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Wenn Christian Seifert, der ehemalige Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL) dieser Tage ins Büro geht oder ganz viele Vereine aus Sportarten abseits von König Fußball besucht, dann hat er 17 Millionen Menschen in Deutschland im Blick. 17 Millionen, das entspricht ungefähr der Einwohnerzahl der Niederlande, wie Seifert erwähnt. Nach seinem Abschied von der DFL hatte Seifert S.Nation Media gegründet, das inzwischen Dyn Media GmbH heißt und ab dem 23. August 2023 Livesport aus fünf Sportarten und mit neun Bundesligen anbieten will. Für 17 Millionen Menschen. So viele würden sich, berichtete Seifert in einer digitalen Presserunde am Mittwoch, nämlich für die Sportarten interessieren, die sein Unternehmen im Portfolio haben wird: Handball und Basketball, Tischtennis und Volleyball sowie Hockey.



Den 17 Millionen - nach von Seifert zitierten Studien an diesen Sportarten interessierten Menschen - stünden 23 Millionen Sportfans gegenüber, die sich für Fußball interessieren. Anders gesagt: Seifert nimmt etwas weniger die Hälfte des Sportmarktes in den Blick. Ein Sportpublikum das, wie er sagte, bislang nicht zufriedenstellend bedient worden sei. "Der Abstand zwischen Fußball und den nachgelagerten Sportarten ist in Deutschland groß. Größer als in anderen Ländern", sagt der Dyn-Gründer, der auf Spanien verweist, wo Basketball eine große Rolle spielt oder England, wo die Menschen sich etwa für Cricket begeistern.

Andreas Heyden © S Nation Media Andreas Heyden
"Mein Verständnis ist, dass das kein Naturzustand ist. Das sollten wir auch den Fans zu liebe ändern." Nur wie? Mit dem richtigen Konzept, Partnern und viel Energie – so meint es zumindest Seifert, der sich etwa fünf Monate vor dem Launch des neuen Dienstes "voll im Plan" sieht. Und der Plan sieht vor, dass gewisse Grundstrukturen jetzt schon feststehen. Etwa die Verfügbarkeit von Dyn, die auf drei Säulen fußt. Der Dienst soll verfügbar sein via Web und Mobile und auf einigen Smart-TVs – zu Beginn auf Geräten von Samsung und Sony und zudem am klassischen TV-Gerät via Apple Air Play und den Chromecast. Was Seifert nicht sagt: Da fehlen einige nicht unwichtige Hersteller, da fehlt auch Amazons Fire TV, oder Sky als Aggregator. Beim Design, so sagte es Andreas Heyden, der CEO des Unternehmens, habe man den Fokus auf die Inhalte, auf Klarheit und eine einfache Bedienung gelegt.

Gelüftet ist inzwischen auch der Preis, über den die Branche zuletzt monatelang spekulierte, weil immer klar war, dass Dyn diesen nicht zu hoch werde ansetzen können, weil es ab August darum geht, erst einmal Reichweiten aufzubauen. Kosten wird Dyn monatlich nun 14,50 Euro (bei monatlicher Kündigungsmöglichkeit), wer gleich ein Jahresabo kauft, zahlt 12,50 Euro. Damit ist Dyn, mit Blick auf die Rechte verständlicherweise, günstiger als DAZN und Sky. Beim Monatsabo verlangt man mehr als MagentaSport (für alle, ohne Telekom-Vertrag), beim Jahresabo weniger.

Ein Anreiz von Fans der Sportarten soll, so sagt es Seifert, der "Move Your Sport"-Deal sein. Wer Dyn bucht kann wählen, welche Sportart er unterstützen möchte. Und dieser Sportart würden dann zehn Prozent des Netto-Abopreises direkt zukommen. Diese Summe soll dann zweckgebunden für Nachwuchsprojekte eingesetzt werden.

Wer Dyn bucht, bekommt alle Sportarten, die Möglichkeit, nur einen Teil davon zu abonnieren, gibt es nicht. Und dennoch wolle Dyn sich in Sachen Ansprache von Sportart zu Sportart unterscheiden. Es wird Submarken geben, etwa Dyn Handball, Dyn Basketball oder Dyn Volleyball – eine für jede Sportart, versehen jeweils mit eigener Farbe und angelegt, wie Seifert es sagte, etwa an amerikanische Vorbilder wie ESPN.

