Wie es für das finanziell angeschlagene Grimme-Institut mittel- bis langfristig weitergeht, ist noch immer noch geklärt. Nun hat man ungeachtet der vielen Schlagzeilen in eigener Sache dennoch erst einmal die Gewinnerinnen und Gewinner des prestigeträchtigen Grimme-Preises bekanntgegeben, es ist der 60. seiner Art. Insgesamt 14 Preise sowie drei Sonderauszeichnungen werden am 26. April im Marler Theater vergeben. Moderiert wird die Preisverleihung dann von Siham El-Maimouni ("ttt", "Die Sendung mit der Maus"), die in diesem Jahr mit der Spezial-Sendung "Marokko-Maus" ebenfalls zu den Preisträgern gehört. 

Wie in den Vorjahren auch dominierten in diesem Jahrgang die Öffentlich-Rechtlichen. Während es 2023 mit Vox und Netflix immerhin noch zwei private Anbieter gab, die einen Grimme-Preis mit nach Hause nehmen durften, hält Disney+ die Fahne für die Privaten 2024 ganz alleine hoch. Der Streamingdienst erhält in der Kategorie Fiktion einen Grimme-Preis für die Big-Window-Serie "Sam - Ein Sachse". Außerdem kann man sich über einen Spezialpreis für für die Ensembleleistung der drei Hauptdarstellerinnen von "Die drei !!!" freuen. 

In der Fiktion wurde darüber hinaus auch "Tamara" (Jost Hering Filme für ZDF/ZDF – Das kleine Fernsehspiel) sowie die Gaumont-Produktion "Nichts, was uns passiert" (WDR) ausgezeichnet. Letztere erhielt auch einen Preis der Studierendenjury. Von der Grimme-Jury wurde der Film als "überaus wertvoller Beitrag zur Me-Too-Debatte" gelobt. Leer in der Fiktion ausgegangen ist dagegen Warner, das mit "Boom Boom Bruno" und "German Genius" doppelt nominiert war. 

In der Kategorie Unterhaltung gab es mit "Bosetti Late Night" (Turbokultur für ZDF/3sat) nur einen regulären Grimme-Preis. Das ist nur folgerichtig, schon die Nominierungskommission hatte ihr entsprechendes Kontingent hier nicht einmal zur Hälfte ausgeschöpft. Die Moderatorin der ZDF-Show schaffe es, klassische Late-Night-Konzepte so sehr zu sprengen, "dass ihre Show binnen kürzester Zeit eine ganz eigene Dynamik entfaltet hat, die sie im deutschen Fernsehen unverwechselbar macht", lobt die Jury aber immerhin in diesem Fall. 

Die Pilotfolge der Talkshow "Der letzte Drink mit Anna Dushime" (Steinberger Silberstein für rbb) hat bei der Jury ebenfalls überzeugt, Moderatorin Anna Dushime wird dafür mit einem Grimme-Spezial ausgezeichnet. In der Unterhaltung gab es zwei Möglichkeiten für private Anbieter, konkret für RTL bzw. RTL+, einen Preis abzuräumen. Doch sowohl "Die Verräter" als auch "Prison Tapes" gingen leer aus. Auch mit der in der Kategorie Kinder & Jugend nominierten "Pumuckl"-Neuauflage ging RTL letztlich leer aus. 

Im Wettbewerb Information und Kultur wurde unter anderem der Dokumentarfilm "Drei Frauen – Ein Krieg" (Eikon Media/SD Cinematografica für RBB/WDR/Arte) über drei Kriegsreporterinnen ausgezeichnet. Diese Produktion erhielt zudem auch den Publikumspreis der Marler Gruppe. "Einzeltäter" (Corso Film für ZDF/ZDF – Das kleine Fernsehspiel) über rechtsextremistisch motivierte Anschläge in Deutschland, "Ukraine - Kriegstagebuch einer Kinderärztin" (Docdays Productions für RBB/Arte), in der Carl Gierstorfer die Ärztin Vira  in der westukrainische Stadt Lwiw nach Kriegsausbruch begleitete, sowie "Songs of Gastarbeiter – Liebe, D-Mark und Tod" (Film Five/filmfaust für WDR/RBB/Arte) über deutsch-türkische Migrantinnen und Migranten samt ihrer Musik-Wurzeln, waren der Jury ebenfalls einen Grimme-Preis wert. 

Außerdem ist Katharina Willinger, Leiterin des ARD-Studios in Istanbul, für ihre Berichterstattung aus der Türkei und dem Iran mit einem Grimme-Preis für die Besondere Journalistische Leistung ausgezeichnet worden. "Guter Auslandsjournalismus ist auch dann da, wenn die meisten Kameras weitergezogen sind und die Medienaufmerksamkeit längst wieder auf anderen Krisen liegt. Katharina Willinger erfüllt genau da", lobt die Jury. 

