Herr Kofler, die Branche hat Sie als schlagkräftigen Fernseh-Manager bei ProSieben, Premiere oder HSE in Erinnerung. Wie kann so jemand so lange die Finger still halten?

Das war eigentlich ganz einfach. Ich war so lange im Fernsehgeschäft, dass ich das Gefühl hatte, einen Themenwechsel vornehmen zu müssen. Also habe ich mich mit Energieeffizienz und Maschinenbau beschäftigt, also vorwiegend Old-Economy. Und ehrlicherweise hatte ich gar nicht vor, wieder zurück ins Medien-Business zu kommen, weil ich das Gefühl hatte, in diesem Metier bereits erlebt zu haben, was es da zu erleben gibt. Zurückgekommen bin ich nur wegen der neuen Medien auf den sozialen Plattformen. Das ist ein spannender Spielplatz mit vielen neuen Geschichten.

Aber auch ein Spielplatz, an dem sich viele die Finger verbrannt haben.

Im Fernsehgeschäft haben sich auch viele die Finger verbrannt.



Ist es leichter, Geld im Internet zu verdienen als damals im Fernsehen?

Leichter und schwerer. Es war noch nie so leicht, einen Online-Shop aufzumachen und Produkte oder Botschaften an die Konsumenten zu bringen. Natürlich wird es für viele schwer sein, sich in diesem großen Wettbewerb zu behaupten. Als ich ProSieben gegründet habe, war die technische Reichweite das größte Problem. Wir konnten noch so tolle Filme senden, aber damit eben nur einen Bruchteil der Haushalte erreichen. Der Zugang zum Publikum ist heute ungleich leichter. Das ist eine riesige Befreiung für alle Leute, die kreativ sind.

Bei dem breiten Auswahl auf YouTube fällt es allerdings zunehmend schwer, die passenden Angebote zu finden.

Ja, Sie haben Recht. Und trotzdem staunt man, dass es so viele Social-Media-Stars gibt, die ohne eine ein großes Medienhaus im Hintergrund angefangen haben. Sie haben einfach kontinuierlich ihre Videos ins Netz gestellt.

Sie sind heute Hauptgesellschafter der Glow Media Group, die unter anderem YouTube-Stars unter Vertrag nimmt. Welche Rolle wollen Sie in diesem hart umkämpften Umfeld spielen?

Wir wollen ein Medienhaus neuen Typs aufbauen – eines, das auf Social Media basiert. Ziel ist es, vielfältige Social-Media-Kanäle zu betreiben, zu verbinden und dafür zu sorgen, unsere Botschaften und Produkte zu verbreiten. Wir sind also eine Kombination aus einem Medienhaus und einem E-Commerce-Haus. Wir schaffen Medienreichweite und wir schaffen Produkte. Früher habe ich als ProSieben-Chef unsere Reichweite an andere Firmen verkauft, die dann ihre Produkte beworben haben. Jetzt möchten wir vorwiegend eigene Produkte bewerben oder Firmen, an denen wir beteiligt sind.

Welche Produkte kommt für Sie da in Frage?

Alles, was man über Fernsehen, Video und digitale Kommunikation verkaufen kann. Das kann ein neuartiges Werkzeug ebenso sein wie der "Popcorn-Loop".

Der "Popcorn-Loop" wurde durch die "Höhle der Löwen" bekannt. Zusammen mit der "Löwin" Judith Williams haben Sie ein Joint-Venture gegründet, in dem auch Produkte aus der Show betreut werden. Wie wichtig ist die Sendung für Ihr Unternehmen?

"Die Höhle der Löwen" ist eine tolle Bühne, um Unternehmer und Produkte zu präsentieren, in die wir investieren. Wir haben in unserer "Glow Innovations" inzwischen acht Firmenbeteiligungen. Das ist also eine schöne unternehmerische Bewegung, die hier entstanden ist. Aber das Geschäftsmodell der Glow Media Group funktioniert natürlich auch unabhängig von "Die Höhle der Löwen".

