Gerade erst haben wir im Rahmen unserer Sender-Bilanz-Reihe die Frage aufgeworfen, ob es bei ProSieben nicht womöglich zu einem Sitcom-Overkill kommt. Tagsüber bestreitet der Sender derzeit nämlich weite Strecken seines Programms mit amerikanischen Comedyserien - inzwischen wird mehr gelacht denn je. Doch noch sieht es nicht danach aus, als müsse man sich bei ProSieben um die Quoten sorgen. Im Gegenteil: Obwohl "Scrubs" & Co. in der höchstmöglichen Rotation laufen, hat sich das Publikum daran offenbar noch nicht sattgesehen.
Ganz im Gegenteil: Womöglich ist es viel mehr so, dass von vielen Zuschauer gezielt nach Alternativen zu den gescripteten Formaten gesucht wird. Sendungen wie "Verdachtsfälle" und "Familien im Brennpunkt" sind zwar nach wie vor Garanten für Erfolg, doch RTL ist inzwischen bekanntermaßen von einstigen Höhenflügen am Nachmittag weit entfernt (Unterm Strich vom 23. Juni). Zuletzt rückte ProSieben dem Marktführer mit seinen Sitcoms zumindest beim jüngeren Publikum mächtig auf die Pelle. Die momentane Stärke der Comedyserien ist dabei längst keine Einbildung, wie die zurückliegenden Tage eindrucksvoll unter Beweis stellten.
"The Big Bang Theory" kam am Freitag auf bis 20,0 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe. Zum Vergleich RTL musste sich mit "Mitten im Leben" und "Verdachtsfälle" kurz vor dem Wochenende sogar mit jeweils als 16 Prozent begnügen. Beachtlich ist bei "Big Bang Theory" auch der Blick auf den Wochenschnitt: Die Serie verzeichnete zwischen Montag und Freitag im Schnitt starke 17,2 Prozent Markanteil in der Zielgruppe. Man muss schon mehr als ein Jahr zurückgehen, um auf ähnlich fulminante Wochenwerte zu kommen. Ähnlich beliebt war "Scrubs": Hier betrug der Wochen-Marktanteil 16,4 Prozent - ähnlich stark lief es zuletzt Ende August. Der Erfolg wird noch beachtlicher, wenn man sich vor Augen führt, dass ProSieben Woche für Woche nachmittags satte 15 Folgen der Serie ausstrahlt. Von den Wiederholungen am Vormittag und weiteren Ausstrahlungen am Wochenende ganz zu schweigen.
Und so kommt es vor, dass Sitcom-Fans innerhalb weniger Tage fast eine komplette "Scrubs"-Staffel zu sehen bekommen. Man darf also gespannt sein, wann tatsächlich eine Art Overkill einsetzen wird. Bei den ganz jungen Zuschauern ist ProSieben davon allerdings offenkundig noch sehr weit entfernt. Beispiel gefällig? In der Gruppe der 14- bis 19-Jährigen erzielte eine Folge von "Scrubs" am Donnerstagnachmittag einen fulminanten Marktanteil von 47,4 Prozent und selbst bei den 20- bis 29-Jährige sah noch mehr als jeder Dritte zu. Das Lachen wird ProSieben letztlich also ganz sicher nicht so schnell vergehen.
Was steht an?
Bei der Fußball-EM machte er eine gute Figur, nun kehrt für Matthias Opdenhövel wieder der Alltag ein - könnte man meinen. Doch weit gefehlt: Am Samstagabend wird er in der Event-Show "Brot und Spiele" im Ersten zu sehen sein. Nachdem "Opdenhövels Countdown" bislang nicht so recht funktionieren wollte, soll es nun die große Freiluft-Show mit prominenter Unterstützung richten. Bei ProSieben setzt man dagegen auf Joko und Klaas, die sich in ihrer Show "17 Meter" nun selbst ins Zeug legen müssen. Gut möglich, dass die im vergangenen Jahr rückläufigen Quoten damit ein wenig aufgehalten werden können.
Am Sonntag versucht Sat.1 indes, der bislang allenfalls mäßig populären US-Serie "Navy CIS: L.A." auf die Beine zu helfen - sinnigerweise versucht man es nach mehr als zwei Staffeln nun erstmals mit der Hilfe der Mutter-Serie am Sonntagabend. Ärgerlich ist allerdings, dass im Vorfeld lediglich Wiederholungen von "Navy CIS" zu sehen sind. So oder so ist es vermutlich die allerletzte Chance, den Ableger hierzulande doch noch zum Erfolg zu führen.
Unterm Strich orientiert sich Sat.1 bei "Navy CIS: L.A." nun endlich an jener Strategie, mit der CBS die Serie in den USA bereits populär machte. Bleibt nur die Frage, ob es dafür hierzulande inzwischen nicht zu spät ist. Eine erste Antwort darauf wird am Montag der Blick auf die Quoten liefern.