Die Ereignisse im politischen Berlin haben sich in den vergangenen Tagen überschlagen: Erst handelten Union und SPD einen Koalitionsvertrag aus, dann kam es zum Wirbel in der SPD, weil Parteichef Martin Schulz entgegen früherer Aussagen doch Außenminister werden wollte. Das Ende vom Lied: Schulz verzichtete doch noch auf das Außenamt und tritt auch als Parteichef zurück. Gleichzeitig brodelt es innerhalb der Union, weil Angela Merkel Schlüsselressorts an die Sozialdemokraten abgegeben hat. Genügend Stoff also für alle deutschen TV-Talkshows im Programm - doch die befinden sich seit der vergangenen Woche im Karneval-Urlaub.

Weil ARD und ZDF zur besten Sendezeit meist lange Karnevals-Übertragungen zeigen, war für die Talkshows kein Platz im Programm. Einzig "hart aber fair" lief noch in der vergangenen Woche - da stand die Große Koalition aber noch nicht. "Maischberger" fiel am Mittwoch aufgrund des DFB-Pokals aus, der Karneval verdrängte dann "maybrit illner". Und auch am Sonntag musste "Anne Will" pausieren, im Anschluss an den "Tatort" lief "Mordkommission Istanbul". Doch beim Ersten wollte man offenbar eine Sondersendung auf die Beine stellen.

Bei der Planung eben dieser Sondersendung fand man offenbar keine oder nicht genügend Gäste, die sich zu den aktuellen Entwicklungen äußern wollten. Ein ARD-Sprecher erklärte gegenüber dem Medien-Portal "Meedia": "Eine Ausgabe von ‚Anne Will‘ war am Sonntag im Programm des Ersten nicht vorgesehen. Gleichwohl hat die Redaktion ‚Anne Will‘ natürlich intensiv daran gearbeitet, außerplanmäßig zu senden. Allerdings hatten sich potenzielle Gäste für eine einstündige Gesprächssendung an diesem Sonntag offenbar Zurückhaltung auferlegt."

Und weil Das Erste am Montag "Karneval in Köln" feiert, entfällt am späten Abend auch "hart aber fair". Erst am kommenden Mittwoch kehrt mit "Maischberger" der Talk-Alltag zurück, in dieser Sendung wird dann aber über das Thema "Flucht aus Europa" gesprochen - geschuldet ist das dem Themenabend Flucht.

ARD und ZDF haben fernab der Talkshows natürlich trotzdem über die Ereignisse berichtet, unter anderem in einem "Brennpunkt" und einem "ZDF spezial". Das ZDF nahm zudem die Sendung “Was nun, Frau Nahles?" mit der wohl neuen SPD-Chefin Andrea Nahles ins Programm. Erst am Sonntag sahen 5,25 Millionen Zuschauer "Berlin direkt", in der Sendung stellte sich Angela Merkel den Fragen von Bettina Schausten stellte. Das war die höchste Reichweite für das Format seit Jahren. Und dennoch kommt die Karnevalszeit in diesem Jahr zur Unzeit für die TV-Talkshows.