Herr Wohlleben, Sie sind eigentlich Förster und haben 2007 Ihr erstes Buch geschrieben. Inzwischen sind Sie Bestseller-Autor. Wieso haben Sie damals diesen Schritt in die Öffentlichkeit gewagt? Das ist ja nichts Alltägliches für Förster.

Peter Wohlleben: Ich habe eigentlich schon viel länger ungewöhnliche Sachen gemacht, zum Beispiel Survival Training. Ich habe auch schon immer sehr konsequent ökologisch gewirtschaftet und das kommuniziert. Bei Waldführungen habe ich mit den Teilnehmern lieber darüber gesprochen, was zwischen den Bäumen so los ist, als diese schlicht aufzuzählen. Letzteres war mir zu langweilig. Da ging es dann um die Kommunikation oder Abwehrstrategien der Bäume. Die Leute haben immer gefragt, wo man das nachlesen kann. Nur da gab es nichts.

Da lag die Idee also nahe, selbst was dazu zu machen?

Meine Frau hatte mir Jahre lang dazu geraten, das alles einmal aufzuschreiben. Irgendwann habe ich das tatsächlich gemacht und so ist dann das erste Buch entstanden.

Jetzt präsentieren Sie ab dem 23. Oktober im SWR mit "Der mit dem Wald spricht" Ihre erste eigene TV-Sendung. Wie ist es dazu gekommen?

Das war mehr oder weniger Zufall und hat sich durch eine Einladung beim "Kölner Treff" so ergeben. Dort bin ich mit der Produktionsfirma Encanto ins Gespräch gekommen und habe die Verantwortlichen zu einer Waldführung eingeladen. Die haben wir dann gemacht und danach haben wir uns überlegt, dass wir ja auch mal was zusammen machen könnten.

In der Sendung treffen Sie Prominente und wandern mit ihnen durch Wälder, übernachten dort. Wieso dieses Konzept? Weil den Zuschauern so das manchmal vielleicht etwas sperrige Thema Wald nähergebracht werden kann?

Ja, total. Das habe ich vor allem gemerkt, als ich die erste Version im Schnitt gesehen habe. Selbst ich habe da noch eine ganze Menge Spaß gehabt, obwohl ich ja immer bei den Drehs dabei war. Es ist einerseits sehr unterhaltsam und auf der anderen Seite lernt man viel, einmal über die Promis, aber natürlich auch über den Wald. Bei uns wird niemand durch den Kakao gezogen, im Gegenteil. Die Zuschauer sehen die Prominenten in der Sendung von einer ganz anderen Seite, das funktioniert überraschend gut. Das war mir auch wichtig, ich wollte keine Sendung machen, in der es um Challenges geht.

Was hat Sie genau überrascht?

Wenn man sieht, wie viel Material bei den Dreharbeiten zusammenkommt, könnte man aus einem Dreh auch zehn Folgen schneiden. Das geht natürlich nicht. Aber dass man im Schnitt einen so tollen Bogen schafft, und die Zuschauer die Menschen auf eine sehr unterhaltende Art besser kennenlernen, hat mich wirklich überrascht. Da haben die Kollegen im Schnitt eine wahnsinnige Arbeit geleistet.

"Wenn ich in Fernsehsendungen eingeladen werde, will ich meistens gar nicht so genau wissen, was ich gefragt werde. Ich unterhalte mich lieber und mache das spontan. Anders entsteht kein lockeres Gespräch."

Was ist für Sie spannender? Die Entdeckungstour durch die Wälder, die Sie ja oft schon kennen, oder die Gespräche mit den Promis?

Für mich waren die Gespräche unheimlich interessant, weil ich die Prominenten natürlich auch oft nur aus dem Fernsehen kannte. Das ist spannend, weil man ja immer ein Klischee im Kopf hat und sich fragt, ob die Leute in der Realität dann wirklich so sind. Die Promis haben sich mit der Zeit geöffnet, weil die Dreharbeiten zwei Tage gedauert haben. So etwas ist ja was anderes als eine eineinhalbstündige Talkshow. Das war natürlich auch anstrengend, weil wir wirklich gewandert sind und draußen übernachtet haben. Selbst für mich ist das etwas Neues, denn als Förster übernachtet man normalerweise nicht im Wald. Und so kann ich die verschiedenen Wälder noch einmal auf eine ganz neue Weise kennenlernen. Das war für mich sehr entspannend.

Was war die größere Herausforderung für Sie? Die Vorbereitung der Gespräche oder die Märsche durch die Wälder inklusive Übernachtung?

