„Ich habe jetzt über einhundert unterschiedliche Serienepisoden aus meiner Perspektive, meinem Erleben geschrieben. Meine alleinige Erzählstimme wurde mir langweilig“, sagt Autor und Showrunner Johannes Boss - und gründet eine eigene Produktionsfirma mit großen Ambitionen in der Nachwuchsförderung. Man merkt, dass da jemand Storytelling beherrscht: Das Framing dieser Neugründung in Zeiten weit verbreiteter Ernüchterung unter Fiction-Produzenten ist - mit dem Rückenwind einiger zuletzt gefeierter Projekte - alles außer bescheiden. 

Mit den Serien „jerks“ für Joyn, „Deadlines“ für ZDFneo und „Oh Hell“ für Magenta TV hat sich Johannes Boss einen Namen für junge unkonventionelle Stoffe gemacht und sammelte mehrfach Nominierungen beim Grimme-Preis, Deutschem Fernsehpreis und Deutschem Comedypreis ein. Auch an der RTL+-Serie "KVB - Keine besonderen Vorkommnisse hat Boss mitgeschrieben. Und 2022 gewann „Oh Hell“, dessen zweite Staffel am 21. März startet, den Deutschen Fernsehpreis als beste Comedyserie. 

Boss bleibt mit vjllage in der Beta Film-Familie 

Die Serie mit Mala Emde in der Hauptrolle entstand bei der von Moritz von der Groeben geführten good friends Filmproduktion, Teil von Jan Mojtos Beta Film. Und genau in dieser Konstellation geht Boss jetzt auch unter die Produzenten und gründet zusammen mit der good friends die neue Produktionsfirma vjllage, deren Geschäftsführung er übernimmt. „Bei vjllage schreibe und produziere ich gemeinsam mit Menschen, die eine eigene, vielleicht bisher überhörte Perspektive mitbringen“, so Johannes Boss.

Moritz von der Groeben ergänzt: „Johannes gehört zu den besten Autoren in Deutschland. Nach zwei Staffeln ‚Oh Hell‘, freue ich mich auf ein neues gemeinsames Kapitel. Zusammen wollen wir Serien und Filme abseits der bekannten erzählerischen Trampelpfade auf die Beine stellen und dabei Johannes sprudelnder Kreativität und seinem Gespür für Talente ein Zuhause geben.“

Entstehen sollen Filme und Serien „mit außergewöhnlicher Erzählweise und hoher produktioneller Qualität“. Ziel sei es, dabei „auch den Prozess des Entwickelns und Produzierens zu verändern. Ich glaube an Markterfolge gerade für nicht alltägliche Stoffe, wenn wir in Deutschland die Struktur für eine hochwertige Entwicklung schaffen. Innerhalb des Schaffensprozesses gibt es erstmal keine ‚schlechte Idee‘, manchmal wird sie brillant, wenn man sie nur spiegelt. Dafür muss sie aber benannt werden dürfen.“

 

"Im Entwickeln an sich steckt die Chance für eine Revolution"

 

Mit insgesamt fünf Stoffentwicklungsprojekten startet vjllage ins erste Jahr. Nähere Angaben dazu macht man nicht. Neben diesen Projekten bietet das neue Unternehmen auch Workshops für Autorinnen und Autoren an. „Am Anfang meiner Karriere stand kein langes Studium, sondern die Chance, ins Schreiben zu kommen. Ich will Autorinnen und Autoren den Raum geben und die Hilfestellung, um ins Machen zu kommen“, sagt Johannes Boss mit einem gewissen  Sendungsbewusstsein über die „Johannes Boss Storytelling Academy“.

Wenn Boss über die neue Unternehmung spricht, wird deutlich, was er als Showrunner und Autor mehrere originärer junger Serien auch schon umgesetzt hat: Freiraum schaffen für neue Erzählungen. Oder wie er selbst sagt: „Ob jetzt kolumbianisch, queer, deutsch-asiatisch, römisch-katholisch oder einfach nur angenehm weird. Dem Writers Room an sich, dem gemeinsamen Prozess des Schreibens, gilt neben der erzählerischen Qualität mein Augenmerk. Denn im Entwickeln an sich steckt die Chance für eine Revolution.“ Alles andere wäre wohl zu wenig.