Dürfte der Gesetzgeber trotz Rundfunkfreiheit und Programmautonomie den öffentlich-rechtlichen Sendern eine Schwerpunktsetzung auf Informations- oder Bildungsprogramme vorschreiben? Ein von der Dokumentarfilmer-Vereinigung AG DOK in Auftrag gegebenes Gutachten, das am Montagabend veröffentlicht wurde, kommt zum Schluss: Ja. Demnach seien selbst recht konkrete Festlegungen hinsichtlich des Anteils an Sendezeit in der Primetime oder bestimmte Budget-Vorgaben denkbar. Die AG DOK betreibt damit Lobbyarbeit in der aktuelle laufenden Debatte über Auftrag und Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Da ließ die Antwort nicht lange auf sich warten - und sie kommt von der Produzentenallianz, die via Pressemitteilung "nachdrücklich die Bedeutung der Unterhaltung als unversichtbares Kernelement im öffentlich-rechtlichen Rundfunk" betont. Alexander Thies, Vorsitzender der Produzentenallianz, sagt: "Seit dem ersten Rundfunkurteil hat das Bundesverfassungsgericht immer betont, dass die Unterhaltung zum Auftrag gehört. Zahlreiche Unterhaltungsprogramme wie beispielsweise die 'heute-show' oder Quizsendungen mit informativem Inhalt, aber auch Filme und Serien mit zeitgeschichtlichem Anspruch stellen einen funktionell bedeutenden Teil für die insbesondere vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk geforderte Meinungsbildung dar. Diese dient objektiv und gleichzeitig unterhaltend der Vielfaltssicherung. Zudem müssen die Anstalten laut Bundesverfassungsgericht ein ‚ernstzunehmender publizistischer Einflussfaktor’ bleiben. Diese Relevanz hängt auch in erheblichem Maße vom Umfang und der Qualität von Unterhaltungsprogrammen ab."

Eine Reduzierung des Schwerpunktauftrages auf den Bereich Kultur wäre aus seiner Sicht ohnehin schwierig, da Kultur gar kein trennscharfer Begriff sei. Thies: "Der konkrete Inhalt des Kulturauftrages ist aufgrund der Schwierigkeiten, den Kulturbegriff zu konturieren, schwer zu bestimmen, zumal es einen rechtlichen Kulturbegriff nicht gibt. Eine Legaldefinition der Kultur stößt an Grenzen, da die Trennlinie zwischen Kultur und Unterhaltung nicht scharf gezogen werden kann. Eine Reduzierung des Unterhaltungsangebots aufgrund von Unsicherheiten in der Abgrenzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrages hätte für die deutsche Produktionswirtschaft fatale Folgen, da viele Arbeitsplätze der Kreativwirtschaft durch Unterhaltungsprogramme gesichert werden. Zudem entstünden den Kreativen in der Produktionswirtschaft auch im internationalen Wettbewerb massive Nachteile. Es dient nicht dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und unserer Gesellschaft, wenn man ihn auf einzelne Genres verengt und seinen die Vielfalt der Lebenswirklichkeit entsprechenden Programmauftrag beschränkt. Wir fordern daher ein deutliches Bekenntnis, Unterhaltungsprogramme als Kernbestand des öffentlich-rechtlichen Auftrages zu belassen."

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