Das waren beides gar keine echten Herausforderungen. Das Team hat die Drehs wahnsinnig gut vorbereitet. Die Produktionsfirma hatte ja den größten Aufwand, sie mussten schauen, welche Waldgebiete passen und welche Prominenten sie einladen. Ich selbst konnte am Tag des Drehs einfach aus dem Hotel gehen und starten, die Promis habe ich da auch zum ersten Mal gesehen. Das finde ich wichtig: Es ist nichts gefaked, die Gäste übernachten wirklich im Wald und nicht im Hotel. Wir sehen uns bei laufender Kamera zum ersten Mal. Wenn Sie nach Herausforderungen fragen, waren das eher andere Dinge. Es war bei den Drehs teilweise extrem heiß. Manchmal hat es geregnet. Da muss man sich dann schon was einfallen lassen. Wir haben zusammen Feuer gemacht und im Wald gekocht. Diese ganzen normalen Dinge, es gab ja auch keine Toiletten, werden im Wald plötzlich interessant. Die Frage ist dann immer: Lassen sich die Prominenten darauf ein?

Und das haben sie getan?

Für mich war es spannend zu sehen, wie sehr sich meine Gäste auch zurückgeschraubt haben. Es gab keine Selbstdarsteller. Im Wald sind das ganz normale Waldbesucher gewesen.

Was kann ich über Wälder in der Sendung lernen? Erklären Sie den Promis dann, an welchen Bäumen sie gerade vorbeigehen und wozu sie gut sind?

Genau, wie es eben gerade passt. Das ist übrigens auch etwas, das man nicht planen kann. Da überlegt man sich im Vorfeld, was man ansprechen kann und regelmäßig wird das über den Haufen geworfen. Auch das macht für mich den Reiz der Sendung aus. Die Promis haben oft natürlich ganz eigene Fragen, wenn es um den Wald geht. Das kommt mir sehr entgegen. Wenn ich in Fernsehsendungen eingeladen werde, will ich meistens gar nicht so genau wissen, was ich gefragt werde. Ich unterhalte mich lieber und mache das spontan. Anders entsteht kein lockeres Gespräch.

"Der Wald ist immer ein Politikum."

Wie bewerten Sie die Berichterstattung in den Medien zu den Themen Wald und Natur? Wird dem genügend Bedeutung geschenkt?

In der Vergangenheit war das nicht der Fall, aber das hat sich in den vergangenen zwei bis drei Jahren sehr geändert. Das sehen Sie am Beispiel Hambacher Forst. Vor fünf Jahren wäre das kein Thema gewesen. Damals hingen auch schon Aktivisten in den Bäumen, aber erst jetzt kam die ganze Berichterstattung. Es ist schon interessant: Von 40 Quadratkilometern sind schon 38 gerodet worden und erst jetzt wird es ein großes Thema in der Öffentlichkeit.

Wieso steht das Thema jetzt im Fokus? Ich habe das Gefühl, schon seit Fukushima sind Umwelt-Themen stark im Kommen.

Das sind viele Faktoren, die da zusammenkommen. Auch so jemand wie Donald Trump befeuert das Thema. Der Wald ist immer ein Politikum. Ich habe das Gefühl, die Ur-Demokratie wacht gerade wieder auf. Das, was wir jetzt beim Hambacher Forst erleben, gab es zuletzt bei den Protesten in Gorleben. Eine gesunde, friedliche Protestkultur taucht wieder auf. Alle vier Jahre ein Kreuzchen machen reicht einfach nicht. Man darf sich auch zwischendurch einmischen.

Sie ärgern sich also nicht über die Berichterstattung?

Das Thema Wald ist inzwischen ganz anders in den Köpfen der Menschen verankert. Also im Gegenteil: Mich ärgert nichts, ich bin sogar ganz froh über das, was die Medien da derzeit machen. Es wird differenziert berichtet, etwa über die Waldbrände in Ostdeutschland. Da wird darauf hingewiesen, dass das naturferne Kiefernplantagen sind. Das ist gut, weil heimische Laubwälder nicht brennen und die haben dort früher existiert.

Herr Wohlleben, vielen Dank für das Gespräch!

Auch bei der Produktion der Sendung "Der mit dem Wald spricht" wurde auf Nachhaltigkeit geachtet. So wurden beim Catering Bio-Produkte von regionalen Anbietern verwendet, Wegwerfgeschirr kam nicht zum Einsatz. Aus logistischen sowie aus inhaltlichen Gründen sei auch das Team recht klein gewesen, heißt es vom Sender. Durch den Dreh im Wald sei man vor allem zu Fuß unterwegs gewesen.