Die Besondere Ehrung des Preisstifters, das ist der Deutsche Volkshochschul-Verband (DVV), geht im Jahr 2024 an das Team von "heute – in Europa". Seit 25 Jahren informiert das werktägliche Nachrichtenmagazin mit dem Schwerpunkt auf Deutschlands Nachbarländer, zeigt Hintergründe auf und fängt Stimmen von Europäerinnen und Europäern ein. "Heute in Europa hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit dem Standard des guten Journalismus Nachrichten rund um Europa aufzubereiten, damit sich Menschen eine Meinung bilden und mitreden können", so DVV-Präsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer. "Die Moderator*innen schaffen es stets, komplizierte Sachverhalte kurz und knapp herunterzubrechen und Brücken zu unseren europäischen Nachbarn zu schlagen", heißt es weiter in der Preisbegründung des DVV. 

"Seit 60 Jahren werden mit dem Grimme-Preis herausragende und vorbildliche Qualitätsproduktionen ausgezeichnet. Auch in diesem Jubiläumsjahr zeigen unsere Preisträger*innen, was das Fernsehen in seiner Vielfalt für unterschiedlichste Zielgruppen und auf diversen Plattformen leisten kann", sagt Grimme-Direktorin Dr. Frauke Gerlach, für die es die letzte Preisverleihung gewesen sein wird. Sie hört als Direktorin des Grimme-Instituts schon in wenigen Wochen auf (DWDL.de berichtete). "Der Grimme-Preis bietet als unabhängiger Qualitätswettbewerb kontinuierlich Orientierung und liefert einen wesentlichen Beitrag in der deutschen Medienbranche, indem beispielhaften Produktionen in Form und Inhalt eine gebührende Bühne geboten wird."

Alle Preisträgerinnen und Preisträger im Überblick

Wettbewerb Fiktion

Julia C. Kaiser (Buch/Regie)
Emma Nova (Darstellung)

für Nichts, was uns passiert (Gaumont für WDR)

Tyron Ricketts (Creator)
Jörg Winger (Creator)
Christoph Silber (Creator)
Soleen Yusef (Regie)
Sarah Blaßkiewitz (Regie)
Malick Bauer (Darstellung)

für Sam – Ein Sachse (Big Window Productions/Panthertainment für Disney+)

Jonas Ludwig Walter (Buch/Regie)
Linda Pöppel (Darstellung)
Lina Wendel (Darstellung)

für Tamara (Jost Hering Filme für ZDF/ZDF – Das kleine Fernsehspiel)

Grimme-Preis Spezial

Mark Lorei (Idee/Regie)
Charlotte Krafft (Buch)
Cécil Joyce Röski (Buch)
Lotte Ruf (Produktion)
Milena Straube (Darstellung)

für die experimentierfreudige Verknüpfung von Historie, Pop und Politik in „Haus
Kummerveldt“ (Goldstoff Filme/Outside The Club/Filmwerkstatt Münster für
WDR/ZDF/ARTE)

Wettbewerb Information & Kultur

Luzia Schmid (Buch/Regie)
Yana Höhnerbach (Montage)

für Drei Frauen – Ein Krieg (EIKON Media/SD Cinematografica für rbb/WDR/ARTE )

Julian Vogel (Buch/Regie)

für Einzeltäter (CORSO Film für ZDF/ZDF – Das kleine Fernsehspiel)

Cem Kaya (Buch/Regie)

für Songs of Gastarbeiter – Liebe, D-Mark und Tod (Film Five/filmfaust für WDR/rbb/ARTE)

Carl Gierstorfer (Buch/Regie)
Ronald Rist (Montage)

für Ukraine – Kriegstagebuch einer Kinderärztin (DOCDAYS Productions für rbb/ARTE)

Grimme-Preis für die Besondere Journalistische Leistung 

Katharina Willinger für ihre Berichterstattung aus der Türkei und dem Iran (ARD-Studio Istanbul/BR)

Wettbewerb Unterhaltung

Sarah Bosetti (Buch/Moderation)

für Bosetti Late Night (Turbokultur für ZDF/3sat)

Grimme-Preis Spezial

Anna Dushime (Host) für ihre Gesprächsführung in „Der letzte Drink mit Anna Dushime“ (Steinberger Silberstein für rbb)

Wettbewerb Kinder & Jugend

Siham El-Maimouni (Moderation)
Birgit Quastenberg (Buch/Regie)

für Die Sendung mit der Maus-Spezial – Marokko-Maus (WDR)

Andrej Filatow (Creator)
Zino Gleich (Produktion/Redaktion)
Justin Koenders (Grafik Design)

für HYPECULTURE: Straßenslang || Wie Rap Deutschland verändert (BANK für funk)

Grimme-Preis Spezial

Bella Bading (Darstellung)
Purnima Grätz (Darstellung)
Lilith Johna (Darstellung)

für die Ensembleleistung der drei Hauptdarstellerinnen von „Die drei !!!" (Westside Filmproduktion für Disney+)

Publikumspreis der Marler Gruppe

Luzia Schmid (Buch/Regie)
Yana Höhnerbach (Montage)

für Drei Frauen – Ein Krieg (EIKON Media/SD Cinematografica für rbb/WDR/ARTE)

Preis der Studierendenjury

Julia C. Kaiser (Buch/Regie)
Emma Nova (Darstellung)

für Nichts, was uns passiert (Gaumont für WDR)

Besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschul-Verbands

das Team von „heute – in Europa