Den Dienstagabend verbrachte "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann noch auf dem Oktoberfest, doch am Morgen danach dürfte ihm nicht zum Feiern zumute sein. Das Landgericht Köln hat den Springer-Verlag nämlich zur Zahlung eines Schmerzensgelds in Höhe von 635.000 Euro an den ehemaligen ARD-Wettermoderator Jörg Kachelmann verurteilt. Es ist das höchste Schmerzensgeld, das jemals in Deutschland gezahlt werden muss. Bislang lag der Rekord hierzulande bei 400.000 Euro.

Die nun erstrittene Summe fällt allerdings deutlich geringer aus als gefordert: Kachelmann hatte die "Bild"-Zeitung auf 2,25 Millionen Euro verklagt und 47 Artikel angeführt, in denen vorverurteilt, nachverurteilt, gelogen und Intimitäten verbreitet worden sei. Via Twitter zeigte sich Kachelmann am Mittwoch mit dem Urteil zufrieden und verbreitete eilig die Höhe des Schmerzensgeldes - versehen mit dem Hashtag #fiesefriede. Eine Anspielung auf die Springer-Witwe, die mehr als die Hälfte der Anteile am Springer-Verlag hält. Zugleich bedankte sich der Meterologe bei seinem Anwalt Ralf Höcker, dessen Arbeit jedoch "leider immer noch nicht abgeschlossen sein wird", wie Kachelmann betonte. Tatsächlich will Springer laut "FAZ" in Berufung gehen.

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Höcker bezeichnete das Urteil auf seiner Facebook-Seite als "Quittung für die hetzerischen Vorverurteilungen, Nachverurteilungen, Intim- und Privatsphärenverletzungen im Strafverfahren gegen unseren Mandanten". Inklusive Zinsen und Schadensersatz für diverse Positionen bekomme Kachelmann demnach sogar knapp 800.000 Euro von Springer und "Bild", erklärte der Anwalt.

2011 war Jörg Kachelmann in einem aufsehenerregenden Vergewaltigungsprozess freigesprochen worden, was zahlreiche Boulevardmedien jedoch nicht daran hinderte, eine beispiellose Kampagne gegen den einstigen TV-Liebling zu fahren. Der Meterologe ließ sich allerdings nicht unterkriegen und meldet sich in den sozialen Netzwerken regelmäßig zu Wort, um gegen den "Vollpfostenjournalismus" von Springer oder Burda zu wettern. "In der U-Haft habe ich meinen Wärtern und Mithäftlingen geschworen, dass ich später allen auf den Sack gehen werde, die mir das Leben schwer gemacht haben. Und genau das tue ich jetzt. Wenn die Leute mich für einen verbohrten Heini halten, nehme ich das in Kauf", erklärte Kachelmann kürzlich gegenüber dem "Spiegel".

Angst vor negativen Schlagzeilen hat er inzwischen nicht mehr - kein Wunder, hat er doch quasi nichts mehr zu verlieren. "Ich genieße die Freiheit dessen, der beruflich alles verloren hat." Durch den Prozess habe er sich hoch verschulden und von Grundstücken, Häusern, Wohnungen und auch den Anteilen an seiner Firma Meteomedia trennen müssen. Das nun erstrittene Schmerzensgeld dürfte Kachelmann nach all den Jahren dementsprechend als Genugtuung empfinden. Mit Hubert Burda Media hatte er sich bereits im Mai mit einem Vergleich geeinigt. Finanzielle Details sind allerdings nicht bekannt.

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