Knapp zwei Jahre liegt die Ankündigung zurück, den in der Schweiz durchaus erfolgreichen Jugendsender joiz auch in Deutschland starten zu wollen. Im August vergangenen Jahres war es dann tatsächlich soweit - doch nun ist die Zukunft des selbst ernannten "Social-TV-Senders" in großer Gefahr. Wie am Dienstag bekannt wurde, ist joiz Germany insolvent. Die hohen Distributions- und Personalkosten einerseits und die zu geringen TV-Werbeumsätze anderseits seien die Gründe dafür, dass man am Dienstag einen Antrag auf Sanierung zur Weiterführung des Unternehmens in Eigenverwaltung gestellt habe. Das Management werde sich in den kommenden Monaten "intensiv um die Restrukturierung von joiz Germany kümmern", hieß es in einer Mitteilung.

"Die klassischen TV-Umsätze sind klar unter den Erwartungen geblieben", erklärte Alexander Mazzara, CEO der joiz AG. "Daher sehen wir im deutschen Free-TV-Markt mittelfristig leider keine Perspektive für den Free-TV-Sender joiz." Ganz verschwinden wird joiz vorerst allerdings nicht. Man wolle sich "mit dem Angebot im Web über IPTV und kostenfreie digitale Distributionsplattformen auf die Kernmedien unserer jungen Zielgruppe konzentrieren", betonte Mazzara, der die Gründe für die angespannte Situation allerdings nicht so sehr im eigenen Haus sieht, sondern vor allem in der Ausweisung der Quoten, die bei einem kleinen Sender wie joiz erfahrungsgemäß eine gewisse Ungenauigkeit mit sich bringt. Das muss allen Beteiligten jedoch schon im Vorfeld bekannt gewesen sein.

"Wir wissen, dass joiz Germany sein Publikum hat", sagte er und verweist auf mehr als 200.000 Fans bei Facebook. "Joiz-TV-Formate genießen vor allem im Web und in den sozialen Medien eine hohe Relevanz, wie zum Beispiel die Präsenz unter den Top Ten der deutschen Twitter-Trends. Bedauerlicherweise kann dieser hohe Stellenwert bei der jungen Zielgruppe nicht in der Reichweiten- und Quotenmessung der GfK abgebildet werden. Damit fehlt uns in der Ausweisung durch die AGF/GfK die Reichweiten-Größe, die für die Vermarktung des Free TV-Senders und damit die Finanzierung notwendig sind." Seit April lässt joiz in Deutschland die Quoten messen. Mit der bisherigen Entwicklung von joiz zeigte sich Carsten Kollmus, Geschäftsführer von joiz Deutschland, damals noch "sehr zufrieden". Man sei "komplett im Soll", was Messgrößen aus Social Media und Online-Zugriffen betreffe. Doch das alleine war offensichtlich nicht ausreichend.

Der Sender hatte in den vergangenen knapp 16 Monaten immer wieder nach Rezepten gesucht, um seine TV-Reichweite zu steigern. Dabei probierte der deutsche Ableger längst einen schwierigen Spagat: Vom inhaltlich erfolgreichen Konzept der Schweizer Kollegen hatte man sich mit Programmzukäufen Stück für Stück entfernt. Mit der Ausstrahlung der inzwischen schon wieder verschwundenen "Tonight Show" mit Jimmy Fallon machte der Sender im April Schlagzeilen und hoffte auf höhere Reichweiten. Wenig später dann: Ein Grimme Online Award für "Jung & Naiv".

Der im Internet entstandene Polit-Talk von und mit Tilo Jung hatte bei joiz eine TV-Heimat gefunden und bescherte dem Sender die bislang größte Aufmerksamkeit. Doch diese positiven Meldungen des Frühjahres waren wirtschaftlich weitgehend wertlos. Den erhofften Schwung brachten sie nicht. Die Programm-Experimente gingen also weiter: Im Spätsommer probierte man dann den Einkauf von fiktionalen Serien ("Skins"). Doch auch das half offensichtlich nicht in ausreichendem Maße.

Nun also die Insolvenz mit unsicherem Ausgang, denn ob joiz alleine im Netz genug Geld verdienen kann, um ein dauerhaftes Überleben zu sichern, steht zum jetzigen Zeitpunkt noch völlig in den Sternen. Das deutsche Angebot soll aber vorerst weiterhin aus täglichen, eigenproduzierten, interaktiven Sendungen sowie Serien bestehen. Noch ist zudem unklar, ob die Insolvenz Entlassungen mit sich bringen wird. Es sei jedoch das Ziel, "möglichst viele der derzeit 65 Arbeitsplätze zu erhalten", hieß es von Seiten des Senders. Zugleich betont das Unternehmen, dass nur der deutsche Ableger betroffen sei. Die Unternehmen joiz AG, joiz Schweiz AG und joiz IP AG, die als joiz Global die Technologie vermarktet, seien nicht tangiert.