"Aus Raider wird Twix - Sonst ändert sich nix": Die Digitalisierung fällt aus

Foto: Thomas Lückerath/DWDLEs war stellenweise fast schon eine Farce: Da saßen deutsche Produzenten und TV-Macher auf der Bühne und sollten zum gesetzten Thema etwas sagen und wussten dann gar nicht so recht, was sie mit dem Thema Digitalisierung anfangen sollen. Damit standen sie jedoch nicht alleine dar: Auch bei anderen Veranstaltungen in den Tagen des medienforum.nrw und der Cologne Conference wurde deutlich: Von digitaler Revolution kann keine Rede sein.

Es diskutierten Marcus Wolter (Geschäftsführer von 9Live), Dr. Constantin Lange (Geschäftsführer RTL Newmedia), Wolfram Winter (Geschäftsführer Universal Studios Networks Deutschland), Anke Schäferkordt (Geschäftsführerin VOX), Christian Popp (Produzent Grundy UFA TV Produktion) und Rainer Sura (Direktor Broadcasting & Marketing QVC Deutschland).

VOX-Chefin Schäferkordt begann dann auch mit einem früheren Werbespruch eines Schokoriegel-Herstellers, der fast symbolisch für die Digitalisierung zu sein scheint: "Aus Raider wird Twix - sonst ändert sich nix". So ähnlich sehe Sie die Digitaliserung. Für den Zuschauer zuhause ändere sich ja immerhin erstmal nichts. Von einer Revolution könne also keine Rede sein, so Schäferkordt.

Foto: Thomas Lückerath/DWDLÄhnlich argumentiert RTL Newmedia-Chef Lange: "Digitalisierung hat zunächst mal nichts mit dem Programm zu tun." Vorerst würde lediglich die Übertragunstechnik geändert. Und er verriet auch nix Neues als er sagte, dass mit interaktivem Fernsehen heute noch kein Geschäft zu machen sei. Dem widersprach 9Live-Vertreter Wolter natürlich vehement.

Er bezeichnete seinen eigenen Sender kurzerhand zur neuesten Fernsehrevolution und fragte sich in Bezug auf die Digitalisierung wo bei einem digitalen Rückkanal der Vorteil liegen solle: "Welche Möglichkeiten hat ein digitaler Rückkanalm, die das Telefon nicht heute schon bietet?"

Zentrale Rechtfertigung von allen Seiten für die Trägheit in Bezug auf die Nutzung der digitalen Möglichkeiten für interaktive Programme: Noch sei der Kreis der Digital-Haushalte in Deutschland zu gering. Da sei es noch nicht attraktiv z.b. Einkaufen per Fernbedienung einzuführen, wie man es in England schon probiert habe, so QVC-Vertreter Sura.

Er einzige Kämpfer für die bereits vorhandenen digitalen Möglichkeiten: Der Universal Studio Networks Deutschland-Chef Winter. Seine Sender seien per analoger Verbreitung gar nicht möglich gewesen. Und gerade die Verknüpfung mit dem PayTV ermöglichte zum Beispiel dem Sender 13th Street eine Talkshow mit Michel Friedman zu produzieren - ganz ohne Quotendruck. Das sei im analogen FreeTV nicht denkbar.

Er bedauere als ehemaliger Beteiligter bei Kirchs DF1 aber sehr, dass seit acht Jahren jedes Mal aufs Neue die digitale Revolution lautstark ausgerufen werde und sich dann irgendwie doch nie etwas tut. Seine Kollegen auf der Bühne wollten ihm aber keinen Grund zur Zuversicht geben. Der Tenor war insgesamt: "Wir beobachten das kritisch und werden aber zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein." Nach einer Revolution klingt das nicht.

Foto: Thomas Lückerath/DWDLDie Diskussion verstummte zeitweilig zum gemeinschaftlichen Schweigen. Selbst der Moderator der Runde suchte mit Mühe nach weiteren Fragen, die die Diskussion immerhin über die geplante Länge des Seminars aufrecht erhielt. So rang sich dann VOX-Chefin Anke Schäferkordt auch zu einer positiven Aussage über die Digitalisierung durch.

Sie freue sich für die Zuschauer über die neue Vielfalt an Programmen die durch die digitalen Kabelnetze möglich werden. Ansonsten aber befürchte sie bei dem Thema, dass die Unternehmen bei der "Faszination des Machbaren" den Kunden vergesse.

Der Eindruck dieser Diskussion war für viele Zuhörer, wie man nachher im Foyer hörte, ein Abbild der Stimmung auf der gesamten Messe. Das Zauberwort "Digitalisierung" schwebte über jeder Veranstaltung und doch bekam es niemand zu greifen. Es erscheint einem fast so als sei die Digitalisierung des Fernsehens, abgesehen von der reinen Technik-Umstellung, eine Erfindung mancher Unternehmer.

Egal ob RTL-Chef Gerhard Zeiler, VOX-Chefin Anke Schäferkordt oder weniger prominente Referenten: Oftmals fiel der Satz "Eine Revolution wird das nicht". So oder so ähnlich muss es damit auch den meisten Besuchern der Cologne Conference und dem medienforum.nrw am Abend in den Ohren geklungen haben. Also: Alle nochmal hinlegen, drüber schlafen und Ideen entwickeln. Vorerst fällt die Digitalisierung der Programminhalte aus.