Die nächste „GEZ-Wut“-Schlagzeilenwelle kommt bestimmt – ganz unabhängig davon dass es die „Gebühreneinzugszentrale“ schon seit 2013 nicht mehr gibt. Doch die drei Buchstaben bergen offensichtlich zu viel Erregungspotential, als dass sie nicht nur die Boulevard-Presse nur zu gern wieder hervor kramt, um die Wut auf dass vermeintlich so raffgierige System der Öffentlich-Rechtlichen – mit denen die Verlage in der Online-Welt längst konkurrieren und die daher ganz eigene Interessen verfolgen – zu schüren.

Während in den letzten Jahren vor allem die diversen Klagen gegen die Rechtmäßigkeit des Rundfunkbeitrags als solches im Zentrum der Berichterstattung rund um das Thema standen – die ausgenommen einer eher kosmetischen Änderung bei Zweitwohnungen allesamt erfolglos blieben – wird in den kommenden beiden Jahren wieder die Diskussion über die Höhe des Beitrags in den Mittelpunkt rücken. Denn bis zum Frühjahr müssen ARD, ZDF und Deutschlandradio ihren Bedarf für die nächste Beitragsperiode ab 2021 anmelden. Es ist der erste Schritt zur Ermittlung der neuen Rundfunkbeitragshöhe ab 2021. Und dann wird aller Voraussicht nach eine spürbare Erhöhung kaum zu verhindern sein.

Um den Grund zu verstehen, muss man einen Blick zurück ins Jahr 2013 werfen. Damals wurde zu Jahresbeginn die vorherige Rundfunkgebühr durch den haushaltsbezogenen und geräteunabhängigen Rundfunkbeitrag abgelöst. Das Versprechen damals lautete: Die Umstellung solle aufkommensneutral stattfinden, ARD und ZDF also nachher nicht mehr Geld zur Verfügung haben als vorher. Weil sich aber niemand zutraute, die konkreten Auswirkungen der Umstellung vorherzusagen, entschloss man sich, den Rundfunkbeitrag zunächst einfach in Höhe der vorherigen Rundfunkgebühr bei 17,98 Euro zu belassen und im Nachhinein zu prüfen, welche Anpassung nötig ist.

Tatsächlich führte das allerdings zu höheren Einnahmen als vor der Umstellung – und zwar in erheblichem Maße in Milliardenhöhe. Das war der Zeitpunkt, an dem die Erzählung von den raffgierigen Intendanten, die nun im Geld schwammen und maßlos ihren Apparat weiter aufblähten, so richtig Fahrt aufnahm. Dabei fiel nicht nur am Stammtisch und in den sozialen Netzwerken, sondern auch in vielen Presseberichten häufig unter den Tisch, dass ARD und ZDF diese Mehreinnahmen nicht ausgeben durften, sondern dass diese auf Sperrkonten geparkt werden mussten. Denn das Budget, das den öffentlich-rechtlichen Sendern zusteht, steigt auch bei Mehreinnahmen nicht an, sondern bleibt bei dem, was den Sendern von der unabhängigen Kommission KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten) im Vorhinein zugestanden wurde.

Um die Mehreinnahmen zu begrenzen, wurde der Rundfunkbeitrag zum 1. April 2015 um 48 Cent auf 17,50 Euro pro Monat gesenkt. Zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte sanken somit für einen Haushalt die monatlichen Ausgaben für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Sollten sich die Politiker oder die Verantwortlichen in den Sendern für diesen Schritt allerdings Applaus erhofft haben, sahen sie sich schnell getäuscht: Vor allem ergoss sich Hohn über die Höhe dieser Senkung über die Verantwortlichen. Genüsslich wurde vorgerechnet, wieviel man sich von den nun gesparten nicht ganz 6 Euro im Jahr alles kaufen könnte – naheliegenderweise natürlich fast nichts. Die Kritiker der Öffentlich-Rechtlichen ließ das jedenfalls nicht leiser werden.

Immerhin ersparte das durch die ungeplanten Mehreinnahmen angewachsene Finanzpolster, das nun wie erwähnt auf Sperrkonten lagerte, der Politik 2017 den gefürchteten Schritt der Beitragserhöhung. Obwohl ARD und ZDF auch damals ein höherer Bedarf zugestanden wurde, konnte der Beitrag auf dem zuvor abgesenkten Niveau stabil gehalten werden, indem nun in den Jahren 2017 bis 2021 einfach diese Reserven abgetragen werden. Und das Polster war mittlerweile sogar so dick, dass noch mehr drin gewesen: Die KEF hatte vorgeschlagen, den Beitrag nochmal um weitere 30 Cent auf 17,20 Euro abzusenken. Die Politik entschied sich dagegen – wohl nicht zuletzt vor Augen wie zuvor das Echo bei der 48-Cent-Senkungen gewesen war. Vor allem aber sollte damit 2021 ein allzu heftiger Aufschlag vermieden werden.

