Herr Specht, wie schwer ist Ihnen die Entscheidung gefallen, sich von der Marke VIVA zu trennen?

Natürlich ist uns das schwer gefallen, viele der Mitarbeiter sind ja selbst mit der Marke aufgewachsen oder haben einst sogar bei VIVA ihre Karriere begonnen. Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht, aber müssen auch anerkennen, dass MTV die stärkere Marke im Musikmarkt ist. Nicht nur wenn es um Markenbekanntheit geht, sondern auch um Marken-Extensions.

Und MTV ist natürlich auch die internationale Marke...

Nicht nur in der Medienindustrie, sondern in allen internationalen Konzernstrukturen ist zu beobachten, dass es lokale Marken schwer haben, wenn internationale Marken so viel Power mitbringen. Wir haben international eine starke Content-Pipeline und viele Künstler-Kooperationen bei MTV, die wir in Deutschland viel besser nutzen können, als wenn wir das alles mit der Marke Viva nochmal selbst aufbauen müssten. Es war daher an der Zeit, für unsere Zuschauer und unsere Werbekunden eine klarere Struktur einzuführen mit einer Musiksparte unter der Marke MTV, mit Nickelodeon für Kinder & Familien und Comedy Central für humorvolle Unterhaltung.



Es ist erst ein halbes Jahr her, dass MTV wieder sein Free-TV-Comeback gefeiert hat. Wie zufrieden sind Sie mit der Performance?

Wir sind zufrieden mit unserem Senderstart. Nach einem starken Januar, der sicher durch die breite Presseberichterstattung über das Comeback im Free-TV geprägt war, gab's im Februar zwar einen kleinen Rückgang, seitdem geht’s aber stetig bergauf. Das liegt nicht an einigen wenigen Heavy Viewern, die Netto-Reichweite steigt auf breiter Front zwar langsam, aber kontinuierlich. Klar könnte es immer mehr sein, aber die Richtung stimmt.

Nun ist MTV aber längst nicht mehr nur Musik. Wie definieren Sie das Programm?

Wir haben einen Genre-Mix, weil wir der Meinung sind, dass eine TV-Marke heute eine breitere Zielgruppe ansprechen muss. Wir gehen ja ganz bewusst nicht mehr auf die 14- bis 29-Jährigen, sondern auf die 14- bis 49-Jährigen bei MTV – und dafür ist es ganz entscheidend, dass verschiedene Genres funktionieren. Der Fokus ist und bleibt Musik, aber wichtig ist, dass unsere Reality-Formate, die ja oft auch in irgendeiner Form mit Musik zu tun haben, ebenso funktionieren. Alles in allem sind wir gut im Plan.

Was sind die nächsten Highlights bei MTV?

Ein "MTV Unplugged" mit Samy Deluxe zeigen wir noch im August, Anfang Juli zeichnen wir dann ein "Unplugged" mit Udo Lindenberg auf, das Anfang 2019 zu sehen sein wird. Weiter geht die "MTV World Stage", live aus Malta noch im Juni mit der "Isle of MTV“. Von Viva werden wir die Chartshow weiterführen, die ja schon seit April "MTV Top 100" heißt. Worauf wir uns aber besonders freuen, sind wieder die "MTV European Music Awards", die in diesem Jahr aus Bilbao kommen. Und im Umfeld planen wir als spannende Eigenproduktion eine lokale Version von "Yo! MTV Raps".

Noch einmal zu VIVA: Ist da denn zum Abschied etwas Besonderes geplant?

Wir werden zum Abschied die größten Highlights aus 25 Jahren Sendergeschichte aus dem Archiv holen. Viva geht nicht einfach sang- und klanglos unter, das gibt schon noch einen würdigen Abschied zum Jahresende.

Der Profiteur des Abschieds von Viva ist Comedy Central – der Sender sendet künftig rund um die Uhr. Wofür wird Comedy Central diese zusätzlichen Stunden nutzen?

Der Sender hat sich so entwickelt, dass wir gar nicht mehr drum herum kamen, die Sendezeit auszuweiten. Wir lagen 2017 21 Prozent über dem Vorjahr, in der Primetime sogar 33 Prozent. Um das auszubauen, werden wir nicht einfach mehr Wiederholungen zeigen, wir kaufen zusätzliches Programm ein, für das wir natürlich zusätzliches Geld locker machen. Ein größeres Budget hatte Comedy Central noch nie.

Und wofür wird das ausgegeben?

Wir wollen stärker gender-neutral werden, konkret also auch mehr Frauen ansprechen, so wie uns das mit "Friends" schon sehr gut gelingt. Wir möchten natürlich unsere bisherigen Stammzuschauer nicht verprellen, schließlich ist unser Vermarkter Visoon auch dank Comedy Central besonders stark bei den männlichen Zielgruppen. Aber um zusätzliches Wachstum zu erreichen, müssen wir aus der Nische breiter werden. Die schwierige Aufgabe ist es, Programme zu finden, die die Positionierung von Comedy Central im Kern erhalten, aber gleichzeitig etwas breitentauglicher zu werden. Dazu weiten wir auch die lokalen Produktionen aus. Wir werden weiter mit Ingmar Stadelmann zusammenarbeiten und "Standup 3000“ mit Maxi Gstettenbauer fortführen. Zudem kommen weitere Staffeln von "Takeshi's Castle" mit Kommentaren von Oliver Kalkofe. Und neben dem Roast von Bruce Willis können wir uns auch gut vorstellen, bald erstmals auch einen deutschen Promi zu roasten.

Aufgrund der Abschaltung der Website gab es zuletzt etwas Verwirrung darüber, ob es Nicknight noch gibt.

Das gibt es weiter und es entwickelt sich sehr gut, insbesondere was die etwas älteren Zuschauer angeht. Generell möchten wir uns da stärker in Richtung Familienpositionierung bewegen. Wir haben da in den letzten Monaten einiges umgestellt und auch schon schöne Erfolge gefeiert, etwa mit "SpongeBob" und den Filmen am Wochenende. Nicknight wandert jetzt auch in den Verantwortungsbereich von Steffen Kottkamp, der den Bereich Kids & Family verantwortet, statt wie bislang im Youth & Music-Team angesiedelt zu sein.

Bleibt noch Nickelodeon selbst – das in Sachen Quote zurück fiel und den Disney Channel als Konkurrent auf Augenhöhe davonziehen hat sehen. Besorgt Sie das?

Der Start ins Jahr war schwächer, inzwischen haben wir uns aber wieder bei über 8 Prozent stabilisiert. Klar würden uns im linearen Fernsehen noch ein wenig mehr wünschen, aber bei Nickelodeon geht es nicht nur um lineare Ratings, es ist unsere am weitesten fortgeschrittene 360-Grad-Marke, auch mit On-The Ground-Events, digitalen Angeboten und dem Lizenz-Geschäft. All das entwickelt sich super, sodass wir mit der Gesamt-Performance sehr zufrieden sind. Und natürlich investieren wir auch hier weiter ins TV-Programm. Wir haben gerade eine Staffel unserer Eigenproduktion "Spotlight" beauftragt, die drei Mal so viele Episoden umfasst wie die letzten Staffeln.

Herr Specht, herzlichen Dank für das Gespräch.