Wenn man sich aktuelle Entwicklungen auf dem Streamingmarkt ansieht und gleichzeitig die Verantwortlichen des neuen Sport-Streamingdienstes Dyn reden hört, könnte man meinen, dass hier völlig unterschiedliche Welten aufeinanderprallen. Auf der einen Seite stehen in Deutschland Sky und DAZN: Also die Sport-Streamingplatzhirsche, die entweder schon seit Jahren defizitär sind oder, im Falle von DAZN, nach einem rasanten Aufstieg nun endlich profitabel werden wollen. Und auf der anderen Seite eben Dyn, wo man vor allem darüber redet, die Wertschätzung und Sichtbarkeit von Randsportarten erhöhen und Werte wie Teamgeist und Leistungsbereitschaft vermitteln zu wollen. 

Tatsächlich haben die Verantwortlichen von Dyn in den zurückliegenden Wochen und Monaten wenig über die Finanzierung ihres Projekts gesprochen. Die Frage stellt sich aber ganz massiv, nicht zuletzt nach einer Pressekonferenz von Dyn, die am Donnerstag stattgefunden hat. Dort wurde bekannt, dass zahlreiche redaktionelle Formate nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung auf der Plattform auch kostenfrei etwa über YouTube verfügbar gemacht werden sollen. Bereits bekannt war ja auch schon, dass die zahlreichen Hockey-Übertragungen von Dyn in der ersten Saison via YouTube zu sehen sein werden und dass man 10 Prozent der Netto-Aboerlöse an die jeweiligen Sportligen zur Nachwuchsförderung weitergibt. Und beim Dyn Media Netzwerk, über das Medienpartner und Verlage Zugang zu Highlight-Clips haben, fällt für die Partner-Medien lediglich eine technische Gebühr an. 

Christian Seifert © IMAGO / Sven Simon Christian Seifert
Wie also soll sich Dyn langfristig finanzieren? Und: Kann das überhaupt gelingen, wo sich doch schon die großen Plattformen mit vermeintlich attraktiveren Rechten schwer damit tun? Dyn-Gründer Christian Seifert, der auch knapp 25 Prozent der Anteile am Unternehmen hält (der Rest liegt bei Axel Springer), ist überzeugt davon. "Selbstverständlich müssen wir ein profitables Unternehmen werden", sagt er am Donnerstag im Pressegespräch gegenüber DWDL.de. Man habe "gut kalkuliert" und sei optimistisch, so Seifert, der aber auch von einem "Mittelstreckenlauf" spricht. Die Anzahl der Medienunternehmen, die dazu bereit sind, mit teuren Sportrechten Geld zu verlieren, sinke, zeigt sich Seifert sicher. 

Die Haupt-Einnahmequelle von Dyn werden die Abo-Erlöse sein, darüber hinaus werde es ein "überschaubares Maß an Werbung" geben, so Seifert. Abo-Ziele will man ebenso nicht öffentlich machen wie Aussagen darüber, wann man plant profitabel zu sein. Dyn-Gründer Seifert spricht aber erneut von 17 Millionen Fans der Sportarten, für die man potenziell interessant sei. Dass selbst der Fußball mit einer geschätzt noch größeren Fan-Szene nicht einmal ansatzweise auf solche Abozahlen kommt, ist selbstredend. 

Garantie: Dyn wird 2024 nicht teurer

Bereits bekannt war, dass Dyn künftig 12,50 Euro monatlich kostet, wenn man sich für ein Jahresabo entscheidet. Wer monatlich kündigen will, zahlt 14,50 Euro. Ab sofort und noch bis Ende Juli bietet man neuen Kundinnen und Kunden die Möglichkeit eines Jahresabo zu einem monatlichen Preis von 10,50 Euro an. "Man könnte aus dem Projekt mehr rausholen", sagt Seifert über das gesamte Finanzierungskonstrukt - doch das will man ganz bewusst nicht tun. Der Gründer und Gesellschafter gibt den Fans auch die Garantie, dass die Abopreise im nächsten Jahr nicht plötzlich viel höher sind als jetzt zum Start. Mit deutlichen Preissteigerungen hatte zuletzt DAZN den Unmut vieler Kunden auf sich gezogen. 

