RTL II-Nachrichtenchef über Verantwortung für Information

Foto: RTL IIRTL II-Nachrichtenchef Jürgen Ohls über Verantwortung für Information:

"Was sind eigentlich „wirkliche Nachrichten“? Klar – wichtige politische Entscheidungen gehören dazu; Regierungswechsel im Ausland oder große Ereignisse wie der Irak-Krieg. Aber schon beim Thema Sport ist die Lage nicht mehr eindeutig. Muss die Berichterstattung z.B. über ein Biathlonrennen in eine seriöse Nachrichtensendung? Die Lottozahlen? Das Wetter? Ja – und zwar weil Menschen sich für diese Dinge interessieren – auch wenn sie nicht von weltpolitischer Bedeutung sind.

Auch die Themen der RTL2-News orientieren sich am Interesse der Zuschauer. Die sind bei uns eher jünger als bei der Konkurrenz. Und deshalb muss die Sendung anders aussehen. Rock am Ring statt Ring von Bayreuth; Tipps für die Online-Bewerbung statt die immer gleichen parteipolitischen Auseinandersetzungen über die Arbeitslosigkeit.

Junge Zuschauer interessieren sich im übrigen sehr wohl für Probleme. Aber sie haben die immer gleiche mediale Inszenierung satt. Und sie wollen eine Sendung, die Ihnen nicht vorschreibt was Nachrichten sind – und was nicht. Wenn Coldplay ein neues Album machen, wollen RTL2-News-Zuschauer das wissen – es ist für sie eine Nachricht. Die Welt dieser Menschen besteht eben nicht nur aus Problemen, Katastrophen und Streit. Und das ist gut so.

Gäbe es wirklich objektive Kriterien der Nachrichtenauswahl wäre die Lage klar: Jede Sendung müsste die gleichen Themen behandeln. Natürlich ist das nicht so. Und zwar weil alle Redaktionen aus einer unglaublichen Zahl von potentiell Berichtenswertem auswählen. So kann jede Sendung nur einen winzigen Ausschnitt dessen beleuchten, was „Realität“ ist. Der Anspruch der Vollständigkeit ist zum Scheitern verurteilt.

Es stimmt: mit bunten Geschichten kann man Zuschauer für Nachrichten gewinnen. Und im Zweifelsfall dazu beitragen, dass viele junge Menschen überhaupt noch mit politischen Inhalten konfrontiert werden. Das ist keine Schande – sondern darauf sind wir sogar ein bisschen stolz."