RTL und der Trick mit n-tv
Wir schreiben das Jahr 2001. Im Herbst hatte RTL Gespräche mit AOL Time Warner (Neben dem Holtzbrinck-Verlag zweiter Haupteigner von n-tv) über eine Beteiligung an dem Nachrichtensender abgebrochen, nachdem für eine 25%-Beteiligung von AOL Time Warner 75 Millionen Euro verlangt wurden. Den Preis empfand man damals als zu hoch. Und RTL tat gut daran, damals nicht einzusteigen.Einige Wochen nach den Anschlägen vom 11.September standen TV-Nachrichten und somit auch Nachrichtensender hoch im Kurs. Dementsprechend forderte AOL Time Warner auch einen hohen Preis für einen Sender, der gerade in dieser Zeit sehr gefragt war. Damals schaute auch niemand auf die sinkenden Werbeeinnahmen des Senders. Es schien ganz so als ginge es der RTL Group darum, mit einem Nachrichtensender "Kompetenz" einzukaufen.
Gut neun Monate ist alles anders: Das Angebot von RTL, das 47,3%-Anteilspaket an n-tv sowie das hochprofitable Radiogeschäft des Holtzbrinck-Verlags für 170-180 Millionen Euro zu übernehmen, wirkt fast zu gelungen um wahr zu sein. Erst gestern wurde bekannt, dass die Werbeeinnahmen von n-tv in den ersten sechs Monaten diesen Jahres um ein Drittel auf 33 Millionen Euro eingebrochen sind.
Einen solch drastischen Verlust bei den Werbeeinnahmen musste sonst kein anderer deutscher TV-Sender erleiden. Zugleich aber bescheinigten die neuen AWA-Zahlen n-tv einen enormen Zuwachs bei der täglichen Reichweite: Wie DWDL berichtete, schauen jetzt täglich 8,44 Millionen Zuschauer n-tv. Dies entspricht einem vielversprechenden Plus von 1,93 Millionen.
Für RTL wird die Übernahme somit zum Glücksgriff: Der erfolglose Werbezeitenverkauf wird ab 2003 von der Kölner RTL-Vermarktungstochter IP übernommen, die RTL-Nachrichtenredaktion soll von n-tv profitieren und der Nachrichtensender selbst verliert zwar seine Selbstständigkeit, gewinnt aber durch die RTL Group einen sicheren Partner, der angesichts der sinkenden Einnahmen willkommen sein müsste.