Diese Telegeschichte beginnt im Jahr 1986 in einem Studio in München-Unterföhring. Dort treffen sich zwei Männer, die für den jungen Privatsender Sat.1 ein neues Erkennungszeichen gestalten sollen. Als Grundlage dient ihnen die bisher verwendete Spirale, die eine abstrahierte, flache Satellitenschüssel darstellt. Schließlich ist Sat.1 das erste deutsche Programm, das seit April 1984 über einen Satelliten ausgestrahlt wird. Obwohl die Station noch unter dem sperrigen Namen PKS (Programmgesellschaft für Kabel und Satellitenrundfunk) als Pilotprojekt im Ludwigshafener Kabelnetz gestartet war, bestand das eigentliche Ziel schon bei ihrer Gründung darin, eine Frequenz auf dem neuen europäischen Satelliten ECS-1 zu erhalten. Deshalb trug bereits PKS eine abstrahierte Parabolantenne im Logo, die im nächsten Jahr zur Spirale vereinfacht wurde.

Sat.1 1986 © Screenshot
Mit dieser Grafik vor Augen sitzen die beiden Techniker nun und überlegen, wie die künftige Aufmachung des Kanals aussehen kann. Dafür steht ihnen ein modernes Effektgerät namens „Mirage“ zur Verfügung, das seltene dreidimensionale Bilder erstellen kann. Weil Sat.1 und das Privatfernsehen insgesamt im Kontrast zum muffigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk als innovativ und kreativ gelten, glauben sie, eine solche Animation ist genau das richtige. Doch welche Bilder sollen sie damit generieren? Gutes Material liegt ihnen nicht vor. Also greifen sie aus purer Not auf das Testbild zurück, nehmen dessen Farbbalken, fügen einen 3-D-Effekt hinzu und plötzlich erscheint auf ihrem Bildschirm eine bunte Grafik, die an einen Wasserball erinnert. Der Sat.1-Ball ist geboren. So zumindest erzählt es die Legende.

Sat.1 80er © Screenshot

„Die beste Zeit des Tages“ (1993)

Das Mirage-Gerät spuckte auch einen dreidimensionalen Schriftzug aus, der auf einer spiegelnden Oberfläche in einem virtuellen grauen Raum platziert wurde. Der gerade erfundene Ball fand darin seinen Platz zwischen dem Wort „SAT“ und der „1“ und wirkte dort wie ein Punkt. Dieser eigentlich rein grafische Akzent funktionierte derart gut, dass der Punkt bald zum festen Bestandteil des offiziellen Namen gehörte. Aus „SAT 1“ wurde das heutige „SAT.1“. Ab dem Jahr 1993 kam mit dem Spruch „Die beste Zeit des Tages“ noch der erste richtige Claim des Senders hinzu.

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Nicht zuletzt durch die Übernahme ihrer Form in die beliebten Spielshows „Glücksrad“ und „Superball“ und durch den Einsatz als Werbetrenner stieg die bunte Kugel schnell zu einer der stärksten Bildmarken in Deutschland mit einem Bekanntheitsgrad von weit über 90 Prozent auf. Bis heute ist der Ball so fest mit Sat.1 verbunden, dass dieser seit Jahren hartnäckig als „Bällchensender“ umschrieben wird. Sat.1 ist der Ball und der Ball ist Sat.1.

„Ich drück‘ Dich“ (1996)

Umso mutiger war es, als im Mai 1995 der gerade frisch ernannte Programmdirektor Fred Kogel die Zukunft des Sat.1-Balls in Zweifel zog. Dieser Schritt passte zu Kogels Vorgehen, der mit spektakulären Verpflichtungen und konsequenten Entscheidungen den kompletten Sender auf den Kopf stellte. Entsprechend kündigte er auf einer Pressekonferenz einen umfassenden Relaunch des On-Air-Designs an: „Der Ball hat im Moment ein schlechtes Image auf dem Markt“, so Kogel. Er hätte zu sehr das alte Biedermann-Bild von Sat.1 verkörpert, das mit aller Macht zu überwinden war. Die Agentur Jung von Matt erhielt daraufhin den Auftrag, das „neue Sat.1-Gefühl“ zu visualisieren. Sie entwickelte eine Kampagne, in deren Mittelpunkt der doppeldeutige Claim „Ich drück‘ Dich“ stand.

