Natürlich wurde 2023 viel über Werbung gesprochen. Und über Künstliche Intelligenz. Aber kein Thema ließ in diesem Jahr die Gerüchteküche brodeln wie die Vielzahl von prominenten Abgängen bei diversen Unternehmen. Wahrlich ein Jahr des personellen Umbruchs, oftmals überraschend. Fast immer auf eigenen Wunsch, wie man lesen konnte. Und wenn es nicht in den Ruhestand ging, dann fast immer, um sich „neuen Herausforderungen zu stellen“.

Ein besonderes Jahr der Abschiede wurde es durch die Häufung von Abgängen langjähriger Entscheidungsträger nach mehr als einem, sogar zwei oder gar drei Jahrzehnten - und ein Unternehmen prägte das Thema des Jahres fast schon im Alleingang. Bei ProSiebenSat.1 ulkte man auf den Fluren in Unterföhring schon, ob man die noch in Bau befindliche neue Konzernzentrale künftig untervermieten wird, weil so viele Kolleginnen und Kollegen von Bord gehen, auch aufgrund eines lukrativen Abfindungsprogramms. 

Aber nicht nur. Im Juni, am Vorabend der Screenforce Days, entschied sich Entertainment-Vorstand Wolfgang Link auch zur eigenen Überraschung dazu, das Unternehmen nach 14 Jahren auf eigenen Wunsch verlassen zu müssen. Selten gab es so viele spontane Sympathie-Bekundungen, viele davon öffentlich nachlesbar bei LinkedIn. Nur einen Monat später wird der Abschied von Thomas Wagner, Geschäftsführer von Seven.One Media, bekannt. Er geht nach einem Vierteljahrhundert im Dienste der Unterföhringer. 

Im Herbst dann trudeln aus mehreren Unternehmensbereichen die Abschieds-eMails ein, darunter Diana Schardt aus der Kommunikation. Sie geht nach 28 Jahren und mit ihr einige ebenso lang verdiente Kolleginnen und Kollegen. Mitte Oktober ein Doppel-Wumms: Daniel Rosemann, zuletzt Senderchef von ProSieben und Sat.1 geht. Er war 15 Jahre lang im Haus. Wie schon bei Wolfgang Link spekuliert die Branche auch bei ihm, was wohl als Nächstes kommt. Auch weil zeitgleich Stefan Raab nach 25 Jahren seine Verbindung zu Brainpool und Banijay kappt.

Weitere Themen des Jahres 2023

Aber was ist schon ein Vierteljahrhundert! Gehen wir nochmal zurück in den Juni zu jenem Montagabend, an dem Wolfgang Link auf eigenen Wunsch bei ProSiebenSat.1 gehen musste. Am nächsten Morgen, keine zwölf Stunden später, vermeldete die Sport1 Medien AG die Trennung vom Vorstandsvorsitzenden Olaf Schröder. Er war seit Sendestart des Deutschen Sportfernsehen (DSF) 1993 an Bord, aus dem später Sport1 hervorging. Ein Abschied nach mehr als 30 Jahren.

Konnte diese Juni-Woche noch wilder werden? Sie konnte - denn abermals keine 24 Stunden später war es dann die Walt Disney Company, die für Schlagzeilen sorgte: Roger Crotti (Senior Vice President und Country Manager für Deutschland, Österreich und die Schweiz) verlässt Mickey Mouse und Co. nach mehr als 30 Jahren. Und wir sind noch nicht durch mit Personalien aus München: Hannes Heyelmann verlässt Warner Bros Discovery. Mehr als 20 Jahre war er dort, zunächst bei Turner, dann bei Warner und zuletzt Warner Bros. Discovery. Wenige Wochen nach ihm kündigte auch Programmchefin Anke Greifeneder nach gut 15 Jahren ihren Abschied an.

Und das waren nur die Umbrüche in Münchner Medienhäusern! Gut, ganz so aufregend war es am Rhein in diesem Jahr ausnahmsweise mal nicht. Überraschenderes als den Rückzug von Geschäftsführerin Astrid Quentell bei Noisy Pictures (ehemals Sony Pictures) gab es in Köln nicht. Auch, weil ein weiterer Abschied in Nordrhein-Westfalen zur Abwechslung mal mit enormen Vorlauf angekündigt war - und dann doch anders kam als geplant: Nach gut 13 Jahren gibt in diesen Tagen Petra Müller die Geschäftsführung der Film- und Medienstiftung NRW ab. Beim Sommerempfang im Juni hatte sie noch zu viel auf der Agenda, als dass sie dort bereits Abschied feiern wollte - und dann ging zwischenzeitlich die Gesundheit vor.

Deshalb geht Müller jetzt leiser als es würdig wäre. Mit Leidenschaft für Programmdetails und dem Gespür einer medienpolitischen Strategin hat sie für die Branche in NRW gekämpft. Nie mit Lautstärke, aber immer mit einer fast schon legendären Bestimmtheit. In ihre Zeit fällt die Öffnung der Filmstiftung für neue Mediengattungen - und sie trommelte für den TV-Standort am Rhein auch in Jahren, in denen die Stadt Köln einer der prägendsten Branchen vor Ort weitgehend desinteressiert gegenüber stand. 

Doch auch wenn Müllers Abschied etwas anders kam, war er keine Überraschung. Und in den Ruhestand geht es auch noch nicht: Sie bleibt auch im 25. Jahr Chefin des Ständigen Sekretariats des Deutschen Fernsehpreises. Insofern ist sie ein Sonderfall in dieser Liste hochkarätiger Abschiede 2023, denn bei Wolfgang Link, Daniel Rosemann, Olaf Schröder, Roger Crotti, Heyelmann, Greifeneder und Quentell gehen wir alle gemeinsam mit der Frage ins neue Jahr: Wo tauchen die bloß wieder auf?

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