Erst kam, wie immer bei der Weihnachtsfeier der Mediengruppe RTL Deutschland, ein ulkiger Einspieler mit allen Führungskräften, dann folgten einige Videobotschaften eben dieser von der Leinwand - bevor Anke Schäferkordt dann auch tatsächlich noch einmal auf der Bühne des Theaters am Tanzbrunnen, einer Event-Location gleich gegenüber der Heimat der Mediengruppe RTL Deutschland in Köln-Deutz, stand. Minutenlanger Applaus begleitete ihren Auftritt, über den bis zuletzt gerätselt wurde. Kommt die scheidende Chefin noch zur großen Weihnachtsfeier? Was eigentlich selbstverständlich klingt, schien angesichts der Umstände der Trennung lange offen.



Es ist genau einen Monat her, dass die Meldung vom Abschied Anke Schäferkordts nicht nur die Mediengruppe RTL Deutschland überraschte. Die Kommunikation, das vergleichsweise kurzfristige Ausscheiden und die Tatsache, dass die Nachfolge bei Vox noch gar nicht geregelt war, ließen viel Raum für Interpretation. Die Luxemburger RTL Group hat ihrer früheren Chefin offenbar das Vertrauen entzogen und die vorzeitige Verlängerung von Schäferkordts Arbeitsvertrages verweigert. Dem neuen CEO der RTL Group, Bert Habets, gehe die Transformation des Kerngeschäfts in Deutschland zu langsam voran, heißt es. Daraufhin hat Schäferkordt die Konsequenzen gezogen.

Es drohte ein unschönes Ende zu werden, nach einer beispiellosen Karriere der bisher erfolgreichsten Fernsehmacherin der deutschen Fernsehgeschichte. Sie wirke niedergeschlagen, hieß es in den vergangenen Wochen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die der scheidenden Chefin auf den Fluren begegneten. Eine sonst so strukturierte Macherin wie sie, plötzlich ohne Aufgabe? Anders als aus Luxemburg, kam von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Deutz viel Rückhalt. Schon seit vergangener Woche hängt auch ein großes Plakat über der Zufahrt zum Picassoplatz 1, dem Sitz der Mediengruppe RTL Deutschland. "Danke Anke. Deine Mediengruppe RTL" ist darauf zu lesen.

Danke Anke

Differenzen mag es gegeben haben und eine einfache Chefin war Schäferkordt sicher auch nicht immer. Aber hier, in Köln-Deutz bei der Mediengruppe, hat man retrospektiv sehr viel Sympathie und Respekt für sie, die so viele Positionen in der Gruppe durchlaufen und über die Jahre große Erfolge verbucht hat. Vor einigen Tagen feierte Anke Schäferkordt schon zusammen mit ihrer Assistentin Romy Birk im kleinen Kreise bei sich auf dem Flur Abschied. Und an diesem Donnerstagabend also doch noch einmal vor der versammelten Belegschaft der Sendergruppe. Das inoffizielle Motto des Abends war ohnehin "Danke Anke". Bevor sie auf die Bühne kam, gab es die ersten Abschiedworte bereits via Videobotschaft.

"Die Mediengruppe RTL war über 27 Jahre meine berufliche Heimat. Und wenn ich auf diese Jahre zurückblicke, kann ich wirklich uneingeschränkt sagen: Es hat immer wahnsinnig viel Spaß gemacht. Ich habe es als absolutes Privileg empfunden, dieses Unternehmen mehr als 13 Jahre leiten zu dürfen und wenn ich auf diese Zeit zurückschaue, dann erfüllt mich das mit Stolz und Dankbarkeit. Auch wenn in jedem Abschied immer etwas Wehmut liegt, so gehe ich doch mit der Zuversicht, dass dieses Unternehmen mit dem exzellenten Team bestens aufgestellt ist", erklärt die scheidende Fernsehmacherin.

Und weiter: "Für mich ist diese Reise nun zu Ende. Sie alle werden aber die Erfolgsgeschichte weiter schreiben oder, um für die jüngeren Kollegen zu sprechen: Ihr werdet das Ding schon rocken! Bleibt mir an dieser Stelle nur Danke zu sagen für eine großartige Zeit, für eine tolle Zusammenarbeit und Euch und Ihnen alles Gute zu wünschen für die Zukunft. Und alles liebe. Tschüss, man sieht sich." Eine emotionale Videobotschaft, die auch für sich hätte stehen können. Aber dann kam sie eben doch noch einmal selbst auf die Bühne, begleitet von minutenlangem Applaus.

Die Kamera fängt dabei eine sichtlich bewegte Anke Schäferkordt ein, die mit den Tränen kämpft. Sie gratulierte ein letztes Mal allen Geburtstagskindern, wie sie es schon bei den Weihnachtsfeiern in all den Jahren zuvor gemacht hat. Sie dankt auch noch einmal ihrer Assistentin Romy Birk ("Mich gibt es eigentlich seit 20 Jahren nur im Doppelpack.") und ermutigte die Belegschaft: "Ihr rockt das schon - ich werde das im Auge behalten!" Unter anhaltendem Applaus verlässt Schäferkordt die RTL-Bühne. Ihr Nachfolger Bernd Reichart hatte keinen Bühnenauftritt. Diesen Abend, diesen Auftritt hatte sie sich verdient.