Quelle der Daten für diesen Artikel: AGF Videoforschung

Im Sommer vergangenen Jahres konnten die Sender ihre schwachen Marktanteile noch durch sportliche Großereignisse wie die Fußball-EM oder die Olympischen Spiele erklären - in diesem Jahr sorgt beispielsweise die Frauen-EM oder der Confed-Cup zwar auch immer mal wieder für starke Quoten, doch das erschreckend schwache Bild, das die großen Privaten abgeben, können sie kaum erklären. Wenn man so will, dann ist RTL inzwischen auf dem Quotenniveau angekommen, auf dem man vor nicht allzu langer Zeit noch ProSieben verortet hätte, ProSieben muss inzwischen mit dem bisherigen Sat.1-Niveau leben, während Sat.1 dort angekommen ist, wo Vox in seinen stärksten Monaten liegt. Doch der Reihe nach...

ProSieben unter 9, RTL knapp über 11 Prozent

RTL erzielte im Juli einen Marktanteil von im Schnitt 11,3 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen. Das war der schwächste Wert seit dem Olympia-geprägten August vergangenen Jahres und lag auch 0,4 Prozentpunkte unter dem Juli-Wert 2016. Das ist vor allem deshalb enttäuschend, weil RTL insbesondere im Show-Bereich recht viel probiert hat. "The Wall" läuft dabei recht ordentlich, war aber nicht der erhoffte Überflieger bislang. "Keep it in the Family", "Meet the Parents" oder "500 - Die Quizarena" liefen schwach. Immerhin: "Die Bachelorette" hat ihre bislang beste Staffel hinter sich. Dafür türmen sich in der Daytime inzwischen die Probleme mit immer häufiger einstelligen Marktanteilen auf. Die in Aussicht gestellten neuen Formate werden also dringend gebraucht.

Schwächen in der Daytime sind auch eines der großen Probleme von ProSieben, wo die Sitcoms ihre stärksten Zeiten hinter sich haben, und Sat.1, wo man mit Scripted Reality auch häufig nur einstellige Werte erzielt. Bei ProSieben kommt noch hinzu, dass viele US-Serien in der Primetime unglaublich schlecht laufen. Eine Fünf vor dem Komma ist da längst keine Seltenheit mehr. Nicht belohnt wurde ProSieben dann auch für die Entscheidung, die sehenswerte Reportage-Reihe "Uncovered" bereits um 21:15 Uhr zu zeigen. Auch hier blieben die Quoten mau.

Und die lange herumliegenden Shows "Noch Fragen?" und "Teamwork" enttäuschten ebenfalls, von der zusammengeschnippelten "Gameshow-Konferenz" mal ganz zu schweigen. Die Quittung: Mit 8,9 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen schrammte ProSieben nur hauchdünn am bisherigen Allzeit-Tief vorbei - das aus dem durch die Fußball-EM geprägten Juni 2016 stammt. Dass sich ProSieben ohne einen solchen Sondereffekt so weit von der Zweistelligkeit entfernt ist, ist schon alarmierend.

Sat.1 bewegt sich in Richtung Vox

Während ProSieben die 9-Prozent-Marke nach unten durchbrochen hat, hätte sich Sat.1 um ein Haar sogar schon die 8-Prozent-Marke von unten ansehen müssen. Erst am letzten Tag rettete man sich immerhin noch auf 8,0 Prozent, verliert die Zweistelligkeit aber trotzdem weiter aus den Augen. Besonders bitter war hier der Totalausfall des ambitionierten "100 Tage-Experiments" am Mittwochabend. Und während RTL mit den Wiederholungen seiner deutschen Serien am Donnerstagabend noch vergleichsweise gut fährt, will den "Letzten Bullen" am Dienstagabend in Sat.1 kaum jemand nochmal sehen. Hier dürften nun vorerst alle Hoffnungen auf "Promi Big Brother" ruhen, das in überarbeiteter Form den Sender dringend wieder in Schwung bringen muss.

Allzu weit liegt Vox da inzwischen gar nicht mehr entfernt: Der Marktanteil im Juli belief sich auf 7,3 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen. Das war immerhin der beste Wert seit März. Und während die großen Privaten allesamt deutlich unter dem Juli-Wert des Vorjahres lagen, legte Vox hier um 0,8 Prozentpunkte zu. Geholfen hat dabei, dass "Sing meinen Song" bis in den Juni ragte. Doch auch jetzt sieht es dank "Hot oder Schrott" dienstags weiterhin sehr gut aus. Dass aber auch Vox seine Sorgen hat, insbesondere im Serien-Bereich, hält den Sender bislang noch auf Abstand von Sat.1.

