Das am Montag erschienene DWDL.de-Interview mit "4 Blocks"-Regisseur Marvin Kren hat in der Fernsehbranche hohe Wellen geschlagen. Insbesondere seine Aussagen über die Beziehung zwischen Drehbuchautoren und Regisseuren wird kontrovers diskutiert. "Ich finde diese Diskussion unglaublich spannend und kann die Gefühlslage der Drehbuchautoren zum Teil verstehen. Es ist nachvollziehbar, dass sie in den Prozess der Umsetzung eines Films stärker einbezogen werden wollen", sagte Kren, betonte aber zugleich, er finde die konkreten Forderungen "weit überzogen und nicht gerechtfertigt".

Danach schoss Kren scharf gegen die Autoren, die in dem vor wenigen Wochen vorgestellten Maßnahmenkatalog "Kontrakt 18" unter anderem ein Mitspracherecht bei der Besetzung der Regie fordern. "Ein Drehbuch ist noch kein Film, sondern bestenfalls eine Grundlage, die alle anderen Gewerke zu Höchstleistungen inspiriert. Wenn Autoren ihre Bücher selbst umsetzen wollen, dann sollen sie halt Regisseure werden", so Kren. "Was manche gern vergessen: Film ist zwar Gemeinschaftsarbeit, aber keine Demokratie. Am Ende steht der Regisseur da draußen und muss die Schauspieler, die Drehorte, die Auflösungen finden, die seiner künstlerischen Sichtweise entsprechen."

Annette Hess© ZDF/Sascha Baumann
Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Der Drehbuchautoren-Verband VDD erklärte am Dienstag auf Twitter, man habe das Interview gelesen und werde es intern besprechen. Welch hohe Wellen die Aussagen schlugen, zeigt sich aber schon alleine beim Blick auf Krens Facebook-Seite. Da erntete der Regisseur in teils emotional verfassten Kommentaren gleichermaßen Lob und Kritik. Autorin Annette Hess (Foto), die unter anderem "Weissensee" oder "Ku'damm 56" schrieb und eine der Initiatoren von "Kontrakt 18" ist, fand deutliche Worte. "Was 'Kontrakt 18' vor allem anderen nicht macht: sich selbst aufwerten zu wollen durch Abwertung anderer Gewerke. Leider liest sich das Interview in dieser Hinsicht ausgesprochen unglücklich", schrieb sie unter dem öffentlich verlinkten Interview. Hess unterstellte Kren zudem "gestrige Auffassungen", die ihrer Meinung nach Talente schrecken und Qualität verhindern.

Deutliche Kritik kam auch von Volker A. Zahn, der zusammen mit seiner Frau Eva zahlreiche verfilmte Drehbücher schrieb und ebenfalls "Kontrakt 18" unterstützt. Die Arroganz, die das Interview durchwehe, sei "schwer auszuhalten", kommentierte Zahn und verwies darauf, dass fast 200 Autorinnen und Autoren den "Kontrakt 18" unterzeichnet hätten. "Leute, die nicht zum pauschalen Regie-Bashing ausgeholt haben, sondern Dinge einfordern, die da, wo die Einbindung des Autors nicht für subversiven Mist gehalten wird ('Film ist keine Demokratie') längst Standard sind." Kren antwortete, dass Filmarbeit Kommunikation sei. "Wieviel Diskussionen musste ich als relativ junger Regisseur schon führen um meine Vision durchzusetzen. Es ist immer Überzeugungsarbeit! Wenn Autoren dafür ein Manifest brauchen, um ihre Standpunkte klar zu machen, dann soll es so sein."

"Wir suchen den Schulterschluss der kreativen Kraftfelder, um die Potentiale, die am Werk sind, vollends auszuschöpfen."
Drehbuchautor Volker A. Zahn

Volker A. Zahn meldete sich indes am Dienstag zu Wort, als DWDL.de eine Anfrage an die Initiatoren von "Kontrakt 18" stellte. Inzwischen, mit einem Tag Abstand, scheint sich die Aufregung zumindest etwas gelegt zu haben. "Es macht immer Sinn, mit- statt übereinander zu reden. Das hat sich auch gestern im kurzen Austausch mit dem Kollegen Kren erwiesen, Angst-Szenarien fallen im persönlichen Gespräch schnell in sich zusammen, und am Ende sind wir uns ja einig, dass sich die Strukturen, unter denen hierzulande Filmwerke entstehen, zugunsten der Autorinnen und Autoren ändern müssen", sagte Zahn zu DWDL.de.

Volker A. Zahn© Christoph Meinschäfer Fotografie
Versuche, den "Kontrakt 18" in eine Kampagne gegen die Regie umzudeuten, gingen an den Intentionen vorbei, "wir suchen den Schulterschluss der kreativen Kraftfelder, um die Potentiale, die am Werk sind, vollends auszuschöpfen", betonte der Autor (Foto). "Vielleicht gibt es ja einige Kolleginnen und Kollegen da draußen, die den Mythos vom kulturell gewachsenen 'Regie-Land' pflegen, weil sie unsere Forderung nach Arbeit auf Augenhöhe zur Machtfrage hochjazzen. Für viele andere Regisseurinnen und Regisseure, die uns unterstützen und sich mit unserer Aktion solidarisiert haben, ist der 'Kontrakt 18' allerdings längst gelebter Alltag und nichts, wovor einem bange sein muss."

Bleibt die Frage, was sich seit der Vorstellung von "Kontrakt 18" vor knapp zwei Monaten getan hat. Mit den ersten Reaktionen zeigte sich Volker A. Zahn zufrieden. "Kontrakt 18" habe schon jetzt die Branche verändert. "Wir haben das Stadium der folgenlosen Lippenbekenntnisse und Soli-Adressen hinter uns gelassen, jetzt wird endlich Tacheles geredet und an konkreten Veränderungen gefeilt, es geht um Vertrags-Details, um eine neue Kultur der Zusammenarbeit, die Signale sind positiv, und momentan sondieren wir in Gesprächen mit der Produzentenallianz und den Sendern, wie unsere Selbstverpflichtung, die mittlerweile von fast 200 Autorinnen und Autoren unterzeichnet wurde, neue Vertragsstandards generieren kann."

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