Lange hat es gedauert. Bereits vor einigen Jahren kündigte der Kabelnetzbetreiber Unitymedia eine vermeintliche Wunderbox an, die auf den Namen "Horizon" hört. Immer wieder verschob sich der Einführungstermin - im vergangenen Jahr konnte man Horizon zwar erstmals auf der Anga Cable bestaunen, doch erst am Mittwoch, und damit pünktlich zur IFA, soll Horizon auch tatsächlich auf den deutschen Markt kommen. "Die schier unendlichen Möglichkeiten des digitalen Fernsehens sind mit Horizon einfach und komfortabel zugänglich", verspricht Lutz Schüler, CEO von Unitymedia Kabel BW, am Dienstag auf einer Pressekonferenz, zu der das Unternehmen in das Residenz-Kino in der Kölner Innenstadt geladen hatte. Horizon biete "viel mehr Möglichkeiten" und die Chance, "selbstbestimmt fernzusehen".

Um zu demonstrieren, was Horizon kann, wurde der Presse eine vierköpfige Familie aus Marienburg präsentiert - also aus dem reichsten Stadtteil Kölns. Ob Horizon nun also nur die Besserverdiener ansprechen soll, blieb offen. Die Eindrücke der neuen Plattform waren aber dennoch positiv. Doch worum geht's genau? Kernstück von Horizon ist der HD-Recorder, der Router, Modem und Telefonanschluss ersetzen soll. Es handelt es sich um die Kombination eines Digital-Receivers für den Fernsehempfang mit integrierter Recorder-Funktion plus Kabelmodem für Internet und Telefon mit integriertem WLAN-Router. Zur Verfügung steht darüber hinaus eine zweiseitige Fernbedienung - die auf der Rückseite der klassischen TV-Steuerung eine Tastatur besitzt, mit der beispielsweise Sucheingaben leichter von der Hand gehen sollen.

Eingebaut sind eine 500-GB-Festplatte und insgesamt sechs HDTV-Tuner, die  einerseits vier gleichzeitige Aufnahmen, andererseits aber auch deutlich schnelleres Umschalten ermöglichen sollen. Und tatsächlich: In Bezug auf die Umschaltzeit ist das neue Horizon-Gerät seinem Vorgänger-Modell um Längen voraus. Alles andere wäre angesichts der langen Wartezeit bis zur Einführung aber auch eine Enttäuschung gewesen. Das Design wirkt auf den ersten Blick modern und stellt verglichen mit dem bisherigen Recorder einen deutlichen Fortschritt dar. Über Horizon TV soll es darüber hinaus möglich sein, Live-Programme im heimischen Netzwerk gleichzeitig auch auf Laptop, iPad oder iPhone zu sehen. Auch eine Programmierung von unterwegs soll - ähnlich wie schon bei Entertain oder Sky+ - in Zukunft möglich sein.

Entsprechende Apps für Android-Geräte sollen nach Angaben von Unitymedia noch im Laufe des Jahres folgen, Windows 8 habe man zumindest "auf der Roadmap", hieß es am Dienstag. "Wir kommen weg vom großen Screen", erklärte Christian Hindenach, Senior Vice President Marketing & Products bei Unitymedia KabelBW, bei der Horizon-Vorstellung in Köln, mit Blick auf die Strategie, künftig auch mobile Endgeräte im Blick zu haben. Trotzdem gibt es auch neue Features für den Wohnzimmer-Fernseher. Horizon integriert Apps wie etwa YouTube, Twitter oder Wikipedia. Auch die Videothek ist wichtiger Bestandteil, wichtiger als bisher bei Unitymeida. Sie soll zum Start von Horizon deutlich erweitert werden. Mehr als 6.000 Titel sind nach Angaben des Unternehmens zum Start vorhanden. Eine Empfehlungsfunktion liefert dabei auch Vorschläge auf Basis des eigenen Sehverhaltens - natürlich nur nach ausdrücklicher Zustimmung, wie Hindenach betonte.

Die spannendste Frage der Pressekonferenz war allerdings, wie tief Kunden in Zukunft in die Taschen greifen müssen - und ob sich am Ende tatsächlich nur Marienburger Horizon leisten können. Um den Preis hatte Unitymedia jedenfalls in den vergangenen Wochen noch ein Geheimnis gemacht. Wer den neuen Horizon-Recorder als Mietmodell bekommen möchte, muss zehn Euro pro Monat zahlen und damit erwartungsgemäß mehr als bisher. In den ersten zwölf Monaten beträgt die Miete jeweils acht Euro bei einer Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten. Hinzu kommt eine einmalige Aktivierungsgebühr von 50 Euro. Die Receiver-Variante ohne Aufnahme-Funktion ist für sieben Euro pro Monat zu haben - im ersten Jahr verlangt Unitymedia auch hier zwei Euro weniger. Voraussetzung ist logischerweise ein Kabelanschluss von Unitymedia.

Daraus, dass man Horizon am liebsten als Bündel mit Internet- und Telefonanschluss verkaufen möchte, machte Unitymedia in Köln keinen Hehl - kein Wunder, immerhin will man ja ein Gerät für alles an den Mann bringen. Auch hier steigen die Preise: Fünf Euro mehr als bisher kostet es, wenn man den HD-Recorder, sowie eine Internet- und Telefonflatrate bekommen möchte - dafür gibt's aber auch bis zu 150 Mbit pro Sekunde und damit 50 Mbit mehr als aktuell. 50 Euro beträgt der Preis unterm Strich, in den ersten zwölf Monaten kostet das "3 play Premium 150"-Paket 43 Euro pro Monat. Das "3 play Plus 100"-Paket, das den Receiver sowie eine Festnetz-Flatrate und eine Internet-Flatrate bis zu 100 Mbit pro Sekunde beinhaltet, kostet zunächst 33 Euro, nach einem Jahr dann 40 Euro.

Zunächst wird Horizon aber nur in den Kabelnetzen von Unitymedia in Hessen und Nordrhein-Westfalen verfügbar sein, Kunden in Baden-Württemberg werden auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet. Wann genau auch ihnen Horizon zur Verfügung steht, ließ CEO Lutz Schüler am Dienstag ebenso offen wie die Frage, wie viele Geräte Unitymedia denn überhaupt an den Mann bringen will. Dass die Erwartungen groß sind, wurde allerdings deutlich - auch, weil sich Horizon in den Niederlanden und der Schweiz bereits gut verkauft. "Wir gehen davon aus, dass wir ordentlich verkaufen", sagte Schüler und fügt hinzu, dafür gerüstet zu sein, "eine größere Nachfrage zu bedienen". Im kommenden Jahr ist die Einführung von Horizon HD Multiroom für die Nutzung auf dem Zweit- oder Drittfernseher geplant.

Was bleibt also nach der Horizon-Präsentation im Kölner Residenz-Kino? Das Gerät und all die damit verbundenen Funktionen wirken durchaus ansprechend - vor allem bei der Benutzerführung hat Unitymedia spürbar nachgebessert. Interessant ist Horizon nicht zuletzt für all diejenigen, die sich bislang an langsamen Umschaltzeiten oder zu geringen Aufnahmekapazitäten störten. Einzig HbbTV sucht man bei Horizon bislang noch vergeblich. "Wir schauen uns das sehr genau an", sagte Marketing-Mann Christian Hindenach, betonte aber, dass die Nachfrage bei den Kunden ohnehin "nicht so immens" sei.