Seit dem 1. Januar ist der neue RBB-Staatsvertrag in Kraft, gegen einige darin enthaltenen Punkte hatten sowohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Anstalt als auch das Führungsteam gekämpft. Doch es hat nichts geholfen: Der Brandenburger Landtag und das Berliner Abgeordnetenhaus hatten den Vertrag im Dezember ein paar Tage vor Weihnachten beschlossen (DWDL.de berichtete) - und das ohne auf die Kritikpunkte aus dem RBB einzugehen. 

Und während einige im Staatsvertrag neu eingefügten Punkte, wie etwa die Gehaltsobergrenze für den oder die IntendantIn, erst dann gelten, wenn, wie in diesem Fall, der aktuelle Vertrag von Ulrike Demmer ausläuft, sind andere Dinge sofort umzusetzen. Das von der Politik neu vorgeschriebene Regionalbüro in Brandenburg an der Havel beispielsweise. Oder die Auseinanderschaltung des Regionalprogramms für jeweils 60 statt wie bisher 30 Minuten, außerdem muss die Intendantin zwei Personen vorschlagen, die die Landesprogramme in Berlin und Brandenburg leiten - gewählt werden diese vom Rundfunkrat. 

Ulrike Demmer © RBB / Thomas Ernst Ulrike Demmer
"Wir prüfen derzeit verschieden räumliche Optionen und bereiten die technische Ausstattung vor, wir sind zuversichtlich, binnen der kommenden Wochen einen neuen Anlaufpunkt für den rbb in Brandenburg/Havel anbieten zu können", heißt es von einem RBB-Sprecher auf Anfrage des Medienmagazins DWDL.de. Spannender Nachsatz: "Wir halten es auch für denkbar, das Konzept auf andere Regionen auszuweiten." Das ist durchaus überraschend, hatte sich der RBB massiv dagegen gewehrt, dass die Politik dem Sender vorschreibt, wo man nun noch ein Büro zu eröffnen hat. "Ich habe wirklich nichts gegen weitere Büros, aber ich würde das Geld lieber in Reporter investieren, die vor Ort recherchieren, als in Miete für Büroräume 50 Kilometer von Potsdam entfernt", erklärte Intendantin Ulrike Demmer im November im "Zeit"-Interview. Nun hält man es beim RBB sogar für möglich, weitere Büros zu eröffnen - freilich will man dann selbst entscheiden, wo diese liegen. 

Klage gegen Staatsvertrag? Noch unklar

Auch das Thema der Auseinanderschaltung der Landesprogramme sei "in Arbeit", heißt es vom RBB. Einen genauen Zeitpunkt, wann die Erweiterung erfolgt, gibt es aktuell aber noch nicht. Bei den für das Landesprogramm zuständigen Personen rechne man "bis zur Jahresmitte mit einem konkreten Umsetzungsvorschlag". In beiden Fällen hatte der RBB 2023 scharf gegen eine Änderung des damals noch geltenden Staatsvertrags protestiert. Der RBB sprach hier in der Vergangenheit unter anderem von einer "schwerwiegenden Eingriff in Programmautonomie und in die Selbstverwaltungs-/Organisationshoheit". Ulrike Demmer sagte im Oktober 2023 ganz generell: "Dieser Staatsvertrag verletzt unsere aus Rundfunk- und Programmfreiheit resultierenden Garantien."

Weil Berlin und Brandenburg den Staatsvertrag dennoch verabschiedet haben, muss der RBB sich nun daran machen, ihn umzusetzen. Dabei stellte das Unternehmen zuletzt in Aussicht, möglicherweise gegen die Neufassung klagen zu wollen. Weil eine solche Klage aber keine aufschiebende Wirkung auf die Umsetzung des Staatsvertrags hätte, muss man sich nun vorerst beugen. Allerdings ist es nicht so, als würde es beim RBB schon eine Entscheidung in dieser Sache geben. "Unsere Unabhängigkeit ist ein hohes Gut. Für uns ist das aber kein Selbstzweck, daher prüfen wir die nächsten Schritte mit großer Sorgfalt. Da eine gerichtliche Klärung keine aufschiebende Wirkung hätte, besteht kein unmittelbarer Zeitdruck", heißt es von einem RBB-Sprecher gegenüber DWDL.de. 

Zwölf Wochen nach Inkrafttreten des Staatsvertrags und noch einige Wochen mehr nach Vorlage der ersten Entwürfe ist immer noch unklar, wie der RBB genau in der Sache weiter verfahren wird. Das ist einigermaßen überraschend. Vor allem angesichts der sehr eindeutigen und eindringlichen Aussagen, die unter anderem von Ulrike Demmer zum Staatsvertrag in der Vergangenheit bereits gefallen sind. 

Umsetzung des Staatsvertrags läuft

Es sind vor allem die angesprochenen Punkte, die der Führungsetage ein Dorn im Auge sind. Viele inhaltliche Ziele, die im Staatsvertrag festgeschrieben sind, unterstützen Ulrike Demmer & Co. ganz ausdrücklich. Das hat die Intendantin immer betont und das hört man auch jetzt wieder vom RBB. Es gehe nur um einige konkrete Regeln zur Umsetzung, viele Aspekte hätte man schon vor dem Inkrafttreten des neuen Staatsvertrags aufgegriffen. "Wir haben neue, strengere Compliance-Regeln und die Rolle der internen Revision deutlich gestärkt. Es wird keine Vereinbarungen zu Ruhegeldern mehr geben. Wir haben ein neues AT-Konzept etabliert und damit die Gehälter der Führungskräfte spürbar gekürzt und transparent gemacht." Um zudem sowohl Verwaltungs- als auch Rundfunkrat zu stärken, habe man seit dem 1. Januar eine neue und besser ausgestattete Gremiengeschäftsstelle. 

Gleichzeitig arbeitet man weiter am Programm, Anfang des Jahres ist bekanntlich ein neues Programmschema an den Start gegangen, sowie den Angeboten - so hört die Kulturwelle der Anstalt künftig auf einen neuen Namen und erhält eine neue Ausrichtung. Hinzu kommt der Prozess "RBB Zielbild 2028", im Rahmen dessen man sich bis zum Sommer Gedanken darüber machen will, wie die Mindestgröße der Anstalt auszusehen hat (DWDL.de berichtete). Eigentlich wollte der RBB eine weitere Direktionsstelle abschaffen, das war allerdings noch der Plan von Interimsintendantin Katrin Vernau. Ob es dazu wirklich kommt, zeigt sich wohl im Sommer. 

Und ganz nebenbei sitzt man noch an einer neuen Geschäftsordnung, die man sich verpassen muss, weil die alte eben das ist - ziemlich alt. Darin ist zum Beispiel noch festgehalten, dass es eine juristische Direktion gibt (die aber schon seit einiger Zeit nicht mehr vorhanden ist) und, dass der Chefredakteur Teil der Geschäftsleitung ist (was er nicht mehr ist). Auch die künftigen Landesprogrammbeauftragten oder das neue Führungskonzept (Gemeinsame Entscheidungen im Direktorium, Veto-Recht für Intendantin) sollen darin festgehalten werden. 

Neue Programmdirektorin: Gerne ostdeutsch!

Martina Zöllner © RBB/Gundula Krause Martina Zöllner
Zu alledem gesellt sich eine weitere, nicht unwichtige Frage für die Zukunft des RBB: Wer wird Nachfolgerin von Martina Zöllner als Programmdirektorin? Sie hatte die jüngste Programmreform auf den Weg gebracht, wird ihren im Sommer auslaufenden Vertrag allerdings nicht verlängern. In Zeiten eines RBB, der an allen Ecken und Enden sparen muss, ist ihr Job sicherlich keiner, der vergnügungssteuerpflichtig ist. Die Stelle der Programmdirektorin ist bereits ausgeschrieben worden, der oder die NachfolgerIn soll den Posten zum 1. August antreten. 

Aus der Stellenausschreibung geht hervor, dass der RBB nicht nur eine Person mit einem "modernen Führungsverständnis" sucht, sondern auch jemanden, der über langjährige Praxis- und Manage­ment­erfahrung im Bereich der Entwicklung von linearen und nonlinearen Medieninhalten verfügt und außerdem ein digitales Mindset hat. "Wirtschaftliches Denken und Handeln gehört zu Ihren Kernkompetenzen", heißt es in der Ausschreibung auch noch. Man freue sich "insbesondere über Bewerbungen von Personen aus der Region und/oder mit ostdeutscher Biografie", so eine weitere Formulierung in der Stellenausschreibung.

Und da ist er wieder, der neue Staatsvertrag. Darin steht neuerdings nämlich auch geschrieben, dass der RBB bei der Besetzung von Führungspositionen Bewerberinnen und Bewerber mit biografischen Bezügen zu den Ländern Berlin und Brandenburg, speziell Personen mit ostdeutscher Biografie, bevorzugt berücksichtigen sollte. Gut möglich also, dass der oder die neue ProgrammdirektorIn des RBB aus Berlin oder Brandenburg stammt. Oder Bayern. Oder Baden-Württemberg. Oder aus einem anderen Bundesland. "Sollte" ist in diesem Fall das entscheidende Wort. Eines, das eher eine lose Empfehlung ist als eine strikte Anweisung. Ganz im Gegensatz zu den anderen Punkten im neuen RBB-Staatsvertrag. 

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