Das Dyn-Media-Netzwerk

Nun sieht, das hat Seifert schon im vergangenen Jahr mehrfach gesagt, die Dyn-Strategie vor, dass es rund um die dort vorhandenen Sportarten auch wochentags, also abseits der Spieltage, eine umfangreiche Berichterstattung geben soll. Exakte Programmdetails sollen erst Ende Mai folgen, dann also, wenn die jetzt noch bei anderen Rechteinhabern laufenden Spielzeiten abgeschlossen sind. Dann will die Dyn-Crew auch verraten, wer ab Sommer moderieren, kommentieren und Expertise liefern soll. Wegen noch bestehender Verträge sei das jetzt noch nicht möglich – anzunehmen also, dass einige bekannte Gesichter ihren Sportarten treu bleiben.

Nicht weniger als "die Berichterstattung der Zukunft" kündigte Seifert abseits der Live-Tage an. Sie werde frei empfangbar und auf Abruf stattfinden. Frei empfangbar ist ein gutes Stichwort. Auch wenn Dyn in erster Linie ein Bezahlangebot ist, gilt es die Sportarten auch vor Bezahlschranken zu positionieren. Schon bekannt war, dass das mit Spielen beim TV-Sender von Bild und in der ARD passieren soll. Dass der Bild-TV-Sender mangels News-Live-Strecken nicht mehr das ist, was er noch vor einigen Monaten war, stört Seifert dabei nicht. "Bild ist eine Komponente in einem umfassenden Konzept." Der Sender würde sonntags etwa ein Handball- und ein Basketball-Spiel nacheinander zeigen und hätte jetzt mit Sportberichten schon eine gewisse Nachfrage. Axel Springer, immerhin Mitgesellschafter, lobte er: "In der Sportberichterstattung hat Springer einiges zu bieten", sagte er und führte aus, wie die "Bild"-Berichterstattung womöglich der Basketball-Nationalmannschaft während der EM zu steigenden Fernseh-Reichweiten verholfen habe. Zum Free-TV-Angebot von Dyn würde zudem auch ein eigener YouTube-Kanal gehören, der neben Highlights mitunter auch Livesport anbieten werde.

Marcel Wontorra © Axel Springer Marcel Wontorra
Springer, YouTube, nur zwei Wege des breiteren Aufstellens – auch Regionalität wird eine Rolle spielen, Man wolle mit Fachmedien und Influencern ins Geschäft kommen, wie COO Marcel Wontorra ausführte. Das Dyn-Media-Netzwerk sei "zentraler Bestandteil" der Strategie und es beinhaltet einen Zugang zum Dyn-Content-Desk für angemeldete Medien. Kostenfrei wird dieser nicht sein, aber auch kein Business-Case für Dyn, sagte Wontorra, der ohne ins Detail zu gehen davon sprach, dass interessierte Medien eine "technische Gebühr" werden zahlen müssen. Ist die entrichtet, können diese Bewegtbild herunterladen und für eigene Zwecke nutzen. Darunter sind etwa Near-Live-Clips aus den Dyn-Übertragungen, aber auch Content, den etwa Clubs aus den Ligen selbst in die Cloud geladen hätten. So soll es gelingen, dass es "mehr Handball-Content als je zuvor" geben soll – und gleiches gelte auch für die anderen Sportarten.



Bekannt wurde indes übrigens auch, dass sich Dyn mit noch mehr Handball-Rechten versorgt hat. Neben den Bundesligen der Männer und Frauen und dem Pokalwettbewerb werden auch die internationalen Wettbewerbe der EHF bei Dyn laufen: Also die Champions- und European-League. Möglich macht das eine Vereinbarung mit DAZN, dem eigentlichen Inhaber der Rechte. Diese Sublizenzvereinbarung soll bis 2026 laufen, so lange hält DAZN die Rechte. Das ist die langfristige Perspektive. Die kurzfristige ist der Pixum Super Cup im Handball. Er steigt am 23. August 2023. Und ist das erste Live-Spiel von Dyn.