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Dieser wurde ab 1996 in kurzen Spots und auf Plakaten von vermenschlichten Fingern mit Gesichtern, Hüten oder Brillen transportiert. Die merkwürdige Umsetzung wirkte zuerst befremdlich, zeigte dennoch Wirkung, denn rasch war der Satz in aller Munde. Das lag insbesondere an Harald Schmidt, der den Spruch regelmäßig in seiner Late-Night-Show aufgriff und Sat.1 in diesem Zuge den Beinamen „Kuschelsender“ verpasste. Trotz des Erfolgs beendete Sat.1 die Zusammenarbeit mit Jung von Matt nach einigen Monaten, wodurch ebenso die gruseligen Finger vom Bildschirm verschwanden.

Beim Logo verabschiedete man sich von der alten 3-D-Grafik und setzte auf einen zweidimensionalen Schriftzug, der von einer Ellipse umrahmt war. Der bunte Ball tauchte darin zunächst weiter als Punkt auf, wurde allerdings bis 1998 in On-Air-Promos und Idents immer zögerlicher eingesetzt. Im Gegenzug geriet das Erscheinungsbild von Sat.1 zunehmend kantig und kühl. Als das pillenförmige Logo dann mit metallischen Spiegelungen veredelt wurde, war für den historischen Sat.1-Ball kein Platz mehr im modernen Look. Lediglich als Bildschirmlogo blieb er in der linken oberen Ecke der Mattscheibe erhalten.

Zur Jahrtausendwende hatte es sich längst ausgedrückt, als Kogel im Rahmen einer Programmpräsentation einen neuen Claim vorstellte. Er lautete schlicht „Ja“ und sollte als „Botschaft und Aufforderung, Ja zu sagen zu großen Emotionen, zu Spannung, Freude und Rührung“ verstanden werden. Die zugehörige Imagekampagne ließ man sich stolze 45 Millionen DM kosten.

„Powered by Emotion“ (2001)

Sat.1 Powered by Emotion © Screenshot
Mit einem einfachen „Ja“ war es bald nicht getan. Um sich gegen die stärker werdende Konkurrenz von RTL behaupten zu können, wollte man mehr bieten, als nur der „Kuschelsender“ zu sein. Nach dem Weggang von Fred Kogel ließ sein Nachfolger Martin Hoffmann deshalb das hauseigene Marketingteam um Jobst Eversmann gemeinsam mit der Agentur Springer & Jacoby und Velvet ein Design erstellen, das Ecken und Kanten aufwies.

Darin kehrte der Sat.1-Ball ins Logo zurück und wurde in eine feste Verbindung mit dem überarbeiteten, kantigen Schriftzug eingebettet. Der Ball selbst erhielt kantige Flächen und seine ursprünglich zwölf Farben wurden auf neun reduziert. Laut Jobst Eversmann bildete er in seinem Entwurf die zentrale „Energiequelle“, aus der alle anderen Elemente hervorgingen: „Der Sat.1-Ball bekommt in unserem neuen Design eine Funktion, eine Aufgabe. Das heißt, wir haben einen Weg gefunden, den Ball für die Marke noch besser arbeiten zu lassen.“ Mit der Einführung der herben Aufmachung am 2. September 2001 kam der neue Schriftzug auch als Bildschirmlogo zum Einsatz, das zugleich von der linken in die rechte obere Ecke wanderte.

Ergänzung fand die neue Text-Bild-Marke durch vier Farbskalen, die den unterschiedlichen Gefühlswelten der Formate entsprachen und je nach Bedarf miteinander kombiniert werden konnten. So wurden beispielsweise für den Event-Zweiteiler „Antonia - Zwischen Liebe und Macht“ weiblich-jugendliche und romantische Magenta-Abstufungen mit der aufregend-spannenden Kontrastfarbe Hellgrün gebrochen.

Das ehrgeizige Ziel, sich trotz aller Ecken und Kanten als „moderner Familiensender“ zu etablieren und „das emotionalste Unterhaltungsfernsehen Deutschlands“ zu bieten, sollte durch einen passenden Claim unterstrichen werden: „Powered by Emotion“ lautete er und versuchte, die ganze Bandbreite der Gefühle auszudrücken, die man vermitteln wollte. Dabei sollte zusätzlich die Band „Orange Blue“ helfen, die das Motto in einen Popsong umwandelte und einige Werbespots musikalisch untermalte. („I'm powered by emotion, I'm caught within your shine, I'm powered by emotion, The treasure that you saved reveals the sign“).

