Fast genau vor drei Jahren überraschte Al Jazeera damit, den nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit sendenden linken Nachrichtenkanal Current TV von Al Gore für eine halbe Milliarde Dollar zu übernehmen und anstelle des Kanals einen amerikanischen Ableger des Nachrichtensenders aus dem nahen Osten zu starten. Geboren war die Idee des Senders Al Jazeera America, der im Sommer 2013 seinen Betrieb aufnahm – und keine drei Jahre nach dem Sendestart in Kürze den Sendebetrieb wieder einstellen wird, wie das Unternehmen am Mittwoch überraschend bekannt gab.

Bereits am 30. April wird Al Jazeera America seinen letzten Sendetag haben. Damit endet ein Kapitel, das bereits zu Beginn unter keinem guten Stern stand. Der Plan, mit dem Kauf von Current TV auch gleich einen Platz im Kabel zu haben, ging zumindest im Falle von Time Warner nicht auf und machte zusätzliche Verhandlungen nötig, bei AT&T verlor man den Platz noch kurz vor dem Start. Gerichtsverfahren begleiteten den Neustart des Senders. Auch die Werbekunden taten sich äußerst schwer damit, beim Sender, dessen Heimat in Katar liegt, zu werben. Nur in rund der Hälfte der amerikanischen Haushalte ist Al Jazeera America überhaupt zu empfangen. Laut „The Guardian“ erreichte Al Jazeera America in der Primetime in der Regel lediglich 20.000 bis 40.000 Zuschauer, was deutlich zu wenig ist. Im vergangenen Mai wurde der Geschäftsführer ausgewechselt, was ebenfalls nicht ohne Unruhen vonstatten ging.

Am Ende fehlte es dem Sender vor allem an der wirtschaftlichen Perspektive, führt das im Besitz einer katarischen Familie befindliche Al Jazeera am Mittwoch als Begründung an, was durch den im Sinkflug befindlichen Ölpreis noch einmal verstärkt wurde. „Mir ist bewusst, dass die Einstellung von Al Jazeera America eine massive Enttäuschung für jeden, der hier unermüdlich an unserer Zukunft gearbeitet hat, sein wird“, kommentiert Geschäftsführer Al Anstey das Aus seines Senders am Mittwoch und bestärkt die Mitarbeiter außerdem noch einmal darin, gute Arbeit geleistet zu haben. „Unsere Hingabe zu großartigem Journalismus ist unerreicht. Wir haben uns zunehmend vom kompletten Rest abgehoben. Und ihr seid das talentierteste Team, das sich ein Unternehmen wünschen kann“, lobt Anstey seine Beschäftigten, was für diese angesichts der baldigen Einstellung des Senders allerdings nur ein schwacher Trost sein dürfte.

Gänzlich aufgeben will Al Jazeera den amerikanischen Markt freilich nicht und bemüht die Floskel des Ausbaus der digitalen Angebote, wo Al Jazeera seine Nachrichten schon jetzt vor allem für die mobile Nutzung rund um die Uhr aufbereitet. Künftig will Al Jazeera auch den amerikanischen Markt über entsprechende Angebote bedienen und dafür auch den Dienst AJ+ entsprechend ausweiten.