Das Gesamtpublikum: Das ZDF zieht einsam seine Bahnen

Beim Gesamtpublikum ist Vox ja bekanntlich mit einem Monatsmarktanteil von 5,1 Prozent längst an ProSieben vorbeigezogen. Der Vorsprung vergrößerte sich im Juli auf einen ganzen Prozentpunkt und war damit so groß wie noch nie. RTL II und kabel eins waren ProSieben mit 3,4 bzw. 3,5 Prozent Marktanteil jedenfalls deutlich näher als Vox. Sat.1 erreichte übrigens 6,4 Prozent, RTL 8,5 Prozent. Von zweistelligen Marktanteilen beim Gesamtpublikum sind also alle Privaten weit entfernt. Die findet man nur noch bei den Öffentlich-Rechtlichen.

Und hier ist es das ZDF, das an der Spitze weiter einsam seine Bahnen zieht. 13,0 Prozent betrug der Marktanteil auch im sommerlichen Juli wieder. Das war zwar ein kleiner Rückgang im Vergleich zum Juni, Das Erste war mit unveränderten 10,7 Prozent aber erneut deutlich abgeschlagen. Das ZDF hat aber auch weiterhin ein Problem bei den Jüngeren: Mehr als 6,1 Prozent Marktanteil waren hier nicht drin, das war nochmal ein halber Prozentpunkt weniger als im Juni. Immerhin lag das ZDF aber erneut vor dem Ersten, das mit 5,8 Prozent noch schlechter dastand.

RTL II im Aufwind, kabel eins hält sich

Der Aufsteiger des Monats heißt RTL II. Der zuletzt doch ziemlich gebeutelte Sender steigerte seinen Marktanteil im Vergleich zum Juni um immerhin 0,6 Prozentpunkte auf nun 5,7 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen. Dazu trug beispielsweise das überaus erfolgreiche "Armes Deutschland" bei, "Curvy Supermodel" sorgt für zumindest ordentliche Quoten. Doch die Grundlage wurde schon am Vorabend gelegt. "Berlin - Tag & Nacht" erreichte im Juli 8,7 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen im Schnitt - das waren gut 1,5 Prozentpunkte mehr als im Vormonat. Und auch "Köln 50667" hat um rund einen Prozentpunkt im Vergleich zum schwachen Juni zulegen können.

Für kabel eins ist der Vorabend hingegen weiterhin ein Problemfeld, dafür schlagen sich die Krimi-Wiederholungen in der Daytime ziemlich gut. In der Primetime gab's überraschend viel Neues - und dabei blieben Enttäuschungen nicht aus. Unser neuer Chef" ist ein gut gemachtes Reality-Format, auch die Werbetrommel hat kabel eins gerührt, gebracht hat es nichts. Dafür konnte man sich beispielsweise auf die "Trucker Babes" am Sonntagabend verlassen, auch der "Achtung-Abzocke"-Ableger über Handwerker machte seine Sache gut. Alles in allem reichte das, um zumindest die Fünf vor dem Komma zu halten: 5,0 Prozent betrug der Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen. Angesichts der zuletzt schon deutlich erodierenden Marktanteile der großen Sender dürfte man da in Unterföhring heilfroh sein.

Die Fragmentierung: Große Sender in Summe schwach wie nie

Summiert man die Marktanteile der acht großen Sender auf, dann liegen diese bei den 14- bis 49-Jährigen im Juli noch bei 58,1 Prozent. Zum ersten Mal überhaupt wurde damit die 60-Prozent-Marke nach unten durchbrochen - und zwar deutlich. Wenn die großen Sender Zuschauer verlieren, dann tun sie das inzwischen also immer stärker an kleinere Konkurrenten, nicht an andere große. Beim Gesamtpublikum kommen die Großen 8 noch auf 54,7 Prozent. Auch das stellte einen neuen Tiefstwert dar. Wie sich die Marktanteile der kleineren Sender entwickelt haben, lesen Sie in einer gesonderten Analyse am Nachmittag bei DWDL.de.

Die Monatsmarktanteile im Überblick

  MA ab 3
+/-
Vormonat
+/-
Juli 16
MA 14-49 +/-
Vormonat
+/-
Juli 16
Das Erste
10,7 +/-0
-2,4
5,8
-0,7
-3,0
ZDF
13,0
-0,2
-0,3
6,1
-0,5
-1,6
RTL
8,5
-0,5
-0,5
11,3
-0,7
-0,4
Sat.1
6,4
-0,2
-0,7
8,0
-0,2
-0,3
ProSieben
4,1
-0,4
-0,6 8,9
-0,6
-0,9
Vox
5,1
+/-0
+0,1
7,3 +0,1
+0,8
RTL II
3,4
+0,2
+/-0 5,7
+0,6
+0,2
kabel eins
3,5
-0,1
-0,3
5,0
-0,1 -0,3

Die Spalte +/- gibt die Veränderung im Vergleich zum Vormonat bzw. zum Vorjahresmonat an. Quelle: DWDL-Recherche

Quelle für alle Daten in diesem Artikel, sofern nicht anders vermerkt: AGF SCOPE 1.5; Marktstandard: Bewegtbild; vorläufig gewichtete Daten; Tages-MA: Auswertungstyp TV-Zeitintervall; nutzungsbezogen; Sendungsdaten: Auswertungstyp TV; produktbezogen;