Spätestens 2025 sind die Rücklagen aufgebraucht

Denn eigentlich sieht die Rechnung so aus: Gäbe es die vorher angelegten Finanzpolster durch die Mehreinnahmen aus den ersten Jahren nach der Umstellung nicht, dann würde der Beitrag schon heute nicht bei 17,50 Euro, sondern längst deutlich jenseits der 18-Euro-Marke liegen. Nach ZDF-Berechnungen wären es 18,35 Euro im Monat, die ARD und ZDF von jedem Haushalt aktuell zustünden, wie ZDF-Intendant Thomas Bellut am Donnerstag nochmal gegenüber der dpa unterstrich, als er eine Beitragserhöhung 2021 ähnlich wie zuvor schon der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm als quasi unausweichlich darstellte, wenn nicht deutlich spürbar an der Qualität des Programms gespart werden sollte.

Selbst wenn ARD und ZDF jetzt also nur eine sehr moderate Erhöhung ihres Finanzbedarfs anmelden – der sich in der Regel schon allein aus der Inflation und beispielsweise den tariflichen Lohnsteigerungen für die Beschäftigten ergibt – steigt dieser Betrag von 18,35 Euro also weiter an. Hätte man damals der von der KEF vorgeschlagenen Absenkung auf 17,20 Euro zugestimmt, wären die Rücklagen bis 2021 annähernd vollständig verbraucht gewesen – gedroht hätte also eine starke Beitragsanhebung von 17,20 Euro auf wohl deutlich über 19 Euro, selbst wenn man nur den Inflationsausgleich zugrunde legt.

So hingegen müssten ARD, ZDF und Deutschlandradio zum Ende der Beitragsperiode noch immer über eine halbe Milliarde an Reserven auf den Sperrkonten liegen haben, die sich erneut dämpfend auf die neue Beitragshöhe auswirken. Zudem hat die KEF in ihrem Zwischenbericht in diesem Frühjahr bereits festgestellt, dass ARD und ZDF in dieser Beitragsperiode eigentlich mit weniger Geld auskommen könnten als ihnen zusteht, die KEF geht hier von einem weiteren Überschuss in Höhe von 500 Millionen Euro über die vier Jahre hinweg aus. So erwartet die KEF wieder ein Polster in Höhe von gut einer Milliarde Euro, das auch ab 2021 dafür sorgen wird, dass der Rundfunkbeitrag erneut deutlich unter der eigentlich festgestellten Höhe liegen kann.

Komplett wird damit ein Anstieg aber wohl trotzdem kaum zu verhindern sein, selbst das Ziel, unter der 18-Euro-Marke zu bleiben, ist zurückhaltend formuliert ambitioniert – und spätestens 2025 sind die Rücklagen aus der Beitragsumstellung dann vollends verbraucht, spätestens dann scheint also derzeit ein deutlicher Schritt fast unausweichlich. Auch aus diesem Grund hat die zuletzt wieder verstärkt diskutierte Umstellung des Systems - nämlich den Rundfunkbeitrag künftig an einen wie auch immer gearteten Preisindex respektive die Inflationsrate zu koppeln und so gewissermaßen regelmäßig automatisch anzupassen anstatt alle vier Jahre in große Diskussionen zu verfallen, ihren Charme für jene Ministerpräsidenten, die ihren Wählern nicht regelmäßig höhere Beiträge verkaufen wollen.

Auch wenn viele Ministerpräsidenten den Anstieg gerne verhindern würden, scheuen sie vor einer deutlichen Beschneidung des Auftrags von ARD und ZDF nämlich zurück. Nur mit Appellen an die Sparsamkeit der Sender, die mit der Beitragserhöhung vor Augen stets ausgelöst werden, ist es jedenfalls nicht getan, wenn man den Anstieg verhindern will.  Den öffentlich-rechtlichen Sendern ist schließlich verfassungsgemäß eine „bedarfsgerechte Finanzierung“ garantiert. Haben die Sender ihren Bedarf erst einmal angemeldet, haben die Politiker kaum noch Einflussmöglichkeiten. Die Finanzfachleute der KEF prüfen die Anmeldung, kürzen sie in der Regel deutlich - den Länderregierungen bleibt dann aber kaum noch anderes übrig als den Vorschlag abzunicken – das Verfassungsgericht klopfte den Politikern schon einmal auf die Finger, als sie einen niedrigeren Beitrag als die KEF-Empfehlung beschlossen. Dass ARD und ZDF nun binnen weniger Wochen neue große Sparpläne über die schon vorgelegten Vorschläge hinaus vorlegen, die einen Anstieg vermeidbar machen, ist jedenfalls kaum zu erwarten.