Quelle der Daten für diesen Artikel: AGF Videoforschung

Zunächst mal die gute Nachricht für die gesamte TV-Branche: Wirtschaftlich sind die Zeiten schwierig, doch die Nutzung der Inhalte hat in den letzten Wochen einen deutlichen Schub erfahren. Nimmt man den Zeitraum seit dem 12. März, dann zog die tägliche Sehdauer im Vergleich zu den vorhergehenden vier Wochen um satte 27 auf nun 254 Minuten an. Und bei den Jüngeren ging's sogar überdurchschnittlich stark nach oben: +12 Prozent beim Gesamtpublikum, +17 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen, sogar +26 Prozent bei den 14- bis 29-Jährigen. Das bedeutet konkret: Selbst wer seinen Marktanteil auch nur stabil halten konnte, erreichte deutlich mehr Zuschauer respektive seine Zuschauer deutlich länger als noch im vergangenen Monat.

Zurückzuführen ist das vor allem auf das stark erhöhte Informationsbedürfnis im Zuge der Corona-Krise. Gleich drei Mal erreichte die "Tagesschau" allein im Ersten über zehn Millionen Zuschauer, im Schnitt waren es über 7 Millionen - ein Zugewinn von über 1,6 Millionen im Vergleich zum Vormonat. Nimmt man nur die zweite Monatshälfte, waren es im Schnitt sogar mehr als 8 Millionen Zuschauer. Ähnliches Bild beim ZDF, dort lag die durchschnittliche Reichweite der "heute"-Nachrichten um 1,2 Millionen höher als im Monat zuvor. Dazu kamen die sehr stark nachgefragten Sondersendungen "ARD extra" und "ZDFspezial", das viel höhere Interesse an den Talks zum Thema, die ARD führte zudem ihre Politmagazine durch eine früherer Programmierung in ganz neue Quotensphären.

Corona spült ARD und ZDF sehr viele jüngere Zuschauer zu

Da die Öffentlich-Rechtlichen allerdings beim Gesamtpublikum ohnehin schon immer stark sind und im Gegenzug im Ersten beispielsweise auch quotenstarke Sport-Sendungen wegfielen, spiegelt sich die Situation in den Gesamt-Marktanteilen gar nicht allzu stark wider. Das ZDF konnte zwar mit 14,1 Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum den besten Monatswert seit Juli 2018 verzeichnen, im Vergleich zum Vormonat hielt sich der Zugewinn mit 0,2 Prozentpunkten aber auf überschaubarem Niveau. Im Vergleich zum März 2019 allerdings lag der Zugewinn bei 0,8 Prozentpunkten. Das Erste landete mit 11,9 Prozent beim Gesamtpublikum sogar ganz leicht unter dem Februarwert und nur 0,1 Prozentpunkt über dem März-Marktanteil 2019.

Ganz anders sieht das aber aus, wenn man auf die jüngeren Zuschauer blickt. Denn während sich die Öffentlich-Rechtlichen sonst schwer tun, die 14- bis 49-Jährigen zu erreichen, griffen diese in der Corona-Krise nun auch ungewöhnlich stark auf die Angebote von ARD und ZDF zurück. Das zeigt sich insbesondere beim Ersten: Hier schoss der Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen um 0,7 Prozentpunkte auf 7,5 Prozent nach oben. Zum Vergleich. Im März 2019 standen noch 6,4 Prozent zu Buche. Das ZDF lag bei 6,5 Prozent. Ein Zugewinn von 0,4 Prozentpunkten im Vergleich zum Vormonat und 0,9 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr.

Sat.1 leicht erholt, RTL gibt ab, ProSieben klar unter Vorjahr

Alle großen Privatsender büßten hingegen im Vergleich zum März des Vorjahres beim jungen Publikum Marktanteile ein - denn neben ARD und ZDF waren es beispielsweise auch die Nachrichtensender, die ein ganzes Stück mehr vom Kuchen abbekamen. Besonders deutlich fiel das Minus im Vergleich zum Vorjahr mit einem ganzen Prozentpunkt bei ProSieben aus - und das, obwohl man mit "The Masked Singer" den größten Quotenhit des Senders nun schon im Frühjahr brachte, wo er auch erneut herausragend lief - zumindest bis zur vorläufigen Corona-Pause. Trotzdem ging der Marktanteil im Vergleich zum Februar sogar leicht um 0,2 Prozentpunkte auf 9,3 Prozent zurück.

Bei RTL betrug der Rückgang im Vergleich zum Februar sogar 0,4 Prozentpunkte, im Vorjahres-Vergleich fiel das Minus mit 0,6 Prozentpunkten noch etwas deutlicher aus. Zwar spürte auch RTL das hohe Info-Bedürfnis, was sich in starken Quoten für seine Nachrichten aber auch die zusätzlichen Info-Formate am Abend niederschlug. Dafür fehlten aber beispielsweise zugkräftige Fußball-Übertragungen, die kurzfristig anberaumte "Quarantäne-WG" geriet aus Quotensicht zum Rohrkrepierer, dazu waren am Vorabend Informationen plötzlich erheblich stärker gefragt als die Soaps. "GZSZ" etwa erreichte den schwächsten Monatsmarktanteil seit 2014 - und das nicht unbedingt, weil weniger zusahen, sondern weil die zusätzliche TV-Nutzung sich am Vorabend eben auf andere Formate als eine langlaufende Soap verteilte.

Das zuletzt arg gebeutelte Sat.1 konnte hingegen zulegen. Nach dem richtig schwachen Februar ging's um 0,4 Prozentpunkte auf nun immerhin 7,6 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen nach oben. Große Freude machte dabei aus Quotensicht vor allem der Neustart von "Promis unter Palmen" - und da bislang nur die erste Folge lief, dürfte die Trash-TV-Perle auch im April noch für viel Jubel in Unterföhring sorgen. Und während Sat.1 am Vorabend mit "Luke, allein zuhaus" überhaupt kein Glück hatte, erzielten die "Sat.1 Nachrichten" trotz des ebenfalls weiter ernüchternden Abschneidens von "Big Brother" den höchsten Monats-Wert seit sieben Jahren. Auch die vorübergehende Verlängerung des "Frühstücksfernsehens" um eine Corona-Zusatzstunde half.

Vox im Aufwind, RTLzwei kommt unter die Räder, Kabel Eins verliert leicht

Neben Sat.1 gelang es nur Vox, seinen Marktanteil beim jüngeren Publikum im Vergleich zum Februar zu steigern. Um 0,4 Prozentpunkte ging's auf nun 7,0 Prozent nach oben. Zum ersten Mal seit November stand nun also wieder eine 7 vor dem Komma. Verantwortlich dafür war vor allem, dass mit "Kitchen Impossible" und der "Höhle der Löwen" gleich zwei der stärksten Formate im Programm waren - auch wenn die Löwen in direkter Konkurrenz zu "The Maskes Singer" deutlich schwächer abschnitten als man das sonst vom klassischen Sendetermin im Herbst gewohnt war. Und so konnte auch dieser doppelte Einsatz nicht verhindern, dass auch Vox 0,4 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert landete.

Richtig hart erwischt hat's RTLzwei. Nach einem recht guten Jahresbeginn sackte der Marktanteil in der Zielgruppe im März massiv um 0,7 Prozentpunkte auf nur noch 4,5 Prozent ab. Der Sender hatte es nicht nur in der Primetime schwer, gegen die starke Konkurrenz aus Corona-Sonderprogrammen und Hits wie "Masked Singer" oder "Promis unter Palmen" zu bestehen, auch die Soaps am Vorabend waren in Mitleidenschaft gezogen. "Berlin - Tag & Nacht" fiel erstmals seit der Anfangszeit im Monatsschnitt auf unter 5 Prozent - wenn ein Format, das den Sender über Jahre stark nach oben gezogen hat, plötzlich so leidet, dann hinterlässt das deutlich Spuren beim Senderschnitt. "Köln 50667" stand etwas besser da, aber auch dort wurde nach Marktanteilen der schwächste Monat in der Geschichte des Formats verzeichnet.

Kabel Eins hielt sich besser, auch dort konnte die 5 vor dem Komma aber nicht gehalten werden. Um 0,2 Prozentpunkte ging's auf 4,8 Prozent Marktanteil nach oben. Vor allem diverse erfolgreiche Filme verhinderten hier schlimmeres. Allerdings blieb im Vergleich zum März des Vorjahres trotzdem ein Rückgang um einen halben Prozentpunkt - und damit sogar noch um 0,1 Prozentpunkte mehr als bei RTLzwei.

Die Monatsmarktanteile im Überblick

  MA ab 3
+/-
Vormonat
+/-
Mrz 19
MA 14-49 +/-
Vormonat
+/-
Mrz 19
Das Erste
11,9 -0,1
+0,1
7,5
+0,7
+1,1
ZDF
14,1 +0,2
+0,8
6,5
+0,4
+0,9
RTL
8,5
+0,1
-0,1
11,8
-0,4
-0,6
Sat.1
5,6
+0,3
-0,3
7,6
+0,4
-0,3
ProSieben
4,1
+0,1
-0,3
9,3
-0,2
-1,0
Vox
4,9
+0,4
+/-0
7,0
+0,3
-0,4
RTLzwei
2,6 +/-0
-0,2
4,5
-0,7
-0,4
Kabel Eins
3,4
+/-0
-0,4
4,8
-0,2
-0,5

Die Spalte +/- gibt die Veränderung im Vergleich zum Vormonat bzw. zum Vorjahresmonat an. Quelle: DWDL-Recherche

Die meistgesehenen Sendungen des Monats

  Gesamtpublikum Zielgruppe 14-49
Das Erste Tagesschau (22.3.)
Tagesschau (22.3.)
ZDF Ansprache der Bundeskanzlerin
Ansprache der Bundeskanzlerin
RTL Wer wird Millionär?
Pocher vs. Wendler - Schluss mit lustig
Sat.1 Promis unter Palmen - Für Geld mache ich alles
Promis unter Palmen - Für Geld mache ich alles
ProSieben The Masked Singer
The Masked Singer
Vox Kitchen Impossible
Kitchen Impossible
RTLzwei
Armes Deutschland - Stempeln oder Abrackern? Armes Deutschland - Stempeln oder Abrackern?
Kabel Eins
Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels
Lethal Weapon - Zwei stahlharte Profis

Wie sich die kleineren Sender im März geschlagen haben, lesen Sie im Verlauf des Nachmittags in Teil 2 unserer Monatsmarktanteilsanalyse.

Quelle für alle Daten in diesem Artikel, sofern nicht anders vermerkt: AGF SCOPE 1.5; Marktstandard: Bewegtbild; vorläufig gewichtete Daten; Tages-MA: Auswertungstyp TV-Zeitintervall; nutzungsbezogen; Sendungsdaten: Auswertungstyp TV; produktbezogen;