In der neuen Staffel wirken sie zeitweise sogar selbst als "Löwe" mit. Wie kam's dazu?

Judith hatte bei der Aufzeichnung plötzlich keine Stimme mehr – und so entstand die Idee, dass ich sie ersetze. Ich finde "Die Höhle der Löwen" großartig und habe daher nicht lange gezögert. Die größere Herausforderung war, dass ich innerhalb von 18 Stunden von einem Golfplatz in Florida ins Studio nach Köln reisen musste – unter Beachtung der physischen Naturgesetze. Glücklicherweise bot Swissair einen Nachtflug an, sodass ich es rechtzeitig zur Aufzeichnung geschafft habe.

Wie fühlte es sich an, selbst ein "Löwe" zu sein?

Wirklich prima. Für mich war das eine inspirierende und erfreuliche Erfahrung. Ich musste mich da auch nicht sonderlich vorbereiten. Die Produktion war ausgesprochen professionell und die Gesprächssituation in unternehmerischen Verhandlungen war ja nicht neu für mich. Ich musste mich überhaupt nicht verstellen, alles fühlte sich natürlich und organisch an.

Eigentlich ist "Die Höhle der Löwen" kein typisch deutsches Fernsehen. Lange hieß es, dass sich die Zuschauer für derartige Themen nicht interessieren. Wieso funktioniert die Show trotzdem?

Ich glaube, dass hier vor allem die linken Mainstream-Medien eine falsche Wahrnehmung übers Unternehmertum verbreiten. Dort wird ja eher ein negatives Unternehmerbild propagiert. Die Unternehmer sind die Kapitalisten und die Reichen. Und die Armen sind die Guten. Dabei wird häufig vergessen, dass der Wohlstand Deutschlands auf vielen mutigen Unternehmern beruht, die innovative Produkte herstellen, die in der ganzen Welt gekauft werden. Insofern ist Deutschland natürlich ein Unternehmerland, auch wenn das in der öffentlichen Meinung nicht immer so dargestellt wird. Daher ist diese Sendung auch so wichtig, weil sie den Unternehmergeist erfahrbar macht, weil sie die Zuschauer das Abenteuer der Pioniere und Erfinder miterleben lässt. Und weil sie ein Menschenbild transportiert, das auf Eigenverantwortung und Initiative basiert und nicht auf der sozialen Hängematte. Unternehmertum ist ja nicht nur eine ökonomische Betätigung, sondern auch eine Haltung, eine Lebenseinstellung. Diese unternehmerische Haltung müssen wir in Deutschland mit mehr Mut vertreten, damit die Leute nicht den Propagandisten der sozialistischen Fata Morgana auf den Leim gehen.

Wenn Sie jetzt noch einmal den Blick zurückwerfen: ProSieben steht heute bei acht Prozent Marktanteil, Sky hat fünf Millionen Kunden - wie sehen Sie die Fernsehlandschaft, die Sie einst entscheidend mitgeprägt haben?

Ich finde, dass sich beide Unternehmen in diesem gewaltigen Wettbewerb um die Aufmerksamkeit des Publikums bisher gut geschlagen haben. Ich freue mich, dass Sky auf der Erfolgsspur ist, und bin immer noch stolz darauf, dass die rote Sieben von ProSieben nach so vielen Jahren immer noch unverändert auf Sendung ist. Dass es zwischendurch immer mal wieder Schwierigkeiten bei Ratings und Marktanteilen gibt, das war auch schon zu meiner Zeit so. Wir hatten auch schon mal ein schlechtes Halbjahr – und das, obwohl es damals viel weniger Sender gab. Aber natürlich sehe ich, dass die Marktanteile der großen Sender erheblich eingebrochen sind, manchmal ertappe ich mich noch dabei, wie ich kurz erschrecke. Wenn RTL oder ProSieben zu meinen Zeiten solche Marktanteile gehabt hätten, dann wäre uns das Herz schon in die Hose gerutscht.

Herr Kofler, vielen Dank für das Gespräch.