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Dass ein deutscher TV-Anbieter, der sich vor allem auf deutschsprachige Eigenproduktionen konzentrierte, eine englischsprachige Kennung wählte, verwunderte damals viele Journalist:innen. Sat.1-Sprecherin Jutta Kehrer erklärte dazu selbstbewusst, man habe sich absichtlich für einen englischen Slogan entschieden, da Begriffe wie Gefühl und Leidenschaft „in der englischen Sprache stärker und breiter“ klängen. Zu welchen Problemen der Entschluss führte, zeigte 2003 die Agentur Endmark, die das Verständnis fremdsprachiger Claims untersuchte. Demnach übersetzten einige Befragte „Powered by Emotion“ mit „Strom bei Emotion“ oder sie brachten die Formulierung mit dem nationalsozialistischen Slogan „Kraft durch Freude“ in Verbindung. Das waren zwar Einzelfälle, aber ein gefundenes Fressen für viele Presse- und Onlinedienste, die die Fehlinterpretationen mit großer Häme aufgriffen.

„Sat.1 zeigt’s allen“ (2004)

Sat.1 2003 © Screenshot
Im Jahr 2003 kam es zum großen Umbruch: Nach der Insolvenz der KirchMedia, die bis dahin maßgeblich an der ProSiebenSat.1 Media AG beteiligt war, folgte Haim Saban als neuer Haupteigentümer. Er setzte den Schweizer Medienunternehmer Roger Schawinski als Geschäftsführer ein, der das inzwischen angeschlagene Unternehmen zurück zur Prophetie führen sollte. Ein Problem war, dass angesichts all der Ecken und Emotionen unklar blieb, wofür Sat.1 eigentlich stand und wen das Programm ansprechen wollte. Eine der ersten Maßnahmen im Rahmen von Schawinskis „Damage Control“ bestand darum in der Abschaffung des englischen Werbespruchs. In seinen Augen musste sich Sat.1 ein provokanteres Profil verordnen und endlich das Image des Kuschelkanals ablegen.

Dies sollte der Claim „Sat.1 zeigt’s allen“ erreichen, der ab September 2004 zum Einsatz kam. Die Agentur Scholz & Friends hatte ihn entwickelt und wollte seine Doppeldeutigkeit als Kampfansage an den Marktführer RTL verstanden wissen. Das wirkte deswegen kurios, weil

RTL schon im Jahr 1997 mit „Wir zeigen’s Ihnen“ auf eine sehr ähnliche Marke setzte. Für Schawinski kein Problem, eher im Gegenteil: „Der RTL-Claim war eindimensional, bei uns gibt es eine gewisse Mehrdeutigkeit. Damit wollen wir Sat.1 in eine neue Phase führen“.

Im Rahmen der Neupositionierung ging es sogar dem Sat.1-Ball an den Kragen, der dem amtierenden Marketingchef Konrad Viehrig zu „verspielt bunt“ erschien. Als Konsequenz entzog er ihm seine Mehrfarbigkeit und strich ihn in einem „leidenschaftlichen, kräftigen Dunkelrot“ an oder legte ihn transparent auf bunte Farbflächen.

„Mehr“ (2008)

Als Roger Schawinski am Ende des Jahres 2006 von Bord ging und Matthias Alberti seinen Posten übernahm, strich dieser umgehend den alten Werbespruch. Angesichts eines Marktanteils von konstant unter zehn Prozent erschien ihm die Ansage „Sat.1 zeigt's allen“ zu großspurig. Ein weiteres Re-Design stand somit an, das diesmal von der hauseigenen Agentur Creative Solutions stammte. Der Ball blieb darin zwar flächig und einfarbig, avancierte jedoch erstmals zum alleinigen Senderlogo. Auf hellem Grund trug er ein kräftiges Rot, während er in den Elementen auf dem Bildschirm weiß auf farbigen Flächen lag. Durch seine Aufwertung wurde der Ball ab jetzt auch wieder zum Signet im laufenden Programm, das in die linke obere Ecke zurückkehrte. Der begleitende Pressetext schwärmte euphorisch von den elf „brillanten, frischen Farben“, die ab dem 17. März 2008 in aufsteigenden Farbflächen für „mehr Dynamik“ und „harmonische Übergänge“ sorgten.

