"Wir legen Wert darauf, dass RTL II als ein Sender wahrgenommen wird, der Unterhaltung und innovative, auch kontroverse Formate mit einem Gespür für Mitgefühl und gesellschaftliche Verantwortung verbindet", ließ Geschäftsführer Jochen Starke damals wissen. "Unser neues Qualitätsmanagement wird uns dabei helfen, dieses Bewusstsein im Programm täglich erlebbar zu machen." Eine der ersten Maßnahmen war der sehr kurzfristige Start der Reihe "Tatort Internet - Schützt endlich unsere Kinder" mit Stephanie zu Guttenberg - eine Art Täterjagd im Fernsehen, die dem Sender zumindest viel öffentliche Aufmerksamkeit einbrachte, wenngleich die Quoten zuletzt eher ins Mittelmaß rutschten.
Über Serien versuchte RTL II allerdings schon lange zuvor, sein Image aufzupolieren. Doch sieht man mal vom langjährigen Erfolg der "Stargate"-Reihe ab, so ist es in diesem Bereich kaum gelungen, große Hits zu etablieren. Selbst der Spitzen-Start der US-Serie "Heroes" mit mehr als drei Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von 18,5 Prozent in der Zielgruppe half vor vier Jahren wenig. Zuletzt zeigte RTL II die Serie wegen schwacher Quoten am späten Abend, Serien wie "Haven" oder "Smallville" werden nachts versendet - und auch mit "24" wurde der Sender seinerzeit trotz zunächst toller Programmierung nicht glücklich.

Auch die kürzlich gestartete Show-Offensive, die derzeit eine Verschnaufpause einlegt, war nur punktuell gefragt. Die Kernkompetenz von RTL II scheinen die Zuschauer wohl eher in eigenproduzierten Dokusoaps zu sehen - so zählt "Frauentausch" seit nunmehr acht Jahren zu den größten Erfolgen des Senders, auch "Zuhause im Glück" oder "Die Kochprofis" sind seit Jahren fester Bestandteil des Programms von RTL II und haben sich zu zuverlässigen Quotenbringern gemausert. Nur am Vorabend scheint man noch immer kein Erfolgsrezept gefunden zu haben, womit wir wieder bei "Big Brother" wären.
Die Helpshow "Der Requardt", die "Familienduell"-Neuauflage "5 gegen 5" mit Oli P. und die Doku "Freunde und Helfer" sind nur einige wenige Beispiele für Formate, die RTL II in den vergangenen Jahren ohne jeglichen Erfolg in der "Big Brother"-freien Zeit am Vorabend ausprobierte. Ganz ohne den großen Bruder, so hat man den Eindruck, geht es bei RTL II wohl doch nicht. Und so wird man sich in Grünwald sehr wahrscheinlich auch in naher Zukunft an einem Spagat probieren. Ein Spagat zwischen den Erwartungen der Zuschauer und den eigenen, oft höheren Ansprüchen.