Ihr Mut zum Radikalen steche das Erwartbare, urteilte vor zwei Jahren DWDL.de-Kollege Torsten Zarges und nannte es die "Greifeneder-Methode": Noch bevor Streamingdienste die inzwischen gefeierte Genre-Vielfalt und neue kreative Freiheiten mit sich brachten, experimentierte Anke Greifeneder als Programmchefin von TNT Serie mit den ersten deutschen PayTV-Serien wie "Add a friend" oder "Weinberg", die beide auf Anhieb einen Grimme-Preis erhielten - und es blieben nicht die einzigen.

Am Dienstagvormittag kündigte Anke Greifeneder, heute Vice President Original Productions bei Warner Bros. Discovery im deutschsprachigen Raum, ihren Abschied an. Zu Ende März 2024 werde sie das Haus verlassen. Die Ankündigung ihres Abgangs kommt nur wenige Wochen nachdem vor sechs Wochen bereits Hannes Heyelmann, Deutschland-Chef bei Warner Bros Discovery, sein Ausscheiden zu Ende Oktober bekannt machte. 

Gerhard Zeiler © WarnerMedia
"Ich habe in meiner langen Karriere wenige Menschen kennengelernt, die eine derartige Spürnase für dem Zeitgeist entsprechende Geschichten haben wie Anke – und sie hat es geschafft, diese Geschichten in einer Qualität zu erzählen, die ihresgleichen sucht", erklärt Gerhard Zeiler, President International bei Warner Bros. Discovery, in einer internen Mitteilung am Dienstag, die DWDL.de vorliegt. Das Unternehmen bestätigt am Nachmittag auf Nachfrage die kommunizierte Personalie.

Gerhard Zeiler erinnert in der internen Mitteilung an die zahlreichen Auszeichnungen, die von Greifeneder verantwortete Programme einheimsten. "Nicht umsonst", so Zeiler weiter, "genießt sie den Respekt und die Hochachtung der gesamten deutschen Kreativwirtschaft. Anke hat damit maßgeblich zur Profilierung und zum Image unserer Warner Sender und des ganzen Unternehmens beigetragen und dafür gebührt ihr ein großes Danke von mir und dem gesamten WBD-Team." 

Es ist der zweite hochkarätige Abschied binnen weniger Wochen, der im Übrigen auch dazu führt, dass nach der Fusion von Warner Bros. und Discovery in Deutschland aus keinem der beiden Häuser noch führende Köpfe an Bord sind: Die ehemaligen Discovery-Führungskräfte Alberto Horta und Susanne Aigner sind bereits gegangen, jetzt folgen Hannes Heyelmann und Anke Greifeneder - und machen die Frage nach der Strategie von Warner Bros. Discovery für den deutschen Markt umso dringlicher. Auch weil ihre Nachfolge noch unklar bleibt.

Greifeneder baute mit ihrer Expertise für fiktionale Programme erklärtermaßen auf einen nahenden Deutschland-Start des hauseigenen Streamingdienstes Max, doch auch zuletzt in Cannes blieb Warner Bros. Discovery eine Ansage zu Deutschland schuldig. Ohne eigene Streamingplattform wurden zuletzt eigenproduzierte Serien neben der Auswertung über die eigenen TV-Sender u.a. über Netflix ("The Mopes") und mit Magenta TV ("Oh Hell") ausgewertet. Gelegenheiten, aber keine strategische Perspektive. Vor diesem Hintergrund überrascht ihr Abgang nur bedingt.

Für Greifeneder ist es ein Abschied nach 16 Jahren bei Turner Deutschland bzw. Warner Bros Discovery. 2007 startete sie als Programmchefin der Unterhaltungssparte bei Turner Deutschland und war am Aufbau der Sender TNT Serie, TNT Film, CN und Boomerang beteiligt, konzentrierte sich seit 2013 als Executive Producer und Redaktionsleiterin auf deutschsprachige Eigenproduktionen, darunter mehrfach nominierte und ausgezeichnete Serien wie "4 Blocks", "Andere Eltern" und "Para - Wir Sind King". Weitere Produktionen in ihrer Verantwortung waren "Arthurs Gesetz", "The Mopes", "German Genius" sowie das im Dezember startende "Boom Boom Bruno".

"Arbeitszeit ist Lebenszeit und ich hätte sie nicht besser investieren können als bei Warner Bros. Discovery", erklärt Anke Greifeneder in der internen Mitteilung. "Als Programmchefin durfte ich zu Beginn die deutschen Turner-Sender aufbauen, die engagiertesten Teams einstellen und unseren Produktionsbereich mit der ersten Pay-TV-Serie im deutschen Fernsehen starten. Ich bedanke mich für das mir entgegengebrachte Vertrauen, die kreative Freiheit und mein grandioses Team, das jedes Abenteuer mit offenem Herzen mitgegangen ist. Meine Leidenschaft bleibt es, Geschichten zu erzählen."

Wohin es Anke Greifeneder nun zieht, sagt sie nicht und liefert stattdessen zum Staffelende das, was Serienfans fürchten: "Wie und wo, lasse ich auf mich zukommen, es geht doch nichts über einen guten Cliffhanger!"