Am Donnerstag hat Dyn auch erstmals einen Einblick in verschiedene Formate gegeben, die man neben den Live-Übertragungen plant. Dazu zählt unter anderem "Gametime", in dieser Sendung will man sportartübergreifend verschiedene Sportlerinnen und Sportler der unterschiedlichen Ligen einen Tag lang in ihrem Leben begleiten. In "Captain & Coach" (Basketball) und "Kretzsche & Schmiso" (Handball) lassen Basti Doreth und Stefan Koch bzw. Stefan Kretzschmar und Florian Schmidt-Sommerfeldt den abgelaufenen Spieltag Revue passieren und werfen einen Blick auf den kommenden Spieltag. Auch das von Stefan Kretzschmar entwickelte Format "Harzblut" wird künftig bei Dyn zu sehen sein. Und in "Skill" stellt Paul Gudde Szenen des letzten Basketball-Spieltags so nach, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer diese ebenfalls nachmachen können. Die verschiedenen Formate, angekündigt wurden am Donnerstag insgesamt zehn Sendungen, sind zwischen 90 Sekunden und 20 Minuten lang. 

Dyn Team © picture alliance Sein On-Air-Team hatte Dyn bereits vor einigen Wochen vorgestellt.

Angekündigt hat man für die erste Saison mehr als 2.000 Live-Übertragungen, zum Start hat man bekanntlich die Sportarten Basketball, Handball, Volleyball, Hockey und Tischtennis im Programm. Übertragen werden alle Bundesliga-Matches, teilweise auch die der jeweils zweiten Liga bzw. die der Frauen-Ligen. Hinzu kommen noch einige nationale und internationale Wettbewerbe. Startschuss ist der 23. August, wenn Dyn mit seiner ersten Übertragung startet. Dann steht das Spiel zwischen dem THW Kiel und den Rhein-Neckar Löwen auf dem Plan, sie kämpfen um den Pixum Super Cup 2023. 

Andreas Heyden © S Nation Media Andreas Heyden
An den Empfangsmöglichkeiten hat sich zuletzt nichts geändert. Die Dyn-App gibt es sowohl im App Store von Apple als auch im Play Store von Google. Darüber hinaus unterstützt man alle gängigen Browser und ist am großen Screen auf Geräten von Samsung und Sony zu empfangen, hinzu kommt die Möglichkeit, die Inhalte via Chromecast und Apple Air Play auf den großen Bildschirm zu legen. Bei den Plattformen kooperiert man mit MagentaTV, hier wird die Dyn-App ebenfalls zu finden sein. Weiterhin fehlt eine Zusammenarbeit mit Amazon in Sachen Fire TV Stick oder auch Sky. Darauf angesprochen erklärte Dyn-CEO Andreas Heyden am Donnerstag, die Möglichkeit, Dyn via Fire TV Stick zu nutzen, wolle man "zeitnah" nachreichen. Mit Sky befinde man sich in "sehr fortgeschrittenen Gesprächen". Erlaubt sind, auch das ist nicht unwichtig für viele Fans, maximal zwei parallele Livestreams pro bestehendem Account. 

"Wir werden eine Menge Kraft brauchen"

Zum Start des Dienstes hat man nun außerdem eine großangelegte Kampagne angekündigt, die über verschiedene Kanäle ausgespielt und sich an die Fans der unterschiedlichen Sportarten richten soll. Über fehlende Aufmerksamkeit kann sich das Dyn-Team um Seifert und Heyden aber wahrlich nicht beschweren. Mit einer cleveren PR-Strategie hat man dafür gesorgt, dass die Plattform in den zurückliegenden Wochen immer wieder in den Schlagzeilen war. Sei es mit geschlossenen Kooperationen oder auch mit der Vorstellung des On-Air-Teams. Nun wird es aber ernst - und man muss Ergebnisse liefern. 

"Wir sind jetzt bereit für den Sendestart. In Wahrheit ist das aber mehr. Wir wollen nachhaltig die deutsche Sport- und Medienlandschaft positiv verändern", sagt Dyn-Gründer Seifert am Donnerstag. Auch hier fallen wieder die Wörter "Wahrnehmung" und "Wertschätzung". Seifert: "Wir werden eine Menge Kraft brauchen, um das zu erreichen." Und vielleicht noch mehr, als man aktuell glaubt. Dyn ist jedenfalls eines der spannendsten Medien-Projekte in diesem Jahr. Ein Projekt, das die Fußball-Dominanz in den Medien brechen will. Ob das langfristig gelingen kann oder ob Dyn, wie die großen Kollegen von Sky und DAZN, irgendwann auf dem harten Boden der Tatsachen landen wird, werden wohl die kommenden Monate und Jahre zeigen.