RTL unter 10 Prozent, Vox vor Sat.1, ProSieben größter Verlierer

Kabel Eins: Leichte Erholung nach dem herben Absturz

Die gute Nachricht für Kabel Eins ist: Als einziger unter den großen privaten Vollprogrammen konnte der Sender seinen Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen im Vergleich zum Vorjahr ausbauen - zwar nur ganz leicht um 0,1 Prozentpunkt auf nun 4,3 Prozent, aber immerhin. Doch zur Wahrheit gehört eben auch, dass Kabel Eins im Jahr zuvor auch einen besonders drastischen Absturz des Marktanteils um 0,8 Prozentpunkte erlebt hatte. Die 5 vor dem Komma, die man 2020 noch vorweisen konnte, bleibt also in weiter Ferne.

Beim Gesamtpublikum ging's hingegen erneut leicht um 0,2 Prozentpunkte auf nun 3,0 Prozent Marktanteil hinab. Zum Jahresabschluss im Dezember konnte Kabel Eins Schwestersender ProSieben beim Gesamtpublikum sogar 0,2 Prozentpunkte hinter sich lassen. Hier schlägt sich natürlich vor allem auch nieder, dass Kabel Eins mit seiner älteren Ausrichtung weniger stark vom Abwandern der jüngeren Generation in Richtung Streaming betroffen ist. Und alte Gassenhauer wie die Bud-Spencer-Filme oder ähnliches funktionieren offenbar auch linear weiterhin gut.

Aber auch in Sachen Eigenproduktion gelangen Kabel Eins zwar vielleicht keine Megahits, aber einige gut laufende Formate. Die Reimanns hat man erfolgreich von RTLzwei zu sich geholt, "Über Geld spricht man doch" lief ebenfalls gut. Andere Formate wie "Rosins Heldenküche" oder die Bundeswehr-Doku stießen zwar anfänglich auf Interesse, konnten dieses aber nicht bis zuletzt halten. In jedem Fall scheint man gewillt, sein Schicksal nicht allein der Frage zu überlassen, ob alte Filme und Serien noch lange ihr Publikum im Linearen finden und hat die Plätze für frische Eigenproduktionen ausgebaut. Sie laufen nun auch am Sonntagvorabend - mit solidem Erfolg. Ob das reicht, um wieder deutlicher zu wachsen, sei dahingestellt. Doch in diesen Tagen wäre ja mit Blick auf die Konkurrenz schon mit Stabilität einiges erreicht.

RTLzwei: Nun wackelt die Vier vor dem Komma

Nachdem RTLzwei sich dank des rapiden Absturzes von Kabel Eins im vergangenen Jahr trotz auch da schon rückläufiger Quoten wieder an dem Konkurrenten aus Unterföhring vorbeimogeln konnte, ging die Rote Laterne in der klassischen Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen unter den acht Vollprogrammen 2022 wieder zurück an RTLzwei. Und nachdem wir im letzten Jahr noch schrieben, dass RTLzwei die 5-Prozent-Marke aus den Augen verlor, wackelt inzwischen schon die 4-Prozent-Marke bedenklich.

Denn wenn man sich den Jahresverlauf ansieht, dann wurde sie nicht nur im WM-beeinflussten November und Dezember unterschritten, sondern auch bereits im September und Oktober. Und dass es im Dezember fast für die Rückeroberung der 4-Prozent-Marke gereicht hätte, ist kein richtiges Zeichen für Entwarnung, weil es vor allem ältere Filme waren, die sich in der Vorweihnachtszeit ziemlich gut schlugen. Erstausstrahlungen hatte RTLzwei während dieses Monats in der Primetime fast gar keine mehr im Programm. Im Jahresschnitt ging es für RTLzwei jedenfalls um 0,4 Prozentpunkte auf nun 4,1 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen runter. Mit einer kurzen Verschnaufpause 2018 gibt es damit nun einen fast kontinuierlichen Abwärtstrend seit 2013.

Das RTLzwei-Publikum wurde allerdings augenscheinlich etwas älter, denn anders als bei den 14- bis 49-Jährigen konnte der Marktanteil beim Gesamtpublikum sogar leicht ausgebaut werden, von 2,5 ging's hier auf 2,6 Prozent nach oben - was aber trotzdem noch den letzten Platz im Ranking der Vollprogramme bedeutete. Es spiegelt sich darin aber auch wieder, dass es vor allem Sendungen fürs ganz junge Publikum waren, bei denen sich das Fernsehen im Allgemeinen immer schwerer tut - was RTLzwei dadurch besonders trifft, dass im Vorabend gleich zwei solcher ganz junger Soaps vertreten sind. Sie waren jahrelang eine große Stütze des Senders und tun sich nun immer schwerer. "Köln 50667" kam im Jahresschnitt nur noch auf 3,4 Prozent nach 4,7 Prozent im Vorjahr. Im Herbst stand nicht mal mehr eine 3 vor dem Komma. Zum Vergleich: 2018 waren es noch 9,5 Prozent gewesen. Und "Berlin - Tag & Nacht" fiel weiter auf im Schnitt 4,5 Prozent im Jahr 2022, 1,1 Prozentpunkte weniger als ein Jahr zuvor.

Dazu kam, dass sich auch neue Formate im Herbst schwer taten - etwa mit "Skate Fever" der Versuch, ins Geschäft mit Studioshows zurückzukehren oder das Live-Call-In "Mieten Kaufen Live" am Nachmittag. Mehr erhofft hatte man sich auch von Dokusoaps über die Kellys oder Narumol & Josef. Und mit "Love Island" ist einer der wichtigen Leuchttürme inzwischen vor allem noch für RTL+ ein Hit, weniger aber fürs lineare Programm. Dort strahlt neben "Kampf der Realitystars" vor allem das bekannte Personal wie "Die Geissens", während die Sozialdokus zwar noch gut, aber längst nicht mehr so herausragend wie in früheren Jahren performten.

Quelle für alle Daten in diesem Artikel, sofern nicht anders vermerkt: AGF SCOPE 1.5; Marktstandard: Bewegtbild; vorläufig gewichtete Daten; Tages-MA: Auswertungstyp TV-Zeitintervall; nutzungsbezogen; Sendungsdaten: Auswertungstyp TV; produktbezogen;