Seit dem 17. Januar ist der Disney Channel nun bereits als Free-TV-Kanal auf Sendung. Möglich wurde der Wechsel vom Bezahlfernsehen vor allem durch den Kauf des Senders Das Vierte, der bereits 2012 von Disney übernommen wurde und trotz eines Rumpfprogrammes noch immer über eine große Verbreitung in den Kabelnetzen verfügte. Davon sollte der neue Disney Channel profitieren: Der Familiensender übernahm die Sendeplätze und erreichte damit ohne großen Aufwand gleich zum Start viele Zuschauer.

Doch es war nicht nur der Sendeplatz, den der Disney Channel von Das Vierte erbte: Auch die Sendelizenz wurde übernommen. Und gegen die verstößt der Disney Channel nun bereits seit knapp einem halben Jahr. Auch wenn Das Vierte zuletzt zwischen Astro TV und Teleshopping nur wenig Platz für ein eigenes Programm hatte, lizenziert war der frühere Hollywood-Kanal bis zuletzt als Vollprogramm - was allgemein vor allem mit der Pflicht Informationsprogramme zu zeigen verknüpft wird. Während Das Vierte dem mit der Übernahme von CNBC Europe in den Morgenstunden tatsächlich noch in Ansätzen entsprach, sucht man beim Disney Channel vergeblich. Wie Konkurrent Super RTL setzt man auch hier durchgehend auf Kinder- und Familienprogramme, entspricht also einem Spartenprogramm.

Bei der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM), wo einst Das Vierte und damit nun auch der Disney Channel lizenziert ist, schien man auf Nachfrage zunächst überrascht zu sein. Gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de bestätigte LfM-Sprecher Peter Widlok gar, dass der Disney Channel die klassischen Anforderungen, also Nachrichtenprogramme, derzeit tatsächlich nicht erfülle. Doch Konsequenzen hat dies offensichtlich keine. Vielmehr geht man in Düsseldorf davon aus, dass der Disney Channel ab Oktober unter der Lizenz eines Spartenprogramms senden wird, so Widlok. Dann nämlich läuft die bisherige Sendelizenz aus.

Und doch ist es ein merkwürdiges Verhalten, das die Medienhüter hier an den Tag legen. Noch 2011 hatte die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) den Stellenwert der Vollprogramm-Lizenz anders bewertet, als Das Vierte mit der Ausstrahlung der SKL-Show "Tag des Glücks" gegen Auflagen verstieß. "Erheblichen Klärungsbedarf hinsichtlich der Erfüllung der rundfunkrechtlichen Anforderungen an ein Vollprogramm" hatte man hier ausgemacht - geschehen ist dabei aber nicht viel, gleich mehrfach wurde die Show gesendet. Zu gerne scheint man nun wegzusehen: Der Disney Channel fällt immerhin nicht negativ auf.

Aufhorchen dürften hier aber nun andere Vollprogramme. War dieses Privileg vor allem in den Anfangsjahren des Privatfernsehens noch von Bedeutung, weil somit ein Platz in der Kabelverbreitung garantiert war, hat dieses Merkmal im digitalen Zeitalter von Bedeutung verloren. Auffindbar sind die Sender so oder so, die Nachrichtenprogramme nur noch eine lästige Pflicht, der zum Teil auf Randsendeplätzen nachgekommen wird. Während das Fehlen solcher Programme im Disney Channel offenbar keine Probleme darstellt, sah es bei kabel eins vor drei Jahren noch anders aus. Hier wurde die Lizenz zwar von der ZAK verlängert - aber auch an die Auflage geknüpft, den bisherigen Gesamtumfang der Nachrichten nicht weiter zu kürzen. Zuständig ist hier die Bayerische Landeszentrale für Medien. In puncto teure Pflichten eines Vollprogramms, zu denen laut Staatsvertrag auch ein "wesentlicher Anteil an Eigenproduktionen" gehört, kann sich für die Sender also schon eine andere Landesmedienanstalt auszahlen.

Beim Disney Channel bestätigt man derweil auf DWDL.de-Nachfrage die Vermutung der Düsseldorfer Medienhüter. Die aktuelle Lizenz als Vollprogramm beruhe auf einer befristeten Verlängerung der im Oktober letzten Jahres ausgelaufenen Altlizenz von Das Vierte, bestätigt Sendersprecher Uli Müller auf Nachfrage. "Inzwischen haben wir zusammen mit dem Antrag auf Verlängerung der Rundfunklizenz gleichfalls einen Antrag auf Statusänderung von Voll- zum Spartenprogramm gestellt", so Müller weiter. Darüber werde im üblichen Procedere von ZAK und KEK entschieden. Bis dahin sendet der Disney Channel weiter unter einem Lizenzrelikt vergangener Tage. Da drücken die Medienwächter einfach mal beide Augen zu.