Sat.1 Mehr © Screenshot

Statt eines starren Claims führte man diesmal ein klares Produktversprechen und ein modulares Modell ins Feld. Je nach Sendung hieß es „Mehr Spaß“, „Mehr Action“, „Mehr Genuss“, „Mehr Spannung“. Das Prinzip dahinter erklärte Co-Geschäftsführer Torsten Rossmann: „Der neue Senderauftritt stellt die Sat.1-Stärken heraus und rückt den Ball in den Mittelpunkt. […] Das ‚Mehr‘ ist das immer wiederkehrende Element in der Kommunikation, das die Marke on-air und off-air auflädt. Es korrespondiert mit der frischen und kraftvollen Farbwelt des neuen Designs.“

„Colour Your Life“ (2009)

Sat.1 Ball 2009 © Sat.1
Anfang des Jahres 2009 trat Guido Bolten sein Amt als Geschäftsführer an und gab (fast) traditionsgemäß ein Re-Design in Auftrag. Es war die dritte Überarbeitung innerhalb von fünf Jahren. Wieder wurde das neue Erscheinungsbild als „moderner, noch sympathischer, voller Optimismus und farbenfroh“ angepriesen. Wieder war die Rede von der Energie des Sat.1-

Balls, der erneut alle Kommunikationsmaßnahmen beherrschen werde. Die größte visuelle Veränderung lag darin, dass der Ball nun dreidimensional dargestellt wurde. Er blieb weiß, hatte aber einen farbigen Kern, der in acht verschiedenen Farbvarianten wie Pink, Türkis und Gelb vorlag. Sie entsprachen den acht zugehörigen Farbwelten, die „für die Vielfalt und Dynamik des Sat.1-Programms“ standen und wiederum einzelnen Genres oder Stimmungen zugeordnet waren. Bei so viel Buntheit lag es nahe, als Claim „Colour Your Life“ zu wählen und zu versprechen, das ganze Leben in all seinen Farben in den eigenen Shows und Serien abbilden zu wollen.

„Wir wollen das Fernseherlebnis Sat.1 wieder bunter gestalten, lebensfroher und positiver und unsere Zuschauer auch optisch mit dem Senderauftritt begeistern. Sat.1 steht heute mehr den je für modernes Family-TV und wird jetzt auch so kommuniziert“, erklärte Rainer Heneis, damaliger Leiter der Marketingabteilung von Sat.1, das Design.

Mit dem neuen Geschäftsführer Andreas Bartl kam bloß zwei Jahre später die nächste Auffrischung. Die acht Farbvarianten des Sat.1-Balls verschwanden zugunsten eines Balls, der jetzt wieder mehrfarbig war. Außerdem wurden die bisherigen Farbwelten durch Farblabels ersetzt, die nicht mehr nur einzelnen Genres, sondern auch Tagen zugeordnet waren. Der englische Claim „Colour Your Life“ blieb vorerst erhalten und änderte sich ab 2012 in „Freut euch drauf“.

„Es gibt noch viel zu sehen“ (2022)

Sein bislang letztes optisches Facelifting erfuhr der Sat.1-Ball im Oktober 2016, als die nunmehr sieben Regenbogenfarben fortan wieder außen auf den Lamellen leuchteten. Sie sollten einmal mehr das breite Spektrum des Programms repräsentieren. Wieder überschlug sich der Pressetext mit positiven Zuschreibungen. Wieder sollte die Bildsprache „farbenfroh, modern und lebendig“ anmuten. Hinzu kamen halbkreisförmige Gestaltungselemente, die sich bis heute in den Einspielern um den Ball drehen und aufblättern. Seit September 2022 bestimmen vor allem die Töne Lila und Petrol das Aussehen von Sat.1. Seitdem trägt der Kanal auch den verheißungsvollen Claim „Es gibt noch viel zu sehen“.

Sat.1 © Sat.1

In seiner vierzigjährigen Geschichte hat Sat.1 so viele Veränderungen erlebt wie kaum eine andere Marke in Deutschland. Mit jedem neuen Geschäftsführer kam meist ebenso ein neuer Look daher. Doch so sprunghaft der optische Auftritt des Senders ist, so beständig ist sein akustisches Markenzeichen. Seit dem Jahr 1998 wird über alle Kampagnen hinweg nämlich dasselbe viertönige, markante Audio-Logo verwendet. Beim Konkurrenten RTL fand die größte und wichtigste optische Veränderung übrigens im Jahr 1992 statt, als er sein „plus“ ablegte. Das allerdings ist eine ganz andere Telegeschichte… die in der kommenden Woche erzählt wird.