schon angelaufenen Vorbereitungen allerdings auch nicht in Frage.