Stefan Schulz© Watchever
Am Ende wurden es gut zwei Stunden. Ich hatte keine feste Zeit für den Termin eingeplant, aber zwei Stunden hatte ich sicher nicht eingeplant.  Doch wer mit Stefan Schulz, dem Geschäftsführer von Watchever, über die Zukunft von Fernsehen spricht, wird zunächst einmal angesteckt. Von einem Optimismus und dem Willen zur Revolution. Es ist ein bisschen so als würde man mit Georg Kofler sprechen. Auch deshalb, weil manche Frage hinweggelächelt wird. Weil manche Zahlen nicht genannt werden. Dabei ist es nicht so, dass Schulz den Siegeszug von Subscription Video-on-Demand (SVoD - also dem Video auf Abruf gegen einen Pauschalpreis - nicht belegen könnte. Der Siegeszug von Netflix in den USA, dokumentiert durch diverse Nutzungsstatistiken, ist für ihn ein Beleg dafür, dass "die deutschen Fernsehsender noch gar nicht begriffen haben, was da auf sie zukommt."



Stefan Schulz hat 20-jährige Erfahrung in der Unterhaltungsindustrie, zuletzt in führenden Positionen bei Universal Mobile und Vivendi Mobile Entertainment - bis Vivendi ihn zum Lautsprecher und Kapitän von Watchever machte. Seine Zeit in der Musikbranche war prägend. Immer wieder äußert  Schulz im Gespräch die Befürchtung, dass die linearen Fernsehsender die Konkurrenz aus dem Digitalen genauso wenig ernst nehmen, wie einst die Musikindustrie das Internet. Er spricht gerne über die Fehler der anderen und das nicht ausschließlich aus Schadenfreude. Man kauft ihm durchaus ab, dass es ihm zwischendurch fast mehr ums Gattungsmarketing für SVoD geht - als um Watchever. Das wiederum hat in weniger als einem Jahr eine Marktpositionierung erreicht, für die man kaum andere Worte als spektakulär finden kann.

Obwohl wir im deutschen VoD-Markt seit vielen Jahren schon Angebote wie Videoload oder Maaxdome haben und auch Amazon sein Lovefilm schon eingeführt hatte, erschienen jene Anbieter in diesem Sommer wie durch den Fahrtwind herumgewirbelte Trabis, die von Watchever links so schnell überholt worden, wie sie es wohl kaum für möglich hielten. Vielleicht auch,  weil alle auf Netflix gewartet hatten. Doch dann kam stattdessen das Vivendi-Portal Watchever - und diktierte etwa Wettbewerber Maxdome im Sommer sogar das Geschäftsmodell samt Preisniveau. Deutlicher lässt sich der Effekt von Watchever auf den deutschen SVoD-Markt nicht dokumentieren. Das weiß auch Stefan Schulz und grinst recht zufrieden.

Themenwoche Neues Fernsehen

Wie gut aber läuft Watchever jetzt? Die Antwort darauf fällt wie so oft recht wortreich aus bei Stefan Schulz, doch konkrete Zahlen sind nicht dabei. Nachvollziehbar ist sein Mantra: Es komme derzeit auf die Größe an, pure Größe - also das Sichern von Marktanteilen, wie man angesichts massiver, andauernder Werbemaßnahmen sieht. Watchever setze auf ein Abo-Modell, heißt es immer wieder. Doch so ganz richtig ist das nicht, was nicht zuletzt auch Sky Deutschland gerade einige Kopfschmerzen bereitet: Denn anders als bei den langen Vertragslaufzeiten im PayTV, etablieren Netflix oder eben Watchever die monatliche Kündbarkeit als Geschäftsmodell. Es macht die  Herausforderung, permanent neue Gründe zu liefern, weiter Kunde zu bleiben, ungleich größer und die Planbarkeit von Einnahmen deutlich schwieriger.

Für Schulz steht auf jeden Fall fest, dass die Zukunft des Fernsehens nicht in der linearen Nutzung liegt. Daran lässt er keinen Zweifel. Wenn man ihn  fragt, warum eigentlich Watchever bislang der einzige SVoD-Anbieter ist, den Apple in Deutschland auf sein sonst so abgeschirmtes AppleTV lässt, dann grinst er nur und sagt: "Da haben wir wohl was richtig gemacht, was andere falsch gemacht haben." Ein Revolutionär genießt seine Rolle. Genauso genoß er es, Sky Deutschland im Oktober mit der Ankündigung einer eigenproduzierten Serie zuvor gekommen zu sein. Noch immer will Schulz keine Details zu der Serie verraten. Nur so viel: Es werde auf jeden Fall eine Drama-, keine Comedyserie. Watchever wird zum deutschen Netflix - und das US-Original steht ratlos vor den